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Monatsarchive: August 2019

Entscheidungen formen die Zukunft

Einige Jahre später nach dem 13. Peraine 1027 n. BF

Der Blick Azinas, schwanger vor Erinnerungen, ruht einen Augenblick auf den erwartungsvollen Gesichtern ihrer Kinder. Vor ihrem inneren Augen sah sie jedoch die längst vergangenen Ereignisse vor sich, als wären sie erst gestern geschehen.

Wir lagerten in Wehrheim. Einen Tagesmarsch von uns entfernt walzte sich ein unendlicher Heerwurm durch das damalige Darpatien direkt auf uns zu. Eine Wolke, schwärzer noch als Rauch, gab den untoten Horden Schutz vor der Praiosscheibe: Rahastes, der Plagende, verdirbt das Land dort wohin sein Schatten fällt. Seine Nekromanten schänden die Gefallenen, die sich daraufhin dem Heer anschließen. Ganze Boronsanger wurden entweiht.

Ich weiß nicht mehr, wann uns die Erkenntnis einholte, dass Wehrheim verloren war. Ich selbst befürchtete es bereits beim Anblick des mehrgehörnten Dämons. Doch gab mir Dexters „Wunder“ Hoffnung. Rahastes konnte gebannt werden! Wir befahlen dem Großinquisitor der Feste Auralet, dass er uns das Plagenknäul aushändigen solle, damit Nemrods Wunder geschehen konnte.

Doch Bothor dylli Memnos träumte in der Nacht zum 13. Peraine 1027 n. BF erneut eine Zukunftsvision seines erwählten Gottes. Er sah, was Rahastes vor unseren Blicken verbarg: Er sah eine schwarze fliegende Festung. Um sie herum schwirrten Irrhalken, riesige Fledermäuse und sogar der schwarze Knochendrache. Er sah wie unser schwer angeschlagenes Heer neben Hügeln von faulenden Leibern furchtsam nach oben starrte.

Er sah, wie aus der fliegenden Feste ein dämonischer Wind entströmte, sah, wie die Reste unserer Truppen hinweggefegt wurde, sah wie Wehrheim in einem einzigen Atemstoß vernichtet wurde.

Als er erwachte, erstattete er Dexter Nemrod umgehend Bericht. Doch dieser wusste es. Er wusste was passieren wird! Er bezeichnete Wehrheim als Puffer für Gareth. Das stolze Wehrheim. Das ach so stolze Darpatien als Puffer für die Hauptstadt des Mittelreiches. Tausende werden sterben, um noch mehr tausend retten zu können.

Er bat Bothor und den Orden Stillschweigen zu bewahren.

Wie würdet ihr reagieren, würdet ihr so kurz vor der Schlacht solch eine Aussicht erhalten? Was tätet ihr in der knappen Zeit, die euch gegeben ist? Seid ihr blinde Helden oder seid ihr Menschen vom Schlage Dexter Nemrods, deren kühle Überlegenheit zwar viele Menschen retten könnte, aber zugleich vielen anderen den sicheren Tod bringen wird. Wer hat schon solch eine Wahl? Wir hatten sie!

Aber manchmal ist es besser, nichts zu wissen. Dann bleibt das Gewissen stumm.

Man reift jedoch auch nicht zur Legende.

