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Azina

Abschied

Während es sich die Helden am 15. Ingerimm 1027 n. BR in Honingen im Gasthaus einrichten zieht es Azina einmal mehr in die Wildnis. Hier vor den Toren der Stadt liegt der Honinger Forst, worin sie sich dieses Mal zurückzieht. Erneut geht ihr Vieles durch den Kopf. Vieles womit sie die anderen nicht belasten möchte. Sie haben ihre eigenen Sorgen und Nöte. Und sie meistern sie bisher sehr gut. Man mag nicht immer einer Meinung sein; wie der ‚Pakt‘ mit dem Feuerdämon unter dem Berg oder der Verwendung des Schwarzen Auges. Auch die brieflich geschilderten Geschehnisse in Hammerschlag wecken ihren Argwohn. Denn sie ist der festen firunischen Überzeugung, dass von den Dämonen nichts Gutes kommen kann und sie und ihre Absichten unbedingt bekämpft werden müssen. Den Dämonen ist nicht zu trauen! Doch ihre Gefährten erweisen sich in dieser Hinsicht als flexibler. Man mag sehen, wohin das Führen wird. Was sie jedoch eint, ist der unerschütterliche Glaube an das Gute und an das Leben. Auch Dämonenpakte können daran nichts ändern. Noch ist nicht entschieden, ob es Mut oder Torheit war, der die anderen trieb. Aber sie vertraut ihnen.

Am Morgen des 16. Ingerim 1027 nach Bosparans Fall erwartet Azina ihre Gefährten, als sie das Stadttor von Honingen passieren. An ihrem Gesichtsausdruck können sie bereits ahnen, dass sie etwas zu sagen hat.

„Freunde … es ist euch bereits gewiss aufgefallen, dass ich in der letzten Zeit sehr viel allein … allein mit Elfenbein, Adaque und Gro’jesh … blieb. Dieses Verhalten galt nicht euch. Ich selbst bin in vielerlei Gedanken versunken. Gedanken über die Zukunft und Gedanken über uns. Und ich fürchte diese Reise verdrießt mich. Ich werde hier nicht gebraucht.

Als wir letztens darüber sprachen, dass die Feuer der schwarzen Lande noch nicht erloschen sind, Hochstieg ihnen gefährlich nahe liegt und Gro’jeshs Volk sowohl gefährdet ist, als auch selbst eine Gefahr für Hochstieg darstellt. Das Wissen und die Macht eines Shakriin Boran kann sie nun nicht mehr schützen.

Daher habe ich beschlossen, an dieser Stelle umzukehren und nach Hochstieg zu gehen, um die Trollzacker zu bewahren. Und ich bin es mir schuldig, es selbst zu tun. Vielleicht finden wir sogar wieder einen Platz für Gro’jesh bei seinem Volk, wenn die Tat nur groß genug ist.“

Sie atmet tief ein und mit einem Seufzer aus. Dann wendet sie sich jedem ihrer Gefährten noch einmal persönlich zu.

„Delia …“ Sie geht auf die Erwählte der Rahja zu und schließt sie sanft in ihre Arme. „Du bist mir eine liebe Freundin. Dich zu verlassen fällt mir am Schwersten. Vieles haben wir in der kurzen Zeit gemeinsam erlebt, durchgestanden und gefeiert. Und doch … ich sehe, wie sich unsere Leben und unsere Vorstellungen zunehmend unterscheiden. Und ohne meinen Einfluss fürchte ich um dich. Ich weiß, es mag albern klingen aus einem Munde, der so viel jünger ist. Aber … lass dich nicht verleiten. Denk daran: den Dämonen ist nicht zu trauen … dir vertraue ich.“

Sie sieht ihr noch einmal intensiv in die Augen, als wolle sie sich ihren unverfälschten Anblick einprägen. Dann wendet sie sich ab, ehe Flüssigkeit ihren Blick trübt.

„Jane … HA … wir waren nicht oft einer Meinung. Doch ich kann mir keinen besseren und respektableren Ordensgroßmeister vorstellen als dich. Ich wünsche dir viel Kraft und Erfolg. Ich weiß, du wirst es schaffen, diesen Haufen ans Ziel zu bringen und wenn du dabei die Zeit selbst durchschreiten musst.“

Sie klopft ihr lächelnd auf die rechte Schulter, ehe sie sie in eine feste Umarmung zieht. Danach wendet sie sich Bothor zu, dem sie ihren Arm für einen Kriegerhandschlag darbietet.

