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Monatsarchive: November 2020

Teil IV – Nebel des Krieges (3)

Auf dem Mythraelsfeld nahe Wehrheim – 18. Peraine, 34 nach Hal – Zur Praiosstunde

Ordensmeister
Sieghelm Gilborn
von Spichbrecher

Hüterin der Saat
Adellinde
Peraine-Geweihte

Der Ordensmeister kehrte nach erfolgloser Suche zum provisorischen Lager zurück. Adellinde saß dort noch immer zusammen mit Hagen aus Waldsend und sie schienen in ein intensives Gespräch vertieft, weshalb er sie nicht stören wollte. Er ging zu seinem Pferd und nahm einen kräftigen Schank aus seinem Wasserschlauch, denn von dem Leichengestank war seine Kehle ganz trocken geworden. Er überprüfte seine Ausrüstung, ging die Vorräte durch und friemelte hier und dort an seiner Plattenrüstung herum. Der Marsch über das Mythraelsfeld hatte den Glanz von deinem Rüstzeug genommen und er musste sich daran machen, sie wieder auf Vordermann zu bringen. Also packte er sein Putzzeug aus, hockte sich scheppernd auf einen umgefallenen Baumstamm und begann seine Rüstung zu reinigen. Kaum hatte sich der Reichsritter hingesetzt, hüpfte Pagol heran, umschwänzelte dessen Beine und ließ sich dann erschöpft zu seinen eisenbewehrten Füßen nieder. Die Zeit verging quälend langsam. Adellinde unterhielt sich währenddessen immer intensiver mit dem Leichenfledderer. Sieghelm bekam nur ein paar Wortfetzen mit, anscheinend hielt sie ihm keine Predigt, sondern versuchte den Mann dazu zu bewegen, sein Handeln zu hinterfragen. Dieser wiederum hing an ihren Lippen und lauschte sehr aufmerksam ihren Worten. So verstrich die Zeit und während Sieghelm seine Rüstung putzte, fragte er sich immer wieder, ob Kalkarib wohl etwas gefunden haben könnte, dass er jetzt schon so lange wegblieb. Das Gespräch zwischen Hagen und Adellinde unterbrach sie irgendwann mit den Worten: „Ihr müsst darüber nachdenken, ich lasse euch für einen Moment in Ruhe.“  Die zierliche Priesterin ging zum Ritter herüber und setzte sich vorsichtig neben ihn. Sie stöhnte etwas, was Sieghelm dazu veranlasste nachzufragen: „Stimmt etwas nicht?“ Sie schien etwas aus den Gedanken gerissen und zögerte mit der Antwort. „Nein, es ist alles in Ordnung. Ich musste nur gerade daran denken, dass ich so etwas schon lange nicht mehr getan hatte.“ „Was meint ihr?“ „Diese Art von Unterhaltung. Einer in seinem Glauben wankenden Person durch meine Worte wieder Halt zu geben. Das war eigentlich eine meiner Hauptbeschäftigungen in Perz. Bevor all dies geschah“, schob sie noch hinterher und rührte dabei genervt wirkend mit dem Finger in der Luft. Sieghelm hob seine Augenbrauen und dachte kurz nach, während er seine Unterarmschienen polierte. „Gab es in eurem Ort denn so viele vom rechten Weg Abgekommene?“ Adellindes Augen wurden kugelrund als der Reichsritter fragte. „Oh ihr würdet staunen, wie viele Leute Gareth verlassen hatten, um ihr Glück anderswo zu suchen. Wehrheim ist … war … eine verheißungsvolle Garnisonsstadt, in der man sein Leben stets in den Dienst des Kaisserreichs stellen konnte. Es gab viele rastlose Seelen, die noch nie Gareth verlassen hatten, um in Wehrheim ein neues Leben anzufangen. Doch Aves sei dank, haben sie unterwegs ihr Leben hinterfragt und haben so manches mal bei uns im Tempel halt gemacht, um nach Rat zu suchen.“ Sieghelm unterbrach sie: „Moment, das heißt ihr habt es Ihnen ausgeredet?“ Adellinde war schockiert und legte eine Hand auf ihre Brust. „Es Ihnen ausgeredet? Nein! Peraine ist meine Zeugin, das habe ich nicht. Ganz im Gegenteil!“ Sieghelm atmete erleichtert aus. „Dann ist gut. Ich hatte schon befürchtet ihr …“ „Ich habe Ihnen nur wieder Vertrauen in die Zwölfe und damit erneut Halt im Leben gegeben.“, unterbrach sie den Reichsritter und pulte sich dabei in den Fingernägeln herum. Sieghelm, der das Putzen einstellte, belegte die Priesterin nun mit einem scharfen Blick und holte für einem längeren Satz tief Atem, als direkt hinter ihnen die Pferde plötzlich scheuten. Der wachsame Ritter sprang sofort auf und griff zum Schwert, welches er wegen der Rüstungspflege mit samt der Scheide abgelegt hatte. Auch Pagol sprang auf und sah sich wachsam um. Nur Adellinde blieb blinzelnd und leicht verwirrt sitzen. „Ist bei euch …“ „Pssst!“, zischte Sieghelm sie an, während seine braunen Augen das lichte Waldgebiet absuchten. „Beruhigt die Pferde und macht sie los“, begann er im leisen Tonfall zu erklären. „Kalkarib ist schon lange fort und nur die Götter wissen, was hier noch so durch das Unterholz streicht.“ Mit seinem Anderthalbhänder noch in der Scheide, schritt Sieghelm das provisorische Lager ab und schaute in alle Richtungen, während die Geweihte, wie ihr befohlen, zu den drei Pferden ging und sie versuchte zu beruhigen.