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Azinas Erzählungen

Marschbefehl

Traviahold saß in seinem Arbeitszimmer in der Burg Donnerwacht, ihm gegenüber ein unruhig auf dem Stuhl hin und her rutschender junger Mann. „Also gut, du bist also Tsatan, ja?“ „Grashuber, Herr. Tsatan Grashuber.“ „Gut, gut, gut. Und du bist der Knappe von Herrn dylli Memnos, habe ich das richtig verstanden?“ „Wem? Achso. Nein. Also ich wollte schon immer ein Diener Borons werden, also haben mich meine Eltern nur dafür nach Gareth gebracht… Wart ihr schon mal in Gareth? Die Stadt…“ „Halt. Also nochmal. Du bist ein Novize Borons also?“ „Nein, also meine Eltern haben mich zum Tempel nach Gareth gebracht und dort wurde ich auch als Anwärter angenommen, aber Novize bin ich bisher noch nicht.“ „Wann war das?“ „Lasst mich überlegen. Fünf Götterläufe ist es sicher schon her.“ „Bitte was?“ „Fünf Götterläufe Herr. Der Tempelvorsteher sagt immer, ich würde zu viel reden, um Novize werden zu können, aber ich helfe fleißig im Tempel!“ Traviahold wollte gerade zu einem sarkastischen Kommentar ansetzen, als es gegen die Tür pochte. „Ja bitte?“ Eine der Wachen öffnete die Tür und wandte sich dem Traviageweihten zu. „Mein Herr. Die Frau Ordensgroßmarschällin hat den Rat zusammengerufen und erbittet eure Anwesenheit.“ „Vielen Dank. Sagt ihr, ich eile.“ Die Wache verließ den Raum und Traviahold wandte sich wieder seinem Gast zu, der ihn mit großen neugierigen Augen anschaute. „Gut, also bist du noch kein Novize des Herrn Boron?“ „Genau Herr, weil…“ „Aber erkläre mir noch einmal KURZ, warum du nun hier bist.“ „Also, das war so.“ Traviahold holte einmal scharf Luft. „Der Herr Bothor war bei uns im Tempel und erbat Hilfe, um Boron besser kennenzulernen. Und unser Tempelvorsteher hat ihm Geron und mich mitgegeben. Und weil die jetzt auf einer geheimen Mission sind, sollte ich hier her nach Hochstieg und für ihn lernen, wer hier wer ist, damit er das dann weiß!“ Die Geschichte kam Traviahold so seltsam vor, dass er sie einfach glauben musste. Niemand, der plant zu lügen, würde sich soetwas ausdenken. „Nun, dann wird es sicher nicht schaden, wenn du mich zum Rat begleitest.“ „Wirklich?“ „Solange du versuchst dich dort an die Tugenden deines Herrn zu halten und schweigst, ist dies kein Problem. Folge mir.“ Damit stand er auf und verließ den Raum. Wenige Augenblicke später sprang Tsatan ihm hinterher.

Der von Darpatia einberufene Rat hatte sich in der großen Ratskammer der Burg versammelt. Außer ihr, Traviahold und Tsatan, waren noch Landkumturin Wulfgrid Thalia von Hardmund, Schutzritter Hagen Kohlhütten, Schutzritterin Dankhild Leuensîl von Hardmund sowie
Magister Geron von Varnyth anwesend. Traviahold hatte kurz Tsatan vorgestellt, der tatsächlich, wohl vor Ehrfurcht, still am Rand der Kammer saß und alles beobachtete. Darpatia ergriff das Wort. „Gut, dass ihr alle so schnell zusammengekommen seid. Ich habe einen Brief von seiner Exzellenz erhalten. Ersteinmal sei alle Sorge verstreut, es geht allen körperlich soweit gut. Allerdings haben wir von ihm einen Marschbefehl erhalten.“ „Du wirst nirgendwo hin marschieren!“, riefen Traviahold und Wulfgrid fast unisono, was ihnen einen bösen Blick von Darpatia einbrachte. „Ich bin die Ordensgroßmarschällin“, reagierte sie mit erhobener Stimme, „und auch, wenn ich unpässlich bin selbst den Befehlen meines Herrn nachzukommen, so obliegt es meiner Verantwortung, dass seinen Befehlen Genüge getan wird.“ „Wir sorgen uns doch nur um dich“, flüsterte Traviahold. „Wohin sollen wir marschieren Herrin? Und wie viele Männer und Frauen erwartet seine Exzellenz?“, lenkte Hagen geschickt das Thema wieder auf die wichtigen Dinge. „Wir sollen uns in Bohlenburg sammeln und auf weitere Befehle warten.“ Traviahold verschluckte sich an dem Wein und alle Blicke waren auf ihn gerichtet. „Vielleicht ist es an der Zeit uns mitzuteilen, was bisher nur ihr wusstet werter Herr Ordensprätor“, meinte Lady Wulfgrid bissig. Traviahold zögerte. „Es gibt Gerüchte, sehr konkrete Gerüchte, dass in nächster Zeit eine Invasion der Warunkei bevorsteht.“ „Ha, sehr gut!“, polterte Hagen. „Nein, ihr versteht mich falsch“, unterbrach Traviahold und erntete skeptische Blicke. „Die schwarzen Lande planen eine Invasion bei uns. Und Razzazor persönlich soll sie anführen.“ Eisige Stille breitete sich in der Kammer aus. „Das erklärt die Aufstockung der Mannen am Wachturm“, sprach Darpatia leise weiter. „Wie viele Mannen Marschällin?“, versuchte sich Hagen in Normalität. „Nun, also, unter diesen Umständen die Lanze Reiter, je ein Banner Bogenschützen und Schwere Infanterie sowie zwei Banner Leichte Infanterie. Dazu zwei Duzend Personen für den Tross. Abmarsch ist morgen, die Milizen stoßen wenn nötig unterwegs hinzu. Jeder weiß, was zu tun ist?“ Einstimmiges Nicken im weiten Rund. „Dann los!“