„Bothor … wir fochten sehr erfolgreich Seite an Seite. Ich weiß, dass man sich auf dich verlassen kann. Beschütze die deinen.“

In dieser Aussage schwingt viel Vertrauen, Respekt und ein endgültiges Willkommen mit. Sie lächelt grimmig und nickt, ehe sie sich mit schief gelegtem Kopf Voltan zuwendet und langsam auf ihn zu geht.

„Voltan … ich weiß, wir kennen uns noch nicht lange. Doch die Zeit und die Gespräche, die wir miteinander hatten, bedeuten mir dennoch viel. Für die Zukunft kann dir nur sagen: Halte am Glauben fest. Lasse dich nicht beirren. Ich bin überzeugt, dass du deinen göttlichen Weg gehen wirst. Denke an mich, wenn es gilt, standhaft zu bleiben.“

Damit macht sie den letzten Schritt auf ihn zu, stellt sich auf die Zehenspitzen und haucht ihm einen Kuss auf die rechte Wange.

Danach wendet sie sich wieder allen zu: Eine kurze dankbarkeitsbezeugende Verbeugung, ein Blick in die Augen von jedem und sie wendet sich gen Rahja.

„Erwartet mich zur rechten Zeit.“ Spricht sie in den Wind und geht.

….

Auf einem Hügel steht sie da und blick zurück hinab in die Ebene. Sehnsüchtig sieht sie der kleinen Gruppe nach, die langsam am Horizont verschwindet. Sie aktiviert ihren Armreif, den sie einst von Nahema in Ferdok bekam, um mit Adlerauge Luchsenohr, alle noch einmal genau ins Bild zu fassen. Gefährten, Kameraden und Freunde nennt sie sie. Viel haben sie gemeinsam erlebt. Und vieles liegt noch vor ihnen. So das Schicksal es will, so kommen sie dereinst wieder zusammen und streiten gemeinsam.

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Azinas Abschied

Den Dämonen ist nicht zu trauen

Alle starren fasziniert auf den Stein, den Delia da offenbart. Ohne die anderen darauf Aufmerksam zu machen, krallt sie ihre Linke in Elfenbeins Nackenfell und besinnt sich auf Ihre Umgebung bis sich die Farben verändern. Während Delia nur ganz kurz zu sehen ist, ehe sie verschwindet, zieht sich die Magie des Auges mit dämonischen spuren durch den ganzen Raum. Ein leichter Schwindel befällt sie, da sie sich des Eindrucks der endlosen Ausdehnung nicht erwehren kann. Nur mit Mühe kann sie die Konzentration halten und erkennt, dass das Auge aktiv ist. Angewidert wendet sie den Blick ab.

Das ist Dämonenwerk! Wie können meine Gefährten ernsthaft erwägen dieses Ding zu nutzen, um mit Dämonen Zwiesprache zu halten? Überhaupt habe ich ernsthafte Bedenken, was die Entwicklung der Geschehnisse und unsere Entscheidungen betreffen. Wir können gar nicht ermessen, zu was dieses Auge imstande ist. Am Ende werden wir von ihm beeinflusst das falsche zu tun. Wir wissen einfach zu wenig über all die Geschehnisse.

Warum sind die Dämonen und somit auch ihre Erwählten offenbar stärker als wir? Sie verfügen über uns, wissen mehr und versuchen uns anzuleiten oder zu beeinflussen. Noch töten sie uns nicht; vielleicht, weil sie ob eines göttlichen Schutzes es nicht vermögen? Oder aber weil wir ihnen noch von Nutzen sind.

Und was wissen wir über den Vortex? Praktisch nichts! Es gibt keine Informationen auf Dere … von denen wir wissen. Und warum schweigen die Götter? Sie geben uns keine Hinweise. Es scheint mir eine Prüfung in Gottestreue zu sein. Nur blindes Vertrauen in die Götter und ihre Lehren kann uns retten. Die Dämonen und ihre Erwählten wissen offenbar mehr oder wollen es uns glauben machen, um nach dem Scheitern des Vortex die Macht in unserer Sphäre zu übernehmen. Ihnen ist nicht zu trauen!

Solange mir meine Götter nichts anderes Befehlen, werde ich mit dieser Brut keine Gemeinheiten machen! Ich werde nicht zulassen, dass wir gesteuert werden! Bleiben wir uns selbst treu und streiten auf unsere Weise!