Das Waldstück, in dem sich Sieghelm und seine Gefährten befanden, gehörte zum leicht hügeligen Gebiet des Flusses Gernat. Der flößbare Seitenarm der Dergel befand sich rahjawärts von ihnen, weshalb es in diese Richtung leicht bergab ging. Und aus eben dieser Richtung kommend, sah Sieghelm in der Entfernung Bewegungen durch die Bäume hindurch. „Dort kommt etwas auf uns zu. Macht die Pferde bereit, Adellinde“, raunte Sieghelm ihr erneut zu. Zügig legte er kurz das Schwert ab, schnappte sich seinen Helm und streifte ihn sich über den Kopf. Inzwischen war auch der in seinen Gedanken versunkene Leichenfledderer wieder ‚erwacht‘ und da er den Ritter alarmiert umschauen sah, erhob er sich, war sich jedoch unsicher, was er tun sollte und stand daher nur wie angewurzelt da. Die Geweihte löste die Zügel der Pferde, half Pagol auf seinen Hochsitz und verstaute so schnell und gleichwohl lautlos, wie sie konnte, die Ausrüstung. „Was ist mit Kalkarib?“, rief sie im lauten Flüsterton zu Sieghelm herüber, der Mühe hatte, die Bewegungen im Dickicht auszumachen. „Er wird unserer Fährte folgen müssen“, antwortete er und kniff die Augen zusammen. Da heulte plötzlich in einem ohrenbetäubenden Lärm eines der Pferde auf, stieg in die Lüfte, dass Adellinde, die gerade die Zügel in der Hand hatte, mitgerissen wurde, und fiel dann mit einem lautem rumsen seitlich zu Boden. Die Priesterin hatte Glück und landete wieder auf ihren Beinen und kam nur etwas ins Straucheln. Doch das Pferd hatte zwei Pfeile in der Flanke stecken. Anhand der Position der Pfeile erkannte Sieghelm sofort, dass sie aus einer anderen Richtung als das Flussbett kamen und sie sich daher in unmittelbarer Gefahr befanden. „Hinterhalt!“, rief er und ließ Custoris unter einem kaum hörbaren Donnergrollen aus der Schwertscheide schnellen. Die beiden anderen Pferde wurden plötzlich so aufgeregt, dass es mit ihnen durchging und sie aus dem Stand lostrabten. Adellinde konnte ihre Hand noch in letzter Sekunde aus der Schlaufe des Pferdes holen und wurde somit nicht mitgerissen. „Lauft schnell, in diese Richtung!“, befahl der Ritter im lauten Ton und deutete mit der langen Schwertscheide, die er in seiner Linken hielt, in Richtung Efferd. Adellinde brauchte einen Moment, um sich von dem Schreck zu erholen, doch dann eilte sie los. Auch Hagen nahm die Beine in die Hand und begleitete sie, während sich im Rennen seine Arme und Beine zu überschlagen begannen. Sieghelm, der in einer über fünfzig Stein schweren Metallrüstung stand, wusste, dass es keinen Sinn hatte zu rennen und es nicht nur rondragefällig, sondern auch noch nandusgefällig war, sich langsam fortzubewegen und sich dem Feind zu stellen, anstatt vor ihm zu fliehen. Er hatte die zwei in Richtung Burg Auraleth geschickt, in der Hoffnung, dass dort noch Praioten waren, die Ihnen Schutz bieten konnten oder sie sich zumindest in den zahlreichen geschliffenen Wehrmauern verstecken und Schutz suchen konnten.

Der Ordensmeister musste nicht lange warten, er folgte zwar in zügigen Schritten den anderen, doch rasch kamen aus dem Dickicht mehrere Gestalten hervor. Die Götter hielten für ihn eine weitere Prüfung bereit. Er hatte auf seiner Queste schon gegen Ghule und abtrünnige Söldner kämpfen müssen, doch in Galottas Heerwurm kämpfen noch andere widerwärtige Kreaturen mit. Da der Fäulnis- und Verwesungsgeruch wegen der zahlreichen gefallenen Streiter und der zerstörten Untoten auf dem Mythraelsfeld allgegenwärtig war, war es unmöglich diese Gruppe im Vorhinein auszumachen.  Aus dem Dickicht kamen mehrere Skelette mit Bögen und schartigen Äxten und zum Teil verweste Untote in verrosteten Rüstungsteilen und schartigen Schwertern. Er zählte sechs von Ihnen, die den Hinterhalt gelegt hatten, während sich eine wohl noch größere Anzahl flusswärts befand.

 „In Namen der leuenköpfigen Göttin, Herrin Rondra, ich stehe hier – dein Streiter – und ersuche dich erneut um deinen Beistand“, begann er in absichtlich lauten Ton, um die Untoten auf sich zu lenken, während Adellinde das Weite suchte. Sieghelm musste hilflos mitansehen, wie die zwei skelettierten Bogenschützen Pfeile aus ihren Köchern holten und auf die Sehnen ihrer knarzigen Bögen legten, denn er war noch zu weit von ihnen entfernt und außerdem waren da noch die vier Nahkämpfer, die einen Ansturm unmöglich machten. Leider hatte er kein Schild, denn das war mit dem Pferd durchgegangen. Er hatte nur sich, Custoris und seinen Glauben an Rondra – was Sieghelm genügte. Der erste Pfeil schoss zischend an Sieghelm vorbei, Rondra sei dank waren Untote miserable Bogenschützen. Der zweite flog direkt auf ihn zu, doch mit einem beherzten Hüpfer zur Seite brachte er sich aus der Schussbahn. „Herrin sieh her, ich werde nicht wanken, während ich Thargunitoths Gezücht zerschlage. Denn du bist bei mir.“ Sieghelm nutzte das Überraschungsmoment, auch wenn die Untoten wohl nicht in der Lage waren, sich überraschen zu lassen, aber zumindest hatte er dann den Vorteil, schneller bei den Bogenschützen sein zu können. Er rannte schlagartig auf sie zu und wurde unterwegs von einem Untoten in rostiger und zerfledderter Kettenrüstung und einer Handaxt abgefangen. Schon in der Bewegung schwang Sieghelm Cursoris und ein Donner ertönte, als der mächtige Schwung glatt den morschen Holzstil der Axt samt Oberkörper des Untoten Dieners mühelos durchschlug. Eine Untote Bäuerin mit einem nagelbewährten Kantholz schlug halbherzig von der Seite zu, als Sieghelm an ihr vorbeistürmte, wobei die rostigen Nägel wirkungslos über Sieghelms Plattenrüstung kratzten. Der Ritter war nicht aufzuhalten und noch ehe einer der Bogenschützen den zweiten Pfeil auf die Sehne gelegt hatte, schlug Sieghelm erneut zu. Mühelos und fast ohne Widerstand durchschlug das Schwert die magisch erhobenen Knochen, die bei ihrem Weg zum Boden in ihre Einzelteile zerfielen. Mit einem rostigen Breitschwert und einem verblichenen Wappenschild bewaffnet trat ihm ein untoter Soldat entgegen. Im von Fäulnis durchzogenen Gesicht des ehemaligen Gardisten aus Warunk, was Sieghelm an den Fetzen seines Wappenrocks erkannte, tummelten sich zahlreiche Maden – was Sieghelm für einen kurzen Moment erschaudern ließ, als er in die augenlosen Löcher im madenzerfressenen Schädel des Gardisten blickte. Sieghelm holte aus und hatte die Gunst des ersten Schlags, da sein Bihänder mehr Reichweite hatte als das rostige Schwert des Untoten. Mit einem feuchten Kratzen wehrte der Untote Gardist den Schlag mit dem Wappenschild ab, wobei ein Stück davon abplatzte. Aus dem Augenwinkel sah Sieghelm wieder die untote Bäuerin in Schlagdistanz kommen, weshalb er zu einem riskanten Manöver ansetzte. Mit der Linken, in der sich noch immer die Schwertscheide befand, stach er beherzt nach der Bäuerin, während er mit der Rechten einen schwungvollen Hieb nach dem Gardisten schwang. Die metallene Spitze der Schwertscheide bohrte sich mühelos in den weichen Schädel der Frau und blieb darin stecken, während Sieghelms Schwerthieb von dem Gardisten erneut mit dem morschen Schild abgewehrt wurde. Da bekam der Reichsritter einen kräftigen Stoß gegen den Rücken, das Metall heulte auf und gab nach. Er spürte einen ihn aus dem Gleichgewicht bringenden Faustschlag gegen sein Schulterblatt. Ein Pfeil hatte aus nächster Nähe seine Plattenrüstung durchschlagen und war in den darunter liegenden Kettenteilen hängen geblieben. Die im Pfeil enthaltene Kraft entlud sich dann als heftiger Faustschlag in das Schulterblatt des Streiters. Sieghelm kam leicht ins Wanken, konnte aber nun endlich sein Schwert mit zwei Händen packen um seinen ganzen Vorteil auszuspielen. Dennoch musste er aus einer unvorteilhaften Position zwei gute Schläge des Gardisten abwehren, was ihm nur mühevoll gelang. Mit flinken Füßen umtänzelte er anschließend den Warunker, um ihn zwischen sich und dem Bogenschützen zu bringen. Der letzte Nahkämpfer stellte sich neben den Gardisten, auch diesen musterte Sieghelm kurz, um seine Kampffähigkeit einschätzen zu können. Es war zu seiner Verwunderung ein nur leicht verwester Leichnam eines Tulamiden. Die leichten und bunten, jedoch etwas verblichenen und matschbedeckten Stoffe, der Turban und das krumme Schwert, welches er in seinen Händen hielt, waren eindeutige Hinweise. Plötzlich musste, auch wenn er kein Tulamide war, Sieghelm an Kalkarib denken und daran, was ihm wohl zugestoßen war oder ob er sich in Sicherheit bringen konnte. Er hoffte, dass es dem Sohn der Wüste gut ging, doch im Moment hatte Sieghelm ganz andere Sorgen. Der Warunker Gardist und der untote Tulamide begannen ein Feuerwerk aus kurzen Schlägen auf Sieghelm regnen zu lassen, den meisten davon wich Sieghelm aus, indem er kontrolliert zurückging. Währenddessen lauerte auf eine gute Gelegenheit. Als der Tulamide mit seinem Säbel einmal zu weit ausgeholt hatte, zuckte Sieghelm aus der Oberhau Position einmal mit dem Anderthalbhänder kurz herab, binnen eines Lidschlags durchschlug die Spitze des Schwerts den zerfledderten Turban und spaltete den Kopf des Untoten. Blut und Hirn spritzte in alle Richtungen und der Leichnam brach zusammen, so dass nur noch der untote Gardist und der eine Bogenschütze standen. Ein Pfeil zuckt plötzlich über die Schulter des Gardisten und  streifte Sieghelm am Helm. Er musste sich beeilen, irgendwann würde ein Pfeil ihn treffen. Erneut hob der Ordensmeister das Schwert in den Oberhau und deutete einen Schlag von oben an, der Gardist tat es ihm gleich und brachte sein inzwischen löchriges Schild ebenfalls nach oben. Darauf hatte Sieghelm gewartet, er schlug zu und zwang den Gardisten zur oberen Abwehr, doch der Schwerthieb war nur eine Ablenkung, die wirkliche Gefahr drohte von Sieghelms Fuß, den er mit aller Kraft voran in den Bauch des Untoten trieb. Hätte der Untote noch einem Atem gehabt, hätte er ihn jetzt wohl verlassen, denn der Gardist flog mit Wucht nach hinten und landete auf dem Rücken und verlor dabei sein rostiges Schwert. Sieghelm setzte nach und stach mit der Spitze über ihn stehend in den Brustkorb. Es knirschte und blubberte feucht, als der weiche Oberkörper nachgab, denn das Kettenhemd blieb stabil und wurde ins Innere des vermoderten Körpers gedrückt. Dann setzte er zu einem Sprint an und schoss auf dem Bogenschützen zu. Der Hieb, der das Skelett in seine Einzelteile zerlegte, war dann nur noch Formsache.

Schwer atmend überblickte Sieghelm das Kampffeld, er hatte den Hinterhalt besiegt, doch eine große Schar weiterer Leichname, Untoter und Skelette war im Anmarsch. Einige Pfeile schlugen rund um ihn ein oder purzelten wirkungslos, weil von den Ästen der Bäume abgelenkt, von oben heran. Sofort zog er schmatzend die Schwertscheide aus dem Kopf der ehemaligen Bäuerin und nahm die Beine in die Hand. Er hatte noch immer einen Pfeil im Rücken stecken, was ihm beim Rennen behinderte. Doch zum Glück knickten unterwegs die sich überlappenden Metallteile am Rücken den Pfeil ab, doch der Druck im Rücken blieb. Er hatte jedoch keine Zeit, sich jetzt darum zu kümmern. Er versuchte Adellinde und den Leichenfledderer zu erspähen, doch die Beiden waren schon außer Sicht. Da dachte Sieghelm an den Leutnant: Wo war er? War er mit den beiden mitgerannt, um sie zu beschützten? Das letzte Mal, als er ihn gesehen hatte, lag er zu seinen Füßen und bei dem Kampf eben war er nicht dabei. Er hoffte das es ihm und allen anderen gut ging, denn er war nun alleine, auf sich gestellt und noch längst nicht in Sicherheit. Er rannte so schnell es in der Plattenrüstung möglich war – denn der Gegner war ihm zahlenmäßig zu sehr überlegen. Zudem würde er nicht die Ausdauer haben, ewig zu rennen – denn die Untoten – wenn sie auch langsam waren, würden niemals erschöpfen.