„Ritter Hagen!“ Traviahold holte keuchend den Schutzritter im Innenhof der Burg ein. „Ihr reitet schon heute Dankhild. Unterwegs informiert ihr die Milizen, dass sie sich bereit machen sollen. Ihr wartet dann in Hardfurten auf uns.“ „Jawohl Sir!“ Hagen drehte sich zu Traviahold um. „Was kann ich noch für euch tun, Ehrwürden?“ „Ich wollte nur fragen, an wen ihr gedacht habt bei den Bannerführern.“ „Weibel Jost wird die Bogenschützen führen, die Korporäle Vitus und Radulf je ein Banner Leichte und ich selbst den Banner Schwere Infanterie. Und Schutzritterin Dankhild führt die Lanze Reiterei an. Wieso?“ „Weil ich genau das befürchtet habe. Müsst ihr beide Ackerknechts in den Krieg schicken? Die Familie hatte es in letzter Zeit schwer genug, das wisst ihr. Warum nicht Frau von Schwertleie?“ „Weil ich sie noch nicht gut kenne und ihr nicht das nötige Vertrauen entgegenbringe. Und jetzt entschuldigt mich, ich werde nicht weiter meine Entscheidungen diskutieren, auch wenn ihr es seid.“ Damit wandte sich Hagen ab und ließ einen verdrießlich reinblickenden Traviahold zurück. Tsatan trat an ihn heran. „Euer Ehrwürden?“ „Ja?“ „Ich möchte mich dem Heer anschließen. Ich kann zwar nicht kämpfen, aber ich sollte an der Seite des Herrn Bothor sein.“ „Tu, wonach dir ist. Am besten gehst du zur Taverne, dort wird der Tross zusammengestellt werden. Am besten schließt du dich dem an. Ich muss jetzt weiter. Viel Glück.“ Mit diesem letzten Gruß verließ Traviahold die Burg.

Er lief durch Hochstieg, welches inzwischen regelrecht aufblühte. Die Menschen schienen sich mit der neuen Situation abgefunden zu haben und sich sogar wohl zu fühlen. Er hielt auf ein kleines Haus zu, das schonmal bessere Tage gesehen hatte. Doch seit die Hausfrau – für die meisten spurlos – mit einer der Töchter verschwunden ist, sind Haus und Garten verwahrlost. Traviahold musste schlucken, da er zu den wenigen Menschen gehörte, die die Wahrheit hinter der Tragödie der Familie Ackerknecht kannten, und trotzdem geschworen haben zu schweigen. Er öffnete das Gartentor, ging zur Tür und klopfte. Nur wenige Augenblicke später öffnete ein gestresst aussehender Vitus diese. „Oh, euer Ehrwürden, was verschafft uns die Ehre? Kommt doch herein.“ „Danke Vitus. Wie geht es euch?“ Traviahold betrat das Heim, bemerkte die fast traviaungefällige Unordnung und die beiden unmotiviert am Feuer spielenden Kinder. Vitus seufzte. „Wir verhungern nicht, das ist das wichtigste. Aber es ist alles so viel schwerer, seitdem… na ihr wisst schon.“ Vitus lässt sich schwerfällig auf einen der Stühle fallen. Ohne aufgefordert worden zu sein, nimmt sich auch Traviahold einen Stuhl und lässt sich nieder. „Ich habe wohl schlechte Nachrichten für euch Vitus.“ „Oh nein, was ist passiert?“ „Der Ordensgroßmeister hat einen Marschbefehl gegeben und ihr sollt morgen ein Banner der Leichten Infanterie ins Feld führen?“ „Ich?“, fragte Vitus entsetzt. „Aber was wird aus meinen Kindern?“ „Deshalb bin ich hier. Ich konnte leider Marschall Kohlhütten nicht umstimmen und auch euer Bruder muss morgen marschieren. Also wollte ich vorschlagen, die Kinder morgen mit in das Kloster zu nehmen und dort über sie zu wachen, für alle Zeit, die nötig sein wird, wenn du verstehst.“ Vitus bekam feuchte Augen. „Ihr seid so gütig. Aber morgen erst? Bitte!“ „Natürlich, wir werden morgen bis zum Kloster gemeinsam reiten.“ „Vielen Dank Traviahold!“ Vitus nahm den Geweihten in den Arm. „Ich danke euch“, wiederholte der Korporal und ging zu seinen beiden Kindern, während sich Traviahold aus dem Haus schlich.

Der Auszug des Heeres am nächsten Morgen aus Hochstieg war regelrecht pompös. Herzzerreißende Verabschiedungen, Fanfarenstöße, wehende Fahnen. Es war der erste große Heereszug des Ordens und Wulfgrid und Darpatia wussten um dessen Bedeutung. Und so scheuten sie keine Mühen für das Spektakel.

Der Zug kam nur langsam voran und schlug sein erstes Nachtlager vor den Mauern des Klosters auf. Am nächsten Morgen versammelte sich eine große Gruppe der Arbeiter am Lager, als sich Traviahold ein letztes Mal von allen verabschieden wollte. Angeführt wurde sie von Charon, dem Ältesten. „Ehrwürden, Marschall. Wir, die sich Warunkanier nennen, sind diesem Land, den Menschen und dem Orden auf ewig zu Dank verpflichtet. Aus diesem Grund wollen wir 50 unserer Leute euch mitgeben. Wenn dies Schwarze Lande werden, ist hier alles verloren und das wollen wir verhindern. Wir bitten euch nicht, wir setzen euch nur in Kenntnis.“ Hagen und Traviahold schweigen völlig verdutzt. Charon winkt eine Frau um die 30 zu sich. „Das ist Ilene, sie führt den Haufen an.“ „Marschall, es ist uns eine Ehre an eurer Seite kämpfen zu dürfen“, stellt sie mit fester Stimme fest. „Nun, dann ist das wohl so. Willkommen und einreihen“, reagiert Hagen noch deutlich verstört.

Und so zog ein nochmals vergrößertes Heer weiter gen Bohlenburg.

Überwältigend

12. Peraine 1027 n. BF

Es ist einfach überwältigend. Anders kann ich es nicht beschreiben. Es erdrückt mich schier.

Noch innerlich im Aufruhr hört sie den Lagebesprechungen vor den Toren Wehrheims nur mit halbem Ohr zu.

Zunächst träumte Bothor letzte Nacht von dem endlosen Heerwurm vor den der Greif Obaran uns warnte. Er marschiere direkt auf Wehrheim zu. Ein Heer von Untoten, Söldnern, Guhlen und Belagerungsmaschinen begleitet von einer schwarzen Wolke, die das Heer vor der Praiosscheibe schützt. Würden wir also diese Wolke vertreiben, könnten wir siegen. So dachte ich.

Doch dann blickte ich auf Anraten von Nehazet tatsächlich aus dem Limbus heraus direkt auf den sechsgehörnten Dämon Rahastes. Er ist der Plagende. Er ist der dem der Hunger folgt. Der Verderber der Ernten. Er selbst ist die ganze verdammte schwarze Wolke! Er schwebt über dem Heer und beherbergt eine Schaar von geflügelten Albträumen. Ich konnte viele große Fledermäuse und Irrhalken erkennen. Wo er vorüberzieht bleibt nichts als totes Land zurück. Leichen erheben sich aus den Boronsangern und von den Schlachtfeldern und schließen sich dem Heer an. Praios steh uns bei! Deine Greifen sind nicht mehr da, um uns zu helfen. Ohne sie sind wir den Angriffen aus der Luft hilflos ausgeliefert. Wir stehen hier auf freiem Feld mit einer Stadt im Rücken, die tausende unschuldige Seelen birgt. Wie sollen wir sie aufhalten? Wie sollen wir diesen fliegenden sechsgehörnten Dämon und sein Gefolge bloß aufhalten?

Auch wenn Dexter an einem sogenannten „Wunder arbeitet“, wie der Feldmarschall sagt, fällt es mir schwer zu glauben, dass wir ähnliche Kräfte entwickeln können, um dagegen zu halten. Wir haben lediglich zwanzig Magier zur Verfügung. Und Magus Nehazet ist noch nicht da.

Gern wäre ich stattdessen nach Gallys geritten und hätte die dortige Belagerung zerschlagen, um das Heer von hinten anzugreifen und den Nachschub abzuschneiden. Doch wir sind zu Wenige, um gegen selbst nur 200 Untote zu bestehen. Außerdem wies uns Oberan ja nach Wehrheim. Welch kleine Rolle wir in diesem Wahnsinn spielen könnten, vermag ich noch nicht zu erkennen. Wir müssen irgendwie da hoch und Rahastes töten! Aber wie?

Damach müssen wir nur noch zum goldenen Altar, wenn der dunkle Schatten darauf fällt, um den Greifen seine Kraft zurück zu geben. Ist damit die Stadt des Lichts in Gareth gemeint? Ist also gewiss, dass Wehrheim fällt? Wenn ich mir so anschaue, was da auf uns zukommt, wage ich auf keinen Sieg zu hoffen. Ich habe Angst.

Immerhin ist Königin Rohaja mit ihrer Königsgarde da. Sie werden sie wohl nicht ins Feld führen, wenn keine Hoffnung auf Sieg bestünde … oder keine Möglichkeit zum Rückzug … Ich hoffe, dass dieses Reich dem Ansturm gewachsen ist.

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Azinas Gedanken

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