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Azinas Gedanken

Raus aus der Stadt

Als im Flussvater in der Reichskonkressstadt Elenvina der Abend nahte und die Audienz der Helden bei der Königin näher rückt, erhebt sich die Botin Firus mitten im Gespräch im Kreise ihrer Gefährten und unterbricht dieses mit den Worten:

„Ich gehe raus.“

In die fragenden Gesichter ergänzt sie ruhig:

„Raus aus der Stadt. Ich muss ein wenig nachdenken und zu mir kommen. Voltan muss warten.“

Sie macht auf dem Absatz kehrt und gibt Grojesh und Elfenbein ein stummes Zeichen Richtung Tür. Draußen führt ihr Weg sie direkt aus der inzwischen vertrauten Stadt hinaus. Den Hinweis der Stadtwache, dass die Dämmerung bald einsetze, entgegnet sie mit einem wortlosem Nicken und einem kleinen wissenden Lächeln. Da sich die Stadt in einer Flussbiegung befindet, wendet sich sich gen Firun, wo sie in der Ferne einen kleinen Wald erkennen kann. Sie pfeift ein paar Mal laut in die Ebene hinein, bis ein Blaufalke auf ihrer ausgestreckten Hand im Sturzflug landet. Nach kurzer inniger Liebkosung wirft sie ihn lachend in die Luft und rennt was ihre Beine hergeben die Hügel hinauf. Der Wind zerzaust ihr langes Haar. Doch sie achtet nicht darauf. Endlich frei kennt sie kein Halten mehr. Sie fühlt sich wie ein junger Wolf: ungehemmt und wild. Die Reisenden auf der nahen Reichsstraße würdigt sie keines Blickes.

Am Waldrand kommt sie langsam zum Stillstand. Ergriffen starrt sie in das grüne Dämmerlicht und verharrt einen Augenblick lang schweigend. Sie fühlt zunächst nichts. Die wiedererkennende wohltuende Vertrautheit setzt noch nicht ein. Erst als sie ein paar Schritte hineinsetzt, beginnt sie endlich die Geräusche und Gerüche intensiver wahrzunehmen. Das Rascheln der Blätter ist ihr ebenso willkommen, wie der liebliche Gesang der Vögel. Erneut bleibt sie kurz stehen und nimmt die Gegend in sich auf. Dann holt sie ihr grünes Tuch hervor, mit welchem sie manchmal ihre Haare bändigt, und verbindet sich die Augen.

„Die Stadt macht blind.“ Seufzst sie. „Es bedarf der Erinnerung an das Wahrhaftige.“

Erst vorsichtig, dann immer sicherer, wählt sie ihren Weg durch das Dickicht. Dabei meidet sie bewusst die Wildwechsel der heimischen Tierwelt. Elfenbein und Grojesh folgen ihr stumm. Adaque hat es sich auf ihrer Schulter bequem gemacht und zupft an seinem Gefieder. Sie gingen lange, ehe sie zufrieden ist und auf einer kleinen Lichtung halt macht. Sorgfältig sucht sie die Gegend ab. Nichts, wirklich nichts, bleibt ihrem Blick verborgen. Alles erstrahlt für sie in reinem blau und rot. Kein dämonisches lila und kein schwarz des Vortex verunreinigt diesen Ort. Ein wenig fühlt sie selbst sich etwas fremd, denn sie weist außer dem ureigenem rot an gewissen Stellen gelb und weiß auf. Aber ein Blick auf Elfenbein genügt, um sie mild zu stimmen.

Was gibt es reineres als das weiß der Götter? Wir haben jedes Recht hier zu sein. Wobei … wo Licht ist, ist auch Schatten. Das Chaos wird vielleicht von der göttlichen Ordnung angezogen … nein.

Sie schüttelt den Kopft, um diese Gedanken ebenfalls abzuschütteln. Sie ist heute aus einem anderen Grund hier. Sie möchte nachdenken. Und zwar über die Wahl zum Greifenreiter. Sie ist überzeugt davon, dass die Menschen ihren eigenen Weg gehen müssen. Zum Guten oder zum Bösen.

Man muss sie ihre Entscheidung treffen lassen. Ein jeder hat und verdient eine Chance. Vielleicht auch eine Zweite. Und trifft ein Mensch die falsche Entscheidung muss er auch die Konsequenzen tragen. Alles hat Konsequenzen. Auch mein Aufenthalt hier? Vielleicht wird dieser idyllische durch uns Ort entweiht.

Erneut schüttelt sie den Kopf. Sie lacht.

Welch ein absurder Gedanke. Wir sind die Natur.

Plötzlich knackt es neben ihr laut im Gebüsch. Grojesh betritt ebenfalls die Lichtung. In seinen riesigen Händen hält er die Früchte des späten Frühlings für sie bereit.

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Azinas Gedanken

die Kraft des Geistes oder des Willens

In den letzten Tagen verweilt Azina viel in ihren Gedanken. Nachdem die Feste gefallen ist und Galotta besiegt, räumen sie die Trümmer des Reiches fort und beschäftigen sich mit allerlei Dingen, die jedoch nicht ihre volle Aufmerksamkeit erlangen. Selbst die Aufdeckung des Paktierers konnte sie nicht dauerhaft von den Sorgen um ihre Situation ablenken Einzig dem Gefäß der Seelen, dem verhängnisvollen Henkersbeil, richtet sie ihren scharfen Blick. Und doch treibt sie etwas anderes um.

Wie viel Kraft benötigen wir im Kampf gegen den Vortex? Und wie viel vermögen uns die Götter zu geben? Nehazet ist überzeugt davon, dass wir unsere gegebenen Fähigkeiten trainieren können. Sie abrufen können, wann immer wir es wünschen. Als würden sie von einem selbst stammen. Das mag wohl in seiner Magietheorie funktionieren. Er birgt große astrale Kraft. Doch die karmale Kraft stammt doch von den Göttern. So funktioniert doch die Macht der Geweihten. Nun muss ich immer wieder an dieses Zwischenwesen denken. Es behauptete, wir seien mehr als die Geweihten. Was meint es damit?

Warum wurden wir auserwählt? Was ist unsere Bestimmung? Warum können wir fallen? Und warum ist es so wichtig, dass wir es nicht tun? Tragen wir selbst eine Art Kraft in uns die wichtig für unsere Spähre ist? Oder gab uns jemand diese Kraft den Frieden zu stören*. Und wer gab uns diese Kraft? Die Götter selbst, die Hoffnung in uns setzen? Oder gab sie uns der Feind, der ebenfalls seine verdorbene Hoffnung in uns setzt? Reine Seelen verderben die Macht. Oder dergleichen. Sind wir des Guten oder des Schlechten Diener? Und welchen Einfluss haben wir auf unsere Bestimmung? Ach, alles ist so ungewiss.

Ich weiß nur, dass ich auf keinen Fall möchte, dass unsere Welt untergeht. Ja, sie hat auch ihre schlechten Seiten. Die Missgunst, der Neid, all das Töten und den Spott. Doch auf ihr befindet sich sehr viel Schönes und hier leben viele gute Menschen. Doch allein schon die fazinierende Natur ist es wert erhalten zu bleiben. Das kann ich mit Gewissheit sagen. Die Schöpfung ist großartig. Und diese schützen wir. Weise ist der Name unseres Ordens. Es umfasst alles sein.

Wie kann ich meinen Anteil an dem Schutz verbessern? Die anderen haben alle ihre herausragenden Eigenschaften. Sie verstehen sich in der Ordens- und der Armeeführung oder der Magie und des Wissens. Doch was kann ich? Ich weiß, wie man in der Wildnis überlebt. Hervorragend! Da muss doch mehr möglich sein. Denn noch ist Aventurien kein unwirtlicher Ort, sodass sich diese Fähigkeiten voll entfalten könnten. Nie soll es ein solcher werden. Wir streiten dafür, dass es nicht dazu kommt, dass meine Fähigkeiten des Überlebens in karger Umgebung einmal entscheidend für den Fortbestand unserer Sphäre sein werden.

Nehmen wir nun einmal an, die Kraft steckt in uns oder in unseren heiligen Gegenständen. Wo genau ist zunächst einerlei. Was braucht es, um diese Macht zu entfesseln? Gelassenheit? Mut? Wut? Oder Willenskraft, wie Nehazet sage würde. Den Willen etwas tun zu wollen und zu können. Als Garnan mich meine mächtigen Fähigkeiten, wie die zweite Sicht oder das Eisschild, lehrte, tat er dies, indem er mich meinen Geist auf auf die Umgebung einstimmen ließ. Mich ganz auf meine wahre Natur zu besinnen und meinen Geist der Umgebung anzupassen. Der Umgebung anpassen. Das war nur bei der Lehre zur Sicht. Ich musste die Umwelt ganz besonders wahrnehmen, sie in mich aufnehmen. Oder meinen Geist über alles hinaus ausdehnen. Je nachdem, was ich mit diesen Kräften tue, ich muss ich stets mehr als meine Gedanken darauf zu richten. Ich muss es mir nicht nur vorstellen, was ich tun möchte, ich muss auch eine Art Geisteskraft darauf richten. Das funktioniert zumindest bei der zweiten Sicht. Während des Gezeitensturmes funktionierte es über den starken Willen, als ich den Eisschild über mehrere Menschen zugleich legen konnte, ich wollte es unbedingt. Es scheint mir eine andere Art von Geisteskraft zu sein.

Danach habe ich es oft versucht, leider mit nur mäßigem oder keinem Erfolg. So auch bei der Axt des Henkers, die viele Seelen gefangen hält oder beim öffnen des Limbus, um Nehazet zu befreien. Vielleicht ist mein Wille auch einfach zu schwach. Weniger denken, mehr fokussieren oder fließen lassen. Ist Wille und Geist das gleiche? Was zeichnet Stärke aus? Und wie kann man sie trainieren? Muss sie hart und beständig werden können oder muss sie sich ganz der Sache hingeben, sie ausfüllen können? Beides ist beim Entstehen des Eises gegeben.

Ich werde von nun an viel öfter meditieren und meinen eigenen Weg zur Quelle der Kraft finden.

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Azinas Gedanken

*stammt
aus dem Buch, das ich gerade lese: Die Chroniken des Thomas Covenant

Landung in der Stadt des Lichts

Langsam gleitet der Greif hinunter in die gebeutelte Stadt des Lichts. Die fliegende Festung Kholok-Kai ist direkt über ihr abgestürzt. Überall liegen Trümmer herum. Einfache Menschen in Lumpen laufen Seite an Seite mit in Gewändern gekleidete Praiosdiener, um dem Chaos Herr zu werden. Ein Großteil jener Praiosdiener sinkt bei ihrem Anblick bzw. dem Anblick des Greifen ehrfürchtig auf die Knie, als sie von Obaran absteigen. Sanft liebkost sie noch einmal seinen gefiederten Hals. Sie kann ihm noch kurz danken, ehe er sich wieder in die Lüfte schwingt. Ergriffen blickt sie ihm nach. Als sie den Blick wieder nach unten richtet, bemerkt sie sogleich die kleine goldene Feder auf dem Boden. Lächelnd hebt sie sie auf und flechtet sie in ihr Haar. Gleich neben der Feder von Zeitenflug.

Bis zum nächsten Flug, Obaran.

Dann erst richtet sie ihren Blick auf die sich nunmehr versammelnde Geweihtenschaft, die sie Großteils andächtig anstarrt. Sie überblickt sie Runde und spricht zu allen mit klarer kräftiger Stimme:

„Menschen von Gareth,

ich bin Azina saba Belima, Ordensmeisterin des Schutzordens der Schöpfung und auserwählte Botin Firuns. Gemeinsam mit meinen Gefährten vom Schutzorden der Schöpfung töteten wir den Dämonenkaiser Gaius Cordovan Eslam Galotta! Mit seinem Tod, stürzte auch seine fliegende Festung Kholok-Kai ab. Bedauerlicherweise direkt über der Stadt des Lichts.“

Als dabei einige Menschen missgestimmt reagieren, setzt sie nach:

„Galotta war gerade im Begriff ganz Gareth zu zerstören, so wie er Wehrheim zerstört hat. Denn obwohl wir und ein großes mittelreichisches Heer uns dem endlosen Heerwurm auf dem Mythraelsfeld entgegenstellten und siegten – und obwohl wir den mehrgehörten Dämon, der die fliegende Festung verbarg, bannten – zerstörte die unheilige Magie des Dämonenkaisers das tapfere Wehrheim. Praios ehrte mich, als ich auf dem Greifen Obaran in die Schlacht gegen die fliegende Feste fliegen durfte! Bei Praios, verzagt nicht! Trauert um die Toten und feiert die vielen Überlebenden. Und ich weiß, dass ihr diese großartige Stadt wieder aufbauen werdet!“

Sofort belagern sie sie mit Fragen über ihr Erscheinen, dem Abstürzen der Festung und dem Flug auf dem Greifen. sie beantwortet alle Fragen so gut sie es kann. Bis schließlich der Bote des Lichts Hilberian Grimm von Greifenstein und vom Großen Fluss höchstselbst das Wort unwirsch an sie richtet, um von ihr notwendige Informationen zu erhalten. Zum Beispiel über Dexter Nemrodts Überleben.

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Azinas Landung in der Stadt des Lichts

Flug auf einem Greifen – ein Traum wird wahr

14. Peraine 1027 n. BF

Ein Licht blitzt vor dem Hintergrund der schwarzen fliegenden Festung auf. Diejenigen die auf dem Boden staunend nach oben blicken, können sehen, wie sich ein Greif aus der Feste Kholak-Kai befreit und anmutig einige Flügelschläge nach oben steigt, ehe er sich langsam in weiten Kreisen den Ruinen von Gareth nähert. So als würde er den Moment so lange wie möglich auskosten wollen. Auf seinen Rücken sitzen ein großer Trollzacker mit einem schlichten Holzspeer in der Pranke, ein riesiger weißer Wolf, der ängstlich den Boden herbeisehnt und eine kleine ganz in Leder und Fellen gekleidete junge Frau. Sie schlingt ihre Arme um den gefiedertes Hals vor ihr, während sie entrückt in die Ferne schaut. Die Freude, die ihrem Gesicht abzulesen ist, überstrahlt selbst das Leuchten des heiligen Greifen. Denn sie und ihre Gefährten in der Rettungskapsel haben gerade den Dämonenkaiser Gaius Cordovan Eslam Galotta besiegt und somit seine fliegende Festung über Gareth zum Abstürzen gebraucht. Doch die Gefühle für diesen Sieg lassen sich am ehesten mit ‚Erleichterung‘ beschreiben. Erleichterung, dass sie es überlebt haben. Und dass sie die finstere Macht zurückgeschlagen haben, die danach trachtete das Mittelreich zu vernichten und damit ganz Aventurien ins Chaos zu stürzen.

Die Freude jedoch, die die Botin Firuns bei diesem Flug empfindet, fußt auf jenem Wesen, das sich ihr so bereitwillig als Reittier anbot. Es war der Greif Obaran, dessen Seele sie vor kurzem in der Schwarzen Sichel vor der Schändung retteten. Er war der Hochherold der Praios-Kirche, der sie zurück nach Wehrheim in den Kampf gegen den unendlichen Heerwurm schickte. Er überlies ihnen Araschar, sein kostbares Greifenschwert. Mit ihm konnte letztlich der Leib Galottas in seinem eigenen Thronsaal hoch über den Wolken, noch mit der vergifteten Tasse Tee in der Hand, durchstoßen werden. Das Erstaunen über die plötzliche Wendung der Ereignisse wird noch eine Weile auf seinem leblosen Gesicht zu erkennen sein.

Die junge Tulamidin ist stolz. Stolz auf sie alle. Aber vor allem stolz auf sich selbst. Sie ist erneut über sich hinausgewachsen. Sie hat wie viele andere in der Schlacht vor Wehrheim tapfer gekämpft und viele untote Diener vernichtet. Sie hat dem Magnus Opus getrotzt: sie hat die peitschenden Winde mit der Macht ihres Willens und ihres Glaubens widerstanden und damit viele andere tapfere Kämpfer vor dem sicheren Tod bewahrt. Sie entwich den Feuerbällen und den Flammensäulen. Und sie entkam dem Auseinanderbrechen der Erde. Die Gargoyle, die die Überlebenden für die Versorgung der Lebensadern, der bereits weiterziehenden Festung einsammelten, vernichtete sie. Ihren unbeugsamen Willen sich allem Dämonischen zu widersetzen, belohnte Praois mit dem letzten Erscheinen von Obaran, der sie der Festung hinterhertrug, damit sie ihren Gefährten im Kampf gegen Galotta beistehen konnte.

Es ist nun ein berauschendes Gefühl so hoch oben zu fliegen. So kurzzeitig befreit von aller Last zu sein. Sie kann gar nicht genug davon bekommen, wie der Wind ihre schwarzen Haare wild umherfliegen lässt und ihr eiskalt unter die Lederrüstung zieht. Doch das macht ihr nichts aus. Sie genießt die unendliche Freiheit dieses göttlichen Augenblicks. Neben ihr – nur 50 Schritt entfernt – stürzt die siebengezackte Feste Kholok-Kai unaufhaltbar in die Tiefe. Unvermittelt lässt ein spitzer Schrei, neben ihr, sie herumschnellen. Adaque, ihr treuer Falke fliegt an ihrer Seite. Lachend krault sie im Flug seinen Bauch. Eine letzte Firunsbrise aus dem Norden scheint ihr mitzuteilen: Gut gemacht, meine Auserwählte.

Und auch Praois, der himmlische Richter, scheint zufrieden mit ihr zu sein. Sie badet in seinem Licht. Sie streckt die Arme weit von sich; den Runenspeer in ihrer Rechten. Und sie schreit ihre Gefühle in die weite Welt hinaus.

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Azinas Triumphflug

Kampf vor Wehrheim

14. Peraine 1027 n. BF

Razzazor fliegt gen Rahja. Geschlagen. Zumindest vorerst. Er schwor blutige Rache. Einen Götterlauf gab er dem Leben Zeit, ehe er wiederkehren und alles vernichten wird. Azina nahm sich einen Augenblick Zeit ihm nachzuschauen. Trotzt der mentalen Macht, die der Heptarch auf sie niederdrückt. Als der schwarze Knochendrache die fliegende Festung passiert, bleibt Azinas Blick an dessen Unterseite hängen, wo noch vor wenigen Stunden ein roter Lichtstrahl die Erde berühte. Das Licht der Liebe. Das Licht der Rahja.

Was Delia wohl durchmachen wird? In Bothors Traum kämpft sie dort oben ganz allein in einem dunklen Kerker um das Leben Kalkaribs. Nicht, dass ich Kalkarib eine Träne nachweinen würde. Aber Delia liebt ihn nun einmal. Und trotz aller Pein schafft sie es dennoch uns allen hier unten auf dem schrecklichen Schlachtfeld eine mentale Botschaft mit einem Lichtstrahl der Liebe Rahjas zu schicken. Er durchbrach die Wolke. Er durchbrach Rahastes! Was mag sie das gekostet haben? Nun ist es an uns, zu ihr zu gelangen und sie beide zu retten. Doch wie? Noch schwebt Rahastes nach wie vor am Himmel und verbirgt die Stadt. Noch ahnen die tapferen Verteidiger nicht, was sie erwarten wird. Ich kann nur hoffen, dass viele Menschen in den Heimen Travias Zuflucht finden. Doch was ist mit den mutigen Seelen um uns herum? Wer wird sie retten, die so tapfer für andere streiten? Die stetig und mit dem Mut der Verzweiflung die ganze unheilige Verderbnis immer wieder und wieder abwehren. Sie widerstehen unsagbarem Schrecken. Der Fäulnisgeruch macht einem das Atmen schwer. Und wenn der Nebenmann sich plötzlich umdreht und im Wahnsinn die eigenen Leute abschlachtet, frage ich mich, warum sie nicht alle schreiend davonlaufen.

Ich fürchte niemand kann sie retten. Und uns auch nicht. Wir spielen hier nur eine kleine Rolle und hoffen, dass die Götter uns gnädig sind. Rondrasil Löwenbrand, der Heermeister der Rondra, erhielt diese Gnade offenbar nicht. Er ist gefallen durch den „König der Untoten“. Dieser riss ihm einfach das Herz aus der Brust. Doch Sieghelm hat diesen ‚König‘ vernichtet. Kurz darauf ist dann Razzasor gelandet. Direkt vor uns. Sieghelm sackte sofort zu Boden. Als stärksten Kämpfer wird der Drache ihn … SIEGHELM!

Es kommt Bewegung in die Botin Firuns. Rasch begibt sie sich zu ihrem Ordensgroßmeister und überprüft seine Vitalfunktionen.

Er ist nur ohnmächtig. Rondra sei Dank. Sie hält ihre schützende Hand über ihn. Eine starke Macht muss ihn niedergerungen haben. Sonst hätte er nicht den Kampf gegen Razzazor gescheut, den nun Jane, Bothor und … BOTHOR!

„Passt auf ihn auf.“ Herrscht sie im Vorbeigehen einige Männer an, die immer noch erleichtert dem fliehenden Drachen nachglotzen. Sie eilt an Bothors Seite. Sein Zustand lässt keinen Zweifel daran bestehen, dass er dringend einen Heiltrank von Nehaezt braucht. Behutsam flößt sie ihm einen solchen ein. Erst danach beginnt sie mit der Untersuchung.

Um dich steht es schlecht mein Freund. Ich sah, wie der Schwanz dich traf. Ein gewaltiger Hieb. Ein Wunder, dass du noch lebst. Du standest direkt vor seinen Krallen und hast auf seinen Kiefer eingeschlagen. Und ich wagte mich kaum in die Nähe des Drachen. Wie tollkühn kann ein Mann sein? Oder wie dumm? Sie unterdrückt ihre Tränen und verbindet behelfsmäßig seine schlimmsten Verletzungen und richtet seine Knochen, auf dass der Heiltrank sein Übriges täte. Noch bei Bothor knieend krault sie Elfenbein hinter den Ohren. Sein dreckverschmiertes Maul lässt ihn gräulich aussehen. Sie legt ihren Kopf in den Nacken und blickt erneut dem fliehenden Drachen nach. Er ist nicht mehr zu sehen.

Wir haben gegen Razzazor, den schwarzen Knochendrachen, gekämpft und haben es überlebt …

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Azinas Gedanken

Bestimmung

14. Peraine 1027 n. BF

Der gute Bothor spricht weise Worte. Worte geformt mit vielen Jahren Erfahrung. Er versteht es, einem Mut zu machen – Wir sind Helden. Wir sind Erwählte. Wir sind mächtig. Mächtig durch die Gaben, die uns unsere Götter gaben – Vertrauen wir also auf sie. Auf, dass sie uns unseren Weg weisen. Selbst wenn wir es in unserer Schlichtheit nicht bemerken.

Ich reite hier mit einigen tapferen Recken dem Heerwurm entgegen. Wagen uns nah an seine Ausläufer heran. Fast schon können wir mit einem Speerwurf die ersten Plagen unschädlich machen. Und doch halten wir uns zurück. Unsere Aufgabe ist zunächst das Spähen. Nichts weiter. Wir würden vernichtet, sollten wir uns aus der Deckung wagen. Denn auch der Himmel ist nicht unser. Praios‘ Antlitz ist hier nicht allgegenwärtig.

Wenn es denn an der Zeit ist, frage ich mich, wo mein Platz in dieser Schlacht sesin wird? Soll ich weiter in sicherer Entfernung um das feindliche Heer herumreiten? Auf meiner bisherigen Reise seit meinem Aufbruch aus Aranien vor gut vier Götterläufen, kämpfte ich lediglich in kleineren Gefechten. Kein Vergleich zu dieser Masse an Feinden vor uns. Schrecken an Schrecken. Unzählige giftmäulige Ghule, wie ich auf Hochstieg lediglich einen einzigen hinter Gittern tötete. Hunderte halb verfaulte wandelnde Leichname. Klappernde Skelette mit tiefen leeren Augenhöhlen. Doch auch ein paar Menschen befinden sich im Gefolge des Grauens. Jene zumindest weiß ich zu verletzen. Kopf und Herz sind ihre Schwachpunkte. Doch wie tötet man etwas, das bereits tot ist? Muss man sie in Stücke hacken, bis sie endlich ihre letzte Ruhe finden?

Ich kämpfe nicht in geordneten Reihen oder in wilder Meute an der Front. Nein, mein Schlachtfeld ist ein Anderes. Kein Klappern der Schilde. Kein Gestampfe auf dem Feld. Nein. Meine Bestimmung ist die Jagd! Nicht nur Hirsch oder Bär. Auch Träume von Erfolg und Wahnsinn.

Sogar eine solche Armee birgt empfindliche Ziele. Wer beschwört und kontrolliert Rahastes und all jene willenlosen Diener? Wer? Wo sind jene Magier, die der Feldmarschall erwähnte? Dort vorne, in der Mitte des Heeres, steigt verdächtiger Rauch auf. Rauch, der die Wolke nährt. Dort scheint mein Ziel zu sein. Nur wie dort herankommen? Wie empfindlich sind diese widernatürlichen Kreaturen wirklich? Vermag mein Speer wirklich jene Wunder vollbringen, von denen Bothor so schwärmte?

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Azinas Gedanken

Eine neue Richtung

Da haben mir dieser Hund und dieser Wolf doch tatsächlich einen Streich gespielt! Ich habe ob der jüngsten Vorkommnisse scheinbar geschlafen wie ein Fels. Was als Jägerin eigentlich tödlich ist. Wachsamkeit ist das Gebot der Stunde. Immer und zu jeder Zeit. Umso erschreckender ist, dass ich nicht bemerkt habe, dass mir Elfenbein die abgeschlagene Kralle des Greifen wieder zurück brachte. Im ersten Moment dachte ich an göttliches Wirken. An einen Hinweis, dass der mir vorschwebende Weg der Richtige ist. Mit welcher Arroganz ich manchmal gesegnet bin. Ich habe tatsächlich göttliches Wirken in den Transport einer Jagdtrophäe gesehen. Azina schüttelt den Kopf. Wie lächerlich. Wie kämen Firun oder gar Praios dazu? Am Ende war es lediglich Elfenbein … aber ist er nicht auch göttlich? Ist es vielleicht doch ein Zeichen? … Verstohlen linst sie aus den Augenwinkeln zu „ihrem“ schneeweißen Wolf hinüber.

Wobei … eine Jagdtrophäe ist die Kralle ja nicht. Ich behielt die Kralle und einige Federn nur, weil Nehazet meinte, sie können noch nützlich sein bei der Errettung der anderen Greifen. Dank des Tempels in Katay wissen wir vermutlich, dass es hier in der Gegend acht Greifen gab. Das Licht von fünf der Statuetten ist bereits erloschen. Einem wurde letzte Nacht vor unseren Augen die Seele von einer Sphinx entzogen, weil ich ein Rätsel nicht beantworten konnte. Es war ein gar schrecklicher Anblick wie auch er in sich zusammenfiel und schließlich explodierte. Das Rätsel aber war so schwer nicht. Jane wusste es auf Anhieb. Nur ich nicht. (und Sieghelm auch nicht).

Sieghelm hat noch zu verhindern versucht, dass ich antworte. Vielleicht in der Hoffnung, dass die Sphinx von ihrem Opfer abließe, wenn die Antwort aufgeschoben wird. Aber irgendