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Monatsarchive: Januar 2019

erste Legenden

Schlaflos wälzt sich die Botin Firuns in ihrem Bett hin und her. Gro’jesh grunzt neben ihr vor sich hin und lässt sich nicht stören. Wie klein sie neben ihm ist.

So beginnt es also. Das sind meine ersten Legenden. Geschichten, erzählt von einem Firungeweihten aus Gallys während eines Gottesdienstes. Ich selbst habe sie ihm erst tags zuvor erzählt. Unglaublich, dass bereits vor fünf Götterläufen feststand, dass ich – oder zumindest eine Frau – die Erwählte des Firun wird. War es vorherbestimmt, dass ich scheitere? Dass ich niemals die Gunst einer Familie erlangen würde? Ich hatte mein Ziel aus den Augen verloren. Fern der Heimat schlug ich mich als Glücksritter durch, der mehr Glück als Verstand hatte. Das ist mir heute klar. Eigentlich unglaublich, was einem so widerfährt. Die verderbte Druiden damals hätte mich rasch erledigen können.

Wen hätte es an meiner statt treffen können, wäre ich gestorben? Musste es eine Frau sein? Oder stand von Anfang an fest, dass ich es sein musste? Und wann war der Anfang? Wie lange schon bereitet sich die achte Sphäre auf den Kampf vor. Wie lange wissen die Götter darum? Es ist unwirklich.

Aber ich vertraue auf Firun, dass es richtig ist. Ich bin sein Werkzeug, um den Vortex zu vernichten! Oder um zumindest meinen Teil dazu beizutragen. Mein Leben zu geben. Firun … oder vielleicht eher Ifirn hat ermöglicht, dass … dass ich noch ein anderes Leben führen kann. Ein Anderes.

Rasch hat sie einen Entschluss gefasst. Vorsichtig und leise schleicht sie sich aus der Taverne. Elfenbein begleitet sie auf samtenen Pfoten. Alles liegt ruhig da im Licht des Madamals. Keine menschlichen Schattenwesen treiben hier in der Nacht ihr Unwesen. Zu karg und zu gesichert ist diese Grenzstadt. Doch Azina hat ein Ziel. Schon bald erhebt sich der hölzerne Firunstempel vor ihr. Sie kniet vor seiner Schwelle nieder und wartet. Den Blick zu Boden und in sich gekehrt.

Früh am Morgen, wo Jane nur Gro’jesh im Nachbarbett vorfinden wird, tritt der Firungeweihte vor die Schwelle des Tempels. Interessiert schaut er auf die Tulamidin herab.

„Was ist dein Begehr?“ fragt er sie.

Sie hebt den Blick und starrt ihm herausfordernd in die Augen. Und sie antwortet mit fester Stimme: „Ich möchte eine Geweihte Firuns werden. Was muss ich dafür tun?“

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Azinas Gedanken

Teil VII – Märtyrer (1)

Auf den Wällen – Gustav

Der Kampflärm, die verzweifelten Schreie und das aus einer anderen Welt stammende Gekrächze der Jenseitigen war weniger geworden. Aus irgendeinem Grund, den Gustav nicht verstand, rückten keine Wesen mehr heran. Er und seine verbliebenen, überall auf der Festung verstreuten, Männer und Frauen hatten nur noch mit wenigen Gegner zu tun. Die grauen Steine der Festungsanlage waren inzwischen blutgetränkt. Teils lagen einzelne Körperteile herum, welche von den Abscheulichkeiten kurz zuvor abgerissen und wie kaputtes Tongeschirr weggeworfen wurden. Die kleine Festung Friedstein war Schauplatz eines Massakers geworden.

Gustav, ein junger Infanterist mit dem Namen Tarnelius und eine Bogenschützin mit dem klangvollen Namen Elfa standen im Innern eines Wehrturms zusammen. Tarnelius, den alle nur ‚Tarn‘ nannten und Elfa hatten Gustav aus der unmittelbaren Gefahrensituation gerettet. Sein Fuß, der noch immer stark blutete und nur noch ein matschiger Stumpf war, hinderte ihn daran aktiv in das Kampfgeschehen einzugreifen. So saß Gustav mit den Rücken an die Mauer gelehnt und mit seinem vor schwarzem Saft triefenden Schwert in der Hand zwischen den beiden. Um sie herum lagen die Leichen von fünf jenseitigen Bestien, welche die drei – oder vielmehr die zwei – gemeinsam erledigt hatten. Die Idee, sich in die Enge des Wehrturms zurückzuziehen, kam von Gustav, denn so vermochten sie es aufgrund der dicken Mauern und der beengten Verhältnisse sich taktisch gut aufzustellen, dass sie es immer nur mit einem der Wesen gleichzeitig aufnehmen mussten. „Ich habe nur noch zwei Pfeile im Köcher“, brach Elfa das Schweigen mit einem Blick in ihren Köcher, der an ihrer Hüfte befestigt war. Der Wohklang in ihrer melodischen Stimme wirkte unreal in Anbetracht ihrer momentanen Gefahrensituation. „Ich habe vor der Tür dort einen vollen Köcher gesehen“, antwortete Tarn mit gegensätzlich rauer Stimme. Er vermied es darauf hinzuweisen, dass der volle Köcher zu einem zerfetzten Körper eines Freundes gehört, der dort vor wenigen Augenblicken zu Boron gegangen war. Gustav besah sich seinen blutigen Fuß, es war unmöglich damit zu laufen, doch hier zu bleiben war auch keine Option. Auch wenn sie sie hier vorerst sicher waren – doch draußen waren noch die anderen und es war ihre Aufgabe sie zu beschützen. „Dann gehen wir jetzt da raus. Elfa, reich mir den Besen dort.“ Die Bogenschützin griff nach dem Besen und gab ihn, ohne die Tür aus den Augen zu lassen, an Gustav weiter. Er winkelte das heile Bein an und brach ihn über das Knie – so dass er kürzer wurde. „Tarn, hilf mir hoch.“ Der Infanterist griff Gustav unter den Arm und hievte ihn hoch, Gustav klemmte sich die Borsten des Besens unter die linke Schulter und stützte sich auf den gekürzten Besenstiel auf. Über sein Gesicht fuhr dabei mehrmals ein sichtbarer Schmerz. Es kostete ihm nicht nur viel Mühe und schmerzte, sondern schränkte ihn auch sehr in seiner Bewegungsfähigkeit ein. „Wird es …“, begann Tarn zu fragen. „Es muss gehen“, brachte Gustav zwischen zusammengebissenen Zähnen schmerzverzerrt hervor. „Und jetzt los, erst zum Köcher – und dann nach den anderen sehen.“

Tarn führte den kleinen Trupp an, seinen Schild schützend voran. Gleich darauf folgt Elfa, die geschmeidig im Seitschritt hinter dem kräftigen Infanteristen hinterher glitt und dabei die ganze Zeit einen Pfeil auf der Sehne behielt. Gustav bildete die Nachhut. Sie kamen nach draußen, gleich wurde der Kampflärm wieder lauter. Sie stiegen dabei über die blutigen Überreste eines Bogenschützen. Elfa zog in einer flüssigen Bewegung mehrere Pfeile aus den Köcher und schob sie in den ihrigen. Da hörten alle drei ein zischendes Kreischen in ihrer direkten Nähe. Gustav blickte instinktiv hoch, auf den Zinnen des Wehrturms, direkt über Ihnen, lauerte eine sprungbereite Abscheulichkeit. „Verfluchte Scheiße!“, fluchte er lautstark, denn das letzte war er sah war, dass das Wesen auf ihn herabstürzte und es dunkel wurde. Gustav bekam einen heftigen Schlag gegen den Kopf und sank benommen zu Boden. Er hörte noch dumpf, wie Tarn Kommandos rief. Auch die angenehme Stimme von Elfa vernahm er, doch ihm selbst war schwindelig vor Schmerzen. Als er wenige Augenblicke später wieder zu sich kam, sah er, wie Tarn und Elfa auf der Festungsbrüstung gegen die Abscheulichkeit kämpften. Die Bogenschützin hockte zwischen zwei Zinnen auf der Mauer und ließ gerade einen Pfeil von der Sehne, während Tarn mit Schwert und Schild sich gegen das Biest erwehrte. Ein Pfeil steckte schon im Rumpf – lange konnte Gustav nicht weggetreten gewesen sein. Er war fest entschlossen zu helfen, mit der Hand tastete er nach dem Besenstiel. Phex sei Dank fand er ihn auch. Mit aller verbliebenden Kraft hievte er sich an der Außenmauer und mit Hilfe des Steckens empor. Wieder durchfuhr ihn ein zuckender Schmerz als er instinktiv versuchte seinen zerstörten Fuß zu belasten. Elfas Finger fuhren von der Sehne, der Pfeil surrte durch die Luft und traf das Biest zwischen zwei Panzerplatten und verschwand fast gänzlich darin. Die Abscheulichkeit kreischte, Tarn trennte mit einem schwungvollen Hieb einen der Fangarme ab, schwarzer Saft drang aus der Wunde und tränkte seinen Wappenrock und das Vieh kam zum Erliegen, ehe Gustav herankam.

„Gut gemacht. Wir müssen …“, begann Gustav, doch dann sah er, wie sowohl Tarn als auch Elfa erschrocken ins Zentrum der Festungsanlage blickten. Dort, in der Mitte von Burg Friedstein, schwebte in zehn Schritt Höhe, einer schlanke Gestalt, gehüllt in schwarzweiße Kleider. Der Stoff, so es denn Stoff war, wallte ebenfalls schwebend in der Luft an ihr herab. Der Kopf steckte in einem schwarzen, helmartigen Gebilde mit sich nach oben hin verjüngenden Zacken.  In der rechten Hand hielt das Wesen einen gewundenen Stab, während die linke Hand wie eine Klaue geformt war. Ein hellblau flimmerndes Zauberband ging von der Krallen aus und waberte zu einer anderen Person herüber, welche ebenfalls schwebte. Dort, in der Luft fixiert, war Brangane. Ihre Arme und Beine lagen an ihrem Körper und wirkten wie dort festgebunden, dennoch hielt sie ihren Anderhalbhänder noch immer fest. Das bläulich glühende Band bildete um Brangane herum so etwas wie eine feste Fessel, die sie umschlungen hatte. „Was bei allen Göttern …“, entfuhr es Tarn. „Elfa, denkst du, du kannst das Wesen dort von hier aus treffen?“  „Ja, mit Sicherheit“, entgegnete sie Gustav selbstsicher. „Dann nimm sie unter Beschuss. Tarn – sei ihr Schild und achte darauf, dass sich ihr keines dieser Mistviecher auflauert. Wir müssen Brangane helfen.“ Tarnelius positionierte sich neu, Elfa legte einen Pfeil auf die Sehne und begann zu zielen. Gustav war dazu verdammt Zaungast zu sein und zuzusehen. Er versuchte Branganes Situation besser einzuschätzen und kniff die Augen etwas zusammen. Zu seinem Erschrecken sah er, dass sich die Ritterin nicht nur im Zaubergriff des Wesens befand, sondern auch kleine schwarze Pusteln und Tentakel auf ihr befanden, die Zauberweberin begann wohl ihren Körper zu deformieren.

Der Pfeil surrte von Elfas Bogensehne und traf wie von Firun höchst selbst gelenkt im unteren Rücken von Sara’kiin ein. Fast schon unerwartet, erlosch das bläulich glühende Zauberband, woraufhin Brangane wie von einem Seil losgeschnitten zu Boden fiel. Daran hatte Gustav nicht gedacht, zehn Schritt sauste die gerüstete Ritterin in die Tiefe. Eine gefühlte Ewigkeit verstrich, als die drei sahen wie die an die 100 Stein wiegende Frau inklusive Rüstungsteilen tödlich fiel. Es schepperte Laut als sie auf dem Boden aufschlug. Kettenteile barsten, Nieten sprangen und Plattenpanzer verkeilten sich. Gustav stockte der Atem. Es musste schon an ein Wunder grenzen, dass Lady Brangane diesen Sturz überlebte. Doch es blieb keine Zeit daran zu denken, denn Sara’kiin wandte sich, als würde sie sich zu einer lästigen Fliege herumdrehen, den dreien zu. Elfa, die entweder feist oder toll war, hatte jedoch schon den nächsten Pfeil von der Sehne gelassen. Doch dieses Mal prallte er lautlos von einer unsichtbaren Zauberkugel ab, die Sara’kiin umbarg.  „Wir haben seine volle Aufmerksamkeit“, tönte Elfa mit glockenheller Stimme, der jetzt auch noch der Schalk im Nacken stand. Sara’kiin streckte den dreien ihren Stab zu, ein blaues Pulsieren ging von dem Stab aus und dann gebar dieser eine dunkelblaue Kugel der Macht, welche auf die drei zuflog. Das Folgende geschah alles binnen eines einzigen Lidschlags. Gustav drückte sich gegen die Mauer des Wehrturms, Tarn sprang in die andere Richtung zur Seite und Elfa machte einen Satz nach hinten und ließ sich hinter die Zinnen fallen. Die blaue Kugel der Macht traf die Burgzinnen und löste eine verheerende Sprengung aus. Mehrere Steine zerplatzten und schossen als kleine Geschosse in alle Richtungen. Gustav wurde von mehreren kleinen Stücken getroffen, eine Flut aus kleinen Steinen spickte und traktierte ihn an allen Stellen seines Körpers. Der Schmerz, den die unzähligen Treffer verursachten, als sie seine Rüstung und sein Fleisch durchschnitten, war unbeschreiblich hell und präsent. Warmes Blut sickerte über seine Augen, er blinzelte. Er sah noch, wie ein großes Stück der Festungsmauer herausgesprengt war. Elfa, die sich hinter die Zinnen hat fallen lassen, musste herabgestürzt und unten ihr Ende gefunden haben – Tarnelius lag auf dem Rücken und regte sich nicht. Der allumfassende Schmerz raubte ihm die verbliebene Kraft. Er sackte auf die Knie und fiel ungebremst vornüber auf die Splitter der Festungsmauer. Den dabei verursachten Schmerz spürte er schon gar nicht mehr, denn er hatte die Augen geschlossen und sich der nahenden Umarmung Borons hingegeben. Sein letzter Gedanke galt Thalionmel, das löwengesichtige Zedernholzamulett um seinen Hals lag direkt unter seiner blutigen Wange. Es war das letzte, was Gustav Biberbart spürte.

Reise nach Rommilys – Teil IV „Die Hard“

Die Nacht in Hardfurten verlief ruhig, Traviahold ist dort immerhin ein bekanntes Gesicht, aber nicht von der Bedeutung wie in Kohlhütten oder Hochstieg. Am nächsten Morgen reiste er in großer Aufregung ab. Seit seiner Reise zu den Sennen der Rondrakirche war dies das erste Mal, dass er die Komturei Hochstieg verließ und sich in die unsicheren Gefilde der Baronie Dettenhofen begab. Einerseits konnte er sich beim Namenlosen nicht vorstellen, dass sein Vater oder sein ältester Bruder etwas gegen ihn unternehmen würden, er war immerhin ein inzwischen hochangesehendes Mitglied der örtlichen Traviakirche, nichtsdestotrotz wollte er die Baronie schnellstmöglich durchqueren, da ihm nicht nach einer Begegnung mit Vater und Bruder zu Mute war. Und doch legte sich ein Schmerz um sein Herz, da es ihm danach verlangte, seine geliebte Mutter Gwynna wiederzusehen. Die intriganten Erzählungen von seiner Schwiegermutter Lady Wulfgrid, der Schwester seiner Mutter – also seiner Tante, ließen nichts Gutes bezüglich des Gemütsbefindens seiner Mutter erahnen. Aber Lady Wulfgrid konnte seinen Vater noch nie leiden, wie ihm seine Erinnerung meinen ließ.

Den Vormittag folgte Traviahold der Hard flussabwärts bis nach Hardfelden, einem kleinen Dorfe, in dem sich die Wege aus Hochstieg und dem Wolfskopfkloster vereinen. Er saß gemütlich an einem Tisch vor der kleinen Taverne und genoss die Sonne, als ein „Traviahold?“ ihn aus seinen Gedanken riss. Er öffnete die Augen und schaute sich um. Lange musste er nicht suchen, denn eine Geweihte der Herrin Travia kam mit großen Augen und Schritten auf ihn zu. Traviahold musste kurz überlegen, bis er seine Gegenüber erkannte. „Sieglinde!“, rief er aus, „Wie schön dich wiederzusehen!“ Er stand auf und beide Geweihte umarmten sich, bevor sie sich wieder setzten. „Was machst du denn hier? Man hört ja so allerlei Gerüchte über dich in der Mark!“ Die Überraschung stand Traviahold ins Gesicht geschrieben. „Gerüchte? Über mich? Was denn für Gerüchte?“ „Vermutlich stimmen die meisten wie üblich nicht, aber es heißt, du hättest einen Dämon erschlagen, bist in den Traviabund eingetreten, hast einen außerkirchlichen Orden gegründet und stehst einem Tempel vor.“ „Kloster.“ „Wiebitte?“ „Ich bin Prior eines Klosters“, lacht Traviahold. „Und es ist erschreckend, dass die Gerüchte allesamt wahr sind, also zumindest war ich bei all dem dabei.“ Sieglinde schaut ihn mit aufgerissenen Augen und offenem Mund an. „Jetzt schau nicht so, ich selber liege so manche Nacht wach und warte darauf, dass ich aus dem Traum erwache und wieder als einfacher Geweihter in unserer Klosterkammer erwache. Aber bisher geht dieser Traum Tag für Tag weiter.“ „Dann hast du die Gnade der zweiten Weihe erfahren?“ „An dem Tag meines Traviabundes vom Praetoren-Paar Trondbald und Helfwiege.“ „Ich kenne die beiden, habe sie aber seit einiger Zeit nicht mehr in Rommilys gesehen.“ „Nun, wenn du sie wiedersehen willst, musst du in mein Kloster bei Hochstieg kommen, sie sind ihm beigetreten.“ „Bei den Göttern! Du musst sie ja mächtig beeindruckt haben!“ „Ich weiß ehrlich nicht, ob wirklich ich der Grund war. Ach, es war eine ereignisreiche Zeit, es fällt schwer, das alles zu erklären. Aber ich bin glücklich derzeit.“ „Bei der großen Mutter, dass ist doch das wichtigste! Aber schade, dass du plötzlich schon im Traviabund stehst“, meint Sieglinde mit leicht verzerrtem Grinsen. Traviahold schaut skeptisch. „Darpatia, meine Frau, ist eine gute Frau. Mir persönlich etwas zu sehr Rondra zugeneigt, aber was soll ich von einer Feuerlilie erwarten!? Allerdings steckt hinter dem Bund auch sehr viel Politik, so ehrlich kann ich sein. Aber sie schenkt mir bald ein Kind, wie viel besser kann die Große Mutter zeigen, dass sie einverstanden ist?“ „Du wirst Vater? Glückwunsch! Aber dann wird es wohl endgültig nichts mit uns als Hohes Ehepaar?“ Traviahold lacht laut auf, doch bricht er plötzlich ab. „Du meinst das ernst?“ Sieglinde zuckt mit den Schultern. „Es gab da mal eine junge Novizin, die in stillen Momenten über eine solche Zukunft sinnierte, statt ihren Studien nachzugehen“, antwortet Sieglinde leise mit sich rötenden Wangen. „Ich ahnte ja nichts! Warum… Also, du hättest doch mal was sagen können!“ „Haha! Ich? Was mehr, als Freundschaft, konnte ich, die kleine Sieglinde aus Fischerdorf, erwarten mit Traviahold, dem Sohn des Barons von Dettenhofen, dem designierten Klostervorsteher, dem der nie dem Abort säubern musste!?“ „Was? War das wirklich so? Ich habe das nie so wahrgenommen!“ „Hast du dich nie gefragt, warum du immer als erster für die wichtigen und spannenden Aufgaben ausgewählt wurdest?“ „Nein, muss ich zugeben. Ich dachte, ich dachte, die Geweihten sehen in mit ein Potential, dass sie bei euch, warum auch immer, nicht gesehen haben.“ „Tut mir leid Herr Prior, ich wollte euch nicht verärgern. Wenn ihr mich entschuldigt, ich muss weiter, will ich heute noch das Kloster erreichen. Es war nett euch mal wieder gesehen zu haben“, sprach Sieglinde und stand auf. „Was? Wie? Warte doch!“ Doch Sieglinde war raschen Schrittes bei ihrem Pferd und ritt, ohne sich ein letztes Mal umzusehen, von dannen. Traviahold schaute ihr bestürzt hinterher. Nach einigen Momenten riss er sich aus der Starre, packe seine zwölf Sachen zusammen und machte sich ebenfalls wieder auf den Weg, jedoch in die andere Richtung.

Es war schon kurz von Torschließung, als er nach Stunden des nachdenklichen Ritts in Dettenhofen ankam. Ursprünglich wollte er noch weiter nach Hardmund, doch hatte ihn das mittägliche Gespräch zu sehr aus dem Konzept gebracht. Er kehrte in einem kleinen Gasthof Nahe des Praiostores ein, in der Hoffnung möglichst nicht erkannt zu werden. So nahm er sein Abendmahl auch nicht im Gastraum ein, sondern ließ es sich auf sein Zimmer bringen. Er schlief diese Nacht sehr schlecht, er hinterfragte seine gesamte Ausbildung und schämte sich dafür, wegen seiner Herkunft bevorzugt geworden zu sein, denn je mehr er nachdachte, desto mehr wurde ihm klar, dass Sieglinde mit allem Recht gehabt hat.

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