Sieghelm hörte sich im Innern des Helms unterwegs schwer atmen, seine Brust brannte, doch er wusste, er musste Distanz zwischen sich und die Untotenschar bringen. Leider verlor er unterwegs seinen einzigen Orientierungspunkt aus den Augen, die Zinnen von Burg Auraleth, weshalb er nicht wusste, in welche Richtung er rannte. Er musste schnell etwas finden, wo er einen taktischen Vorteil bekam und sich etwas verschnaufen konnte. Doch die nur leicht hügelige Ebene war viel zu flach für eine Engstelle, Höhlen konnte er auch nicht ausmachen und der Wald zu licht, um sich im Unterholz zu verstecken.

Währenddessen eilten auch Adellinde und Hagen stolpernd durch den Wald. Sie folgten den weit entfernten Festungsmauern von Burg Auraleth, in dessen Richtung sie Sieghelm geschickt hatte. „Komm schon, lauft weiter! Glaubt an euch!“, rief sie ihm außer Atem zu. Doch der Fledderer schien nicht bei bester Gesundheit und Kondition zu sein und hustete unterwegs ungesund. Zumal er immer wieder anhalten musste, um durchzuatmen. Währenddessen schaute sich Adellinde hektisch nach dem Reichsritter um, sie wollte ihn nicht verlieren, war er ihr in den kurzen Zeit doch irgendwie ans Herz gewachsen. Durch den lichten Wald hindurch hörte sie jedoch nur das Geschepper der Untoten, die durch das Unterholz marodierten. „Wir müssen weiter!“, trieb sie Hagen an. „Ich kann nicht mehr“, hustete er und stützte sich auf seinen Knien ab. „Wenn wir bleiben, sterben wir!“, schrie sie ihn an und sah, dass bestimmt ein dutzend Untoter gerade über die Spitze eines Hügels auf sie zu eilten. „Das … ist mir gleich“, antwortete er und spuckte aus. „Was redet ihr da! Los, kommt weiter!“ Adellinde versuchte dem Mann, ihrem Ekel vor seinem Körpergeruch zum Trotz, unter den Arm zu greifen und weiter zu ziehen, doch er entzog sich ihrem Griff. „Lasst mich! Ich … werde hier bleiben … und sie aufhalten.“ „Bei der gütigen Göttin, redet nicht so einen Unsinn daher! Ihr würdet sterben! Ihr habt ja nichtmal eine …“ Adellinde hatte den Satz nicht mal zuende gesprochen, da zog der Fledderer einen Langdolch aus seinen Schaftstiefel. Für einen ganz kurzen Moment rutschte Adellinde das Herz in die Hose, wollte er sie jetzt und hier abstechen? Doch als sich Hagen umdrehte, wurde ihr bewusst, dass der lebenstolle Mann aus Waldsend vor hatte, sich mit dem Dolch den Untoten entgegen zu stellen. „Ich verschaffe euch etwas Zeit … nun lauft schon.“ Adellinde zögerte. Sie kannte den Mann nicht. Sie hatte mit ihm nur geredet und nun wollte er sich für sie opfern?! Sie wusste nicht was sie sagen sollte. Ihre Lippen zitterten und ihr wurde ganz kalt bei dem Gedanken daran. „Ich danke euch, Euer Gnaden … und nun lauft endlich!“ Für mehr war keine Zeit, ein letzter Blick und Adellinde eilte wieder los. Ihr liefen die Tränen, als sie unterwegs hörte, wie Hagen die Untoten beschimpfte, um etwas Zeit für Sie zu gewinnen. Sie blickte nicht zurück, sie wusste, dass er dort gerade starb – sein Leben gab – für sie. Mit Tränen in den Augen rannte sie so lange sie konnte.

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