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Bothor

Brief an Boron-Geweihten

 

An den Diener des Raben Bedwyr Küferhilf
Elenvina, 05. ING 1027 BF

Boron zum Gruße Euer Gnaden,

meine Name ist Bothor dylli Memnos und ich erbitte Eure Hilfe. Ich wende mich an Euch, da ich mich für die Dauer des Reichskongresses in Elenvina aufhalte, bevor ich mich weiter gen Firun in Richtung Winhall aufmache. Ich reise im Auftrag seiner Exzellenz dem Raben von Punin und seiner Hochwürden Stygomar von Gareth zum Wohle der Götter, der Kirche und des Reiches. Da ich selber nicht den Segen der Weihung erfahren habe, benötige ich Eure Expertise und Unterstützung in einigen speziellen Fragen. Entschuldigt, dass ich in diesem Schreiben nicht konkreter werde, Ihr werdet es verstehen, sobald wir uns treffen sollten. Ich hoffe, Euch erreicht dieses Schreiben bei Zeiten und Ihr könnt Eure Zeit für mich aufwenden. Es deucht mir, dass es zu Eurem Schaden nicht soll sein.

Mit hochachtungsvollen Grüßen

Bothor dylli Memnos

Brüderlicher Brief

An den ehrenwerten Kontoristen Phexion Memnos in Grangor
Elenvina, 01. ING 2519 Horas

Mein geliebter Bruder Phexion,

mögen die Götter dir gütig sein. Ich weile derzeit in Elenvina, da die mittelreichischen Hoheiten um meine Präsentia beim Reichskongress baten. Wie du aus diesem Bonmot auslesen kannst, verlief meine Reise nicht ganz, wie gedacht. Allerdings würden die genauen Vorkommnisse die Möglichkeiten eines Scripitissimus überschreiten. Dir sei gesagt, mir geht es körperlich und geistig den Circumstancien entsprechend gut. Außerdem reise ich in durchaus spannender Cliquess. Wie dem jedoch sei, ich würde dich bitten, mir einen kleinen Credit von vielleicht 100 Dukaten zu gewähren. Auf der Reise hatte ich ungeplante Emissionen und werde diese vermutlich auch weiterhin haben.
Ansonsten hoffe ich, dass es dir, deiner geliebten Lanike und den beiden Piccolos gut geht und ihr euch beide bester Gesundheit erfreut. Bitte grüße in deinem nächsten Epistel Vater, Lynkea und Phoroneus herzlich von mir.

Anbei gewähre ich dir mit diesem Schreiben sogleich die Prokuration, den gewährten Credit in voller Höhe sich von meinem Secetarius in Rethis zurückzahlen zu lassen.

Beste Grüße
Bothor

Verschnaufpause

Sitzen und Durchatmen. Das war alles, was Bothor gerade wollte. Sie sind problemlos zum Hippodrom in das Versteck der K.G.I.A gelangt. Während die anderen ganz aufgeregt darüber disputieren, was Nehazet mit diesem seltsamen Splitter machen soll, hat sich Bothor kurz zurückgezogen, um seinen alten Knochen etwas Ruhe zu gönnen – nicht mehr zu altern macht einen nämlich auch nicht wieder jünger. Was ist heute geschehen? Wie konnte all dies geschehen? Und warum leben sie alle noch? Zur Entspannung schließt er kurz die Augen.

Es war kein idyllischer Morgen gewesen. Das Heer hatte noch vor Sonnenaufgang Aufstellung genommen, ein Sonnenaufgang, den niemand von ihnen je sehen sollte. Dieser Dämon war einfach unvorstellbar riesig gewesen, moralisch gesehen ihr größter Feind. Die Schlacht begann holprig, hatten sie es doch mit äußerst ungewöhnlichen Gegnern zu tun. Ich konnte mich glücklich schätzen, Geron um mich wabern gehabt zu haben. Aber die Truppen hielten stand und kamen gut voran. Bis er kam, der König der Untoten. Bis er kam und in einer beiläufigen Bewegung Rondrasil Löwenherz eben jenes aus der Brust riss. Es ist immerwieder ein Glück, dass solche Situationen in großen Schlachten nur von einem kleinen Teil der Truppen bemerkt werden. Sonst hätte dies gut und gerne zum Niedergang des Heeres führen können. Aber dann kam der Löwe. Und ja, ganz ohne Neid muss ich gestehen, Sieghelm WAR der Löwe dort. Rondra hat wohl gewählt, denn nun war er es, der wie beiläufig mit donnernden Hieben den König vernichtete. Er ist schon ein großer Krieger, bleibt zu hoffen, dass er auch noch ein großer Anführer einst wird.

Der Marsch zum Zentrum des Dämons ging unaufhörlich weiter und es muss angemerkt werden, dass die Truppen des Ordens überraschend gut und standhaft waren. Nicht jeder Haufen bewaffneter Bauern hätte meine Befehle gegen diesen Knochenoger so bedingungslos befolgt. Vier griffen uns an und als ich nach der Vernichtung des meinigen aufsah, um zu ergründen, wo meine Hilfe von Nöten war, musste ich mit Erstaunen feststellen, dass zu diesem Zeitpunkt auch der letzte gefallen war. Mit durchaus Stolz in der Brust sah ich die junge Azina aufrecht stehen, den toten Körper unter sich und den sich just auflösenden Schädel auf ihrem Speer stecken. Ja, sie brauch noch etwas Führung und bestärkende Worte, aber nur, damit sie lernt welch großartige Frau sie ist und werden kann.

Eigentlich wäre dies schon genug für einen Tag und eine Schlacht gewesen, aber der endlose Heerwurm war nunmal kein alltäglicher Feind. Und wer zweifelt noch an von den Göttern vorgeschriebenen Schicksalen, wenn Razzazor, dieses abscheuliche Etwas von Wesenheit natürlich genau vor uns landet. Ja, es reichte, um diesmal wirklich die Truppen in Panik zu versetzen und einzelne Teile fliehen zu lassen. Kein Vorwurf kann gegen sie hervorgebracht werden. Aber wie selbstverständlich blieben wir standhaft. Ich war unschlüssig, was das rechte Vorgehen wäre, aber als der Geist auf Razzazors Schädel erschien, war alles glasklar. Dieser Geist! Er ist ein beeindruckendes Zeichen, welch unglaubliche Frau Jane ist. Auch wenn sie ihren Körper selbst nicht in Gefahr bringt, so zeugen die Taten, die sie mit dem Geist vollbringt, von ungemeiner Intelligenz, Raffinesse, Kühnheit und Mut. Ja, sie ist die einzig richtige Ordensgroßmeisterin. Warum wurde sie es nur nicht gleich zu Beginn des Ordens? Ich mache Sieghelm keine Vorwürfe, dass er auf dem Weg zu dem Drachen zusammenbrach, auch ich strauchelte. Ich lasse ihm den Glauben, dass Rondra eingriff, auch wenn ich selber daran zweifel. Ich weiß noch immer nicht genau, was geschah. Ich zertrümmerte dieses Amulett, dann traf mich der Schlag und augenblicklich wurde es dunkel um mich. Ich weiß nur noch, dass mein letzter Gedanke war „Razzazor ist würdig mich zu töten“. Aber offensichtlich war dem nicht so, denn ich erwachte nach einem Schwall unverständlicher Emotionen und sah den Drachen am Horizont verschwinden. Scheinbar spielte Tzatan eine nicht unwichtige Rolle, aber Genaueres muss ich noch herausbekommen. Scheinbar wurden auch große Teile unserer Truppen durch sein Feuer vernichtet, während ich bewusstlos war. Doch in der Hektik der Schlacht gab es keine Möglichkeit, sich darum zu kümmern. Wir hatten schließlich eine Mission…

Mit jedem weiteren Schritt in Richtung unseres Ziels wurde das beklemmende Gefühl in meinem Herzen stärker. Wir mussten einfach diesen Dämon vernichten, auch wenn wir wussten, wieviele Todesurteile wir damit sprechen. Aber es galt ein höheres Gut zu bewahren als unser aller Leben. An unserem Ziel angekommen, schlug nun dann die Stunde unseres Magus Nehazet. Da begleiten und beschützen wir eine ganze Horde an Geweihten und dann rollt er seinen Umhang aus, welcher den Dämon einfach verschlingt. Er tut es andauernd. Ganz unscheinbar tun und dann mit einem Fingerschnipsen Dinge vernichten, die einem nicht vernichtbar erscheinen. Er ist mir noch immer ein ungelöstes Rätsel, aber ich empfinde einen tiefsten Respekt vor ihm. Und so geschah, was geschehen musste, der Untergang der Welt brach über uns herein. Erst diese Stürme, dann diese unsäglichen Dornenranken und schlussendlich Feuer und Flammen. Und obwohl Amranblut in meinen Adern fließt, so ließen die Feuerbälle mich verzagen. Und so starb ich heute ein vermeintlich zweites Mal. Auch hier muss ich noch in Erfahrung bringen, was noch weiter geschah.

Denn auch der Rest befand sich später auf der Fliegenden Festung wieder, allerdings deutlich unbeschadeter, als Fräulein Peddersen und ich. Dass wir das überlebt haben… Sieghelm dieser Narr. Ein Inbegriff dafür, wie gefährlich übermäßiger Mut ist. Aber ich muss auch mich selbst schelten. Ich habe mich zu Dingen hinreißen lassen, die äußerst unschicklich waren. Hatte ich Angst? Ich habe in meinem Leben schon so viel erlebt, so viele Gefühle gespürt, aber das war heute alles zu viel, einfach zu viel. Aber schlussendlich gilt nur, dass Galotta tot ist, endgültig tot. Leider ist die Festung über Gareth herabgefallen und nicht vor seinen Mauern, aber im Vergleich zum Weltuntergang nur ein kleiner Schaden. Dexter Nemrod hat überlebt, die werte Delia und ihr Mann auch, das ist gut. Nur meine geliebte Waffe leider nicht, ich muss einen Guten Waffenmacher finden, den besten.

Und trotzdem ist das Mittelreich in größter Gefahr. Rohaja soll verschwunden sein und Enmer, nun, sie wird für den Rest ihres Lebens gezeichnet sein, egal wie schnell wir sie retten sollten. Und Razzazor ist noch nicht vernichtet. Es wartet noch viel Arbeit auf uns. Jetzt, das ist nur eine Verschnaufpause…

Marschbefehl

Traviahold saß in seinem Arbeitszimmer in der Burg Donnerwacht, ihm gegenüber ein unruhig auf dem Stuhl hin und her rutschender junger Mann. „Also gut, du bist also Tsatan, ja?“ „Grashuber, Herr. Tsatan Grashuber.“ „Gut, gut, gut. Und du bist der Knappe von Herrn dylli Memnos, habe ich das richtig verstanden?“ „Wem? Achso. Nein. Also ich wollte schon immer ein Diener Borons werden, also haben mich meine Eltern nur dafür nach Gareth gebracht… Wart ihr schon mal in Gareth? Die Stadt…“ „Halt. Also nochmal. Du bist ein Novize Borons also?“ „Nein, also meine Eltern haben mich zum Tempel nach Gareth gebracht und dort wurde ich auch als Anwärter angenommen, aber Novize bin ich bisher noch nicht.“ „Wann war das?“ „Lasst mich überlegen. Fünf Götterläufe ist es sicher schon her.“ „Bitte was?“ „Fünf Götterläufe Herr. Der Tempelvorsteher sagt immer, ich würde zu viel reden, um Novize werden zu können, aber ich helfe fleißig im Tempel!“ Traviahold wollte gerade zu einem sarkastischen Kommentar ansetzen, als es gegen die Tür pochte. „Ja bitte?“ Eine der Wachen öffnete die Tür und wandte sich dem Traviageweihten zu. „Mein Herr. Die Frau Ordensgroßmarschällin hat den Rat zusammengerufen und erbittet eure Anwesenheit.“ „Vielen Dank. Sagt ihr, ich eile.“ Die Wache verließ den Raum und Traviahold wandte sich wieder seinem Gast zu, der ihn mit großen neugierigen Augen anschaute. „Gut, also bist du noch kein Novize des Herrn Boron?“ „Genau Herr, weil…“ „Aber erkläre mir noch einmal KURZ, warum du nun hier bist.“ „Also, das war so.“ Traviahold holte einmal scharf Luft. „Der Herr Bothor war bei uns im Tempel und erbat Hilfe, um Boron besser kennenzulernen. Und unser Tempelvorsteher hat ihm Geron und mich mitgegeben. Und weil die jetzt auf einer geheimen Mission sind, sollte ich hier her nach Hochstieg und für ihn lernen, wer hier wer ist, damit er das dann weiß!“ Die Geschichte kam Traviahold so seltsam vor, dass er sie einfach glauben musste. Niemand, der plant zu lügen, würde sich soetwas ausdenken. „Nun, dann wird es sicher nicht schaden, wenn du mich zum Rat begleitest.“ „Wirklich?“ „Solange du versuchst dich dort an die Tugenden deines Herrn zu halten und schweigst, ist dies kein Problem. Folge mir.“ Damit stand er auf und verließ den Raum. Wenige Augenblicke später sprang Tsatan ihm hinterher.

Der von Darpatia einberufene Rat hatte sich in der großen Ratskammer der Burg versammelt. Außer ihr, Traviahold und Tsatan, waren noch Landkumturin Wulfgrid Thalia von Hardmund, Schutzritter Hagen Kohlhütten, Schutzritterin Dankhild Leuensîl von Hardmund sowie
Magister Geron von Varnyth anwesend. Traviahold hatte kurz Tsatan vorgestellt, der tatsächlich, wohl vor Ehrfurcht, still am Rand der Kammer saß und alles beobachtete. Darpatia ergriff das Wort. „Gut, dass ihr alle so schnell zusammengekommen seid. Ich habe einen Brief von seiner Exzellenz erhalten. Ersteinmal sei alle Sorge verstreut, es geht allen körperlich soweit gut. Allerdings haben wir von ihm einen Marschbefehl erhalten.“ „Du wirst nirgendwo hin marschieren!“, riefen Traviahold und Wulfgrid fast unisono, was ihnen einen bösen Blick von Darpatia einbrachte. „Ich bin die Ordensgroßmarschällin“, reagierte sie mit erhobener Stimme, „und auch, wenn ich unpässlich bin selbst den Befehlen meines Herrn nachzukommen, so obliegt es meiner Verantwortung, dass seinen Befehlen Genüge getan wird.“ „Wir sorgen uns doch nur um dich“, flüsterte Traviahold. „Wohin sollen wir marschieren Herrin? Und wie viele Männer und Frauen erwartet seine Exzellenz?“, lenkte Hagen geschickt das Thema wieder auf die wichtigen Dinge. „Wir sollen uns in Bohlenburg sammeln und auf weitere Befehle warten.“ Traviahold verschluckte sich an dem Wein und alle Blicke waren auf ihn gerichtet. „Vielleicht ist es an der Zeit uns mitzuteilen, was bisher nur ihr wusstet werter Herr Ordensprätor“, meinte Lady Wulfgrid bissig. Traviahold zögerte. „Es gibt Gerüchte, sehr konkrete Gerüchte, dass in nächster Zeit eine Invasion der Warunkei bevorsteht.“ „Ha, sehr gut!“, polterte Hagen. „Nein, ihr versteht mich falsch“, unterbrach Traviahold und erntete skeptische Blicke. „Die schwarzen Lande planen eine Invasion bei uns. Und Razzazor persönlich soll sie anführen.“ Eisige Stille breitete sich in der Kammer aus. „Das erklärt die Aufstockung der Mannen am Wachturm“, sprach Darpatia leise weiter. „Wie viele Mannen Marschällin?“, versuchte sich Hagen in Normalität. „Nun, also, unter diesen Umständen die Lanze Reiter, je ein Banner Bogenschützen und Schwere Infanterie sowie zwei Banner Leichte Infanterie. Dazu zwei Duzend Personen für den Tross. Abmarsch ist morgen, die Milizen stoßen wenn nötig unterwegs hinzu. Jeder weiß, was zu tun ist?“ Einstimmiges Nicken im weiten Rund. „Dann los!“

„Ritter Hagen!“ Traviahold holte keuchend den Schutzritter im Innenhof der Burg ein. „Ihr reitet schon heute Dankhild. Unterwegs informiert ihr die Milizen, dass sie sich bereit machen sollen. Ihr wartet dann in Hardfurten auf uns.“ „Jawohl Sir!“ Hagen drehte sich zu Traviahold um. „Was kann ich noch für euch tun, Ehrwürden?“ „Ich wollte nur fragen, an wen ihr gedacht habt bei den Bannerführern.“ „Weibel Jost wird die Bogenschützen führen, die Korporäle Vitus und Radulf je ein Banner Leichte und ich selbst den Banner Schwere Infanterie. Und Schutzritterin Dankhild führt die Lanze Reiterei an. Wieso?“ „Weil ich genau das befürchtet habe. Müsst ihr beide Ackerknechts in den Krieg schicken? Die Familie hatte es in letzter Zeit schwer genug, das wisst ihr. Warum nicht Frau von Schwertleie?“ „Weil ich sie noch nicht gut kenne und ihr nicht das nötige Vertrauen entgegenbringe. Und jetzt entschuldigt mich, ich werde nicht weiter meine Entscheidungen diskutieren, auch wenn ihr es seid.“ Damit wandte sich Hagen ab und ließ einen verdrießlich reinblickenden Traviahold zurück. Tsatan trat an ihn heran. „Euer Ehrwürden?“ „Ja?“ „Ich möchte mich dem Heer anschließen. Ich kann zwar nicht kämpfen, aber ich sollte an der Seite des Herrn Bothor sein.“ „Tu, wonach dir ist. Am besten gehst du zur Taverne, dort wird der Tross zusammengestellt werden. Am besten schließt du dich dem an. Ich muss jetzt weiter. Viel Glück.“ Mit diesem letzten Gruß verließ Traviahold die Burg.

Er lief durch Hochstieg, welches inzwischen regelrecht aufblühte. Die Menschen schienen sich mit der neuen Situation abgefunden zu haben und sich sogar wohl zu fühlen. Er hielt auf ein kleines Haus zu, das schonmal bessere Tage gesehen hatte. Doch seit die Hausfrau – für die meisten spurlos – mit einer der Töchter verschwunden ist, sind Haus und Garten verwahrlost. Traviahold musste schlucken, da er zu den wenigen Menschen gehörte, die die Wahrheit hinter der Tragödie der Familie Ackerknecht kannten, und trotzdem geschworen haben zu schweigen. Er öffnete das Gartentor, ging zur Tür und klopfte. Nur wenige Augenblicke später öffnete ein gestresst aussehender Vitus diese. „Oh, euer Ehrwürden, was verschafft uns die Ehre? Kommt doch herein.“ „Danke Vitus. Wie geht es euch?“ Traviahold betrat das Heim, bemerkte die fast traviaungefällige Unordnung und die beiden unmotiviert am Feuer spielenden Kinder. Vitus seufzte. „Wir verhungern nicht, das ist das wichtigste. Aber es ist alles so viel schwerer, seitdem… na ihr wisst schon.“ Vitus lässt sich schwerfällig auf einen der Stühle fallen. Ohne aufgefordert worden zu sein, nimmt sich auch Traviahold einen Stuhl und lässt sich nieder. „Ich habe wohl schlechte Nachrichten für euch Vitus.“ „Oh nein, was ist passiert?“ „Der Ordensgroßmeister hat einen Marschbefehl gegeben und ihr sollt morgen ein Banner der Leichten Infanterie ins Feld führen?“ „Ich?“, fragte Vitus entsetzt. „Aber was wird aus meinen Kindern?“ „Deshalb bin ich hier. Ich konnte leider Marschall Kohlhütten nicht umstimmen und auch euer Bruder muss morgen marschieren. Also wollte ich vorschlagen, die Kinder morgen mit in das Kloster zu nehmen und dort über sie zu wachen, für alle Zeit, die nötig sein wird, wenn du verstehst.“ Vitus bekam feuchte Augen. „Ihr seid so gütig. Aber morgen erst? Bitte!“ „Natürlich, wir werden morgen bis zum Kloster gemeinsam reiten.“ „Vielen Dank Traviahold!“ Vitus nahm den Geweihten in den Arm. „Ich danke euch“, wiederholte der Korporal und ging zu seinen beiden Kindern, während sich Traviahold aus dem Haus schlich.

Der Auszug des Heeres am nächsten Morgen aus Hochstieg war regelrecht pompös. Herzzerreißende Verabschiedungen, Fanfarenstöße, wehende Fahnen. Es war der erste große Heereszug des Ordens und Wulfgrid und Darpatia wussten um dessen Bedeutung. Und so scheuten sie keine Mühen für das Spektakel.

Der Zug kam nur langsam voran und schlug sein erstes Nachtlager vor den Mauern des Klosters auf. Am nächsten Morgen versammelte sich eine große Gruppe der Arbeiter am Lager, als sich Traviahold ein letztes Mal von allen verabschieden wollte. Angeführt wurde sie von Charon, dem Ältesten. „Ehrwürden, Marschall. Wir, die sich Warunkanier nennen, sind diesem Land, den Menschen und dem Orden auf ewig zu Dank verpflichtet. Aus diesem Grund wollen wir 50 unserer Leute euch mitgeben. Wenn dies Schwarze Lande werden, ist hier alles verloren und das wollen wir verhindern. Wir bitten euch nicht, wir setzen euch nur in Kenntnis.“ Hagen und Traviahold schweigen völlig verdutzt. Charon winkt eine Frau um die 30 zu sich. „Das ist Ilene, sie führt den Haufen an.“ „Marschall, es ist uns eine Ehre an eurer Seite kämpfen zu dürfen“, stellt sie mit fester Stimme fest. „Nun, dann ist das wohl so. Willkommen und einreihen“, reagiert Hagen noch deutlich verstört.

Und so zog ein nochmals vergrößertes Heer weiter gen Bohlenburg.

Schwarz wie die Nacht

Auf dem Tunierplatz konnte er noch die Fassung wahren, doch je weiter er sich von ihm entfernte, desto erschrockener wichen die Leute ihm aus. Sein grimmiger, wutgefüllter Blick vermied es, das sich jemand gemüßigt fühlte ihn anzusprechen. Als er in seinem Zelt ankam, warf Bothor wütend sein Pailos fort und legte fluchend seine Rüstung ab. Wie konnte es sein, dass ihn seine Mutter Rondra so sehr im Stich ließ? Seit 27 Götterläufen dient er ihr nun schon und das war ihr Dank dafür!? Ihn zu blamieren!? Dies war kein ehrenhafter Zweikampf, den er gegen ihren Auserwählten verloren hat – Bothor war schon vor dem Kampf klar gewesen, dass es schwer werden würde gegen Sieghelm. Er ist ein würdiger Auserwählter der Leuin und ein sehr guter Kämpfer. Aber die Hauptfrau der Nordmärker Garde? Der Marschall Garethiens? Der Graf zu Yaquirtal? Die Königin des vermaledaiten Mittelreiches! Sie alle waren schlussendlich chancenlos gegen ihn gewesen. Aber gegen Sieghelm? Er fühlte sich schlechter, als nach seinem ersten Amphorenkampf während der Ausbildung, als er nach dem ersten Treffer das Gleichgewicht verlor und sich nicht länger auf den Amphoren halten konnte. In den 20 Jahren danach ist ihm nie wieder so etwas peinliches widerfahren – bis heute.

Inzwischen hat sich Bothor seiner Rüstung entledigt und kleidet sich in den wenigen schwarzen Stoff, den er besitzt, inklusive dem Wappenrock des Ordens. Die Kapuze tief in das Gesicht gezogen verlässt er Zelt und die alte Residenz. Als nächtlicher Schatten am Tage läuft er durch die Straßen Gareths, bis er den Tempel der Herrin Rondra erreicht. Regungslos steht er in der Pforte. Er möchte laut in den Tempel brüllen, doch nur in seinem Kopf klagt er sie an. Wenn du nicht mehr meine Herrin Mutter sein möchtest, bin ich nicht mehr dein Sohn! Er reißt sich eine Kette vom Hals, lässt sie aus der Hand gleiten und wendet sich vom Tempel ab. Wie von selbst führen ihn seine Schritte durch die Stadt, seine Gedanken sind dunkel und leer wie die Schwärze der Nacht. Als er das nächste Mal wieder klar seine Umgebung wahrnimmt steht er vor dem Altar des Tempels des Schwarzen Lichts. „Ihr da!“, blafft er etwas zu laut einen der Geweihten an. „Schickt den Hüter des Raben zu mir!“, befiehlt er deutlich flüsternder aber immernoch bestimmt. Dann wendet er sich dem Altar zu und spricht still zu ihm. Boron, Herr des Todes, Wächter über den Schlaf. Lass mich dein Diener sein, für den du mich erwählt hast, führe mich durch die Dunkelheit der Ewigkeit meines Seins, erweitere meinen Geist durch die Weisheit deiner Rabenschwingen. Ich, Bothor, bin dein Auserwählter, bis in deine Hallen!

Ein neues Ordensmitglied

An den hochachtbaren Kyrios Bothor dylli Memnos, Protospartharios katacheo

Rethis, 3.Phex 2519 Horas

 

Möge Unsere Mutter Rondra und Ihr schweigsamer Bruder mit Euch sein Mein Freund,

Eure Worte bewegten Mich sehr. Nie, so fürchte Ich, werde Ich wieder einen solch treuen Gefährten an Meiner Seite wissen, wie Ich es mit Euch tat. Ich erinnere Mich noch gut an den Moment, als Ich Euch den Säbel überreichte, selten fiel Mir eine Meiner majestätischen Aufgaben so schwer. Doch diese Zeilen an Euch zu schreiben, dies fällt Mir leicht. Da Ich bei Praios weiß, in Euch allzeit einen Freund zu haben, so entbinde Ich euch hiermit von allen geleisteten und geschworenen Eiden. Ich werde mit diesem Brief nach Vinsalt aufbrechen, um eine Audienz bei Ihrer horaskaiserlichen Hoheit wahrzunehmen und mit Ihr Eure Warnung zu besprechen.

Mögen die Götter mit einem Auge über Euch wachen, Hochwürden.

In Ewigkeit

Seekönig Palamydas

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