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Raus aus der Stadt

Als im Flussvater in der Reichskonkressstadt Elenvina der Abend nahte und die Audienz der Helden bei der Königin näher rückt, erhebt sich die Botin Firus mitten im Gespräch im Kreise ihrer Gefährten und unterbricht dieses mit den Worten:

„Ich gehe raus.“

In die fragenden Gesichter ergänzt sie ruhig:

„Raus aus der Stadt. Ich muss ein wenig nachdenken und zu mir kommen. Voltan muss warten.“

Sie macht auf dem Absatz kehrt und gibt Grojesh und Elfenbein ein stummes Zeichen Richtung Tür. Draußen führt ihr Weg sie direkt aus der inzwischen vertrauten Stadt hinaus. Den Hinweis der Stadtwache, dass die Dämmerung bald einsetze, entgegnet sie mit einem wortlosem Nicken und einem kleinen wissenden Lächeln. Da sich die Stadt in einer Flussbiegung befindet, wendet sich sich gen Firun, wo sie in der Ferne einen kleinen Wald erkennen kann. Sie pfeift ein paar Mal laut in die Ebene hinein, bis ein Blaufalke auf ihrer ausgestreckten Hand im Sturzflug landet. Nach kurzer inniger Liebkosung wirft sie ihn lachend in die Luft und rennt was ihre Beine hergeben die Hügel hinauf. Der Wind zerzaust ihr langes Haar. Doch sie achtet nicht darauf. Endlich frei kennt sie kein Halten mehr. Sie fühlt sich wie ein junger Wolf: ungehemmt und wild. Die Reisenden auf der nahen Reichsstraße würdigt sie keines Blickes.

Am Waldrand kommt sie langsam zum Stillstand. Ergriffen starrt sie in das grüne Dämmerlicht und verharrt einen Augenblick lang schweigend. Sie fühlt zunächst nichts. Die wiedererkennende wohltuende Vertrautheit setzt noch nicht ein. Erst als sie ein paar Schritte hineinsetzt, beginnt sie endlich die Geräusche und Gerüche intensiver wahrzunehmen. Das Rascheln der Blätter ist ihr ebenso willkommen, wie der liebliche Gesang der Vögel. Erneut bleibt sie kurz stehen und nimmt die Gegend in sich auf. Dann holt sie ihr grünes Tuch hervor, mit welchem sie manchmal ihre Haare bändigt, und verbindet sich die Augen.

„Die Stadt macht blind.“ Seufzst sie. „Es bedarf der Erinnerung an das Wahrhaftige.“

Erst vorsichtig, dann immer sicherer, wählt sie ihren Weg durch das Dickicht. Dabei meidet sie bewusst die Wildwechsel der heimischen Tierwelt. Elfenbein und Grojesh folgen ihr stumm. Adaque hat es sich auf ihrer Schulter bequem gemacht und zupft an seinem Gefieder. Sie gingen lange, ehe sie zufrieden ist und auf einer kleinen Lichtung halt macht. Sorgfältig sucht sie die Gegend ab. Nichts, wirklich nichts, bleibt ihrem Blick verborgen. Alles erstrahlt für sie in reinem blau und rot. Kein dämonisches lila und kein schwarz des Vortex verunreinigt diesen Ort. Ein wenig fühlt sie selbst sich etwas fremd, denn sie weist außer dem ureigenem rot an gewissen Stellen gelb und weiß auf. Aber ein Blick auf Elfenbein genügt, um sie mild zu stimmen.

Was gibt es reineres als das weiß der Götter? Wir haben jedes Recht hier zu sein. Wobei … wo Licht ist, ist auch Schatten. Das Chaos wird vielleicht von der göttlichen Ordnung angezogen … nein.

Sie schüttelt den Kopft, um diese Gedanken ebenfalls abzuschütteln. Sie ist heute aus einem anderen Grund hier. Sie möchte nachdenken. Und zwar über die Wahl zum Greifenreiter. Sie ist überzeugt davon, dass die Menschen ihren eigenen Weg gehen müssen. Zum Guten oder zum Bösen.

Man muss sie ihre Entscheidung treffen lassen. Ein jeder hat und verdient eine Chance. Vielleicht auch eine Zweite. Und trifft ein Mensch die falsche Entscheidung muss er auch die Konsequenzen tragen. Alles hat Konsequenzen. Auch mein Aufenthalt hier? Vielleicht wird dieser idyllische durch uns Ort entweiht.

Erneut schüttelt sie den Kopf. Sie lacht.

Welch ein absurder Gedanke. Wir sind die Natur.

Plötzlich knackt es neben ihr laut im Gebüsch. Grojesh betritt ebenfalls die Lichtung. In seinen riesigen Händen hält er die Früchte des späten Frühlings für sie bereit.

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Azinas Gedanken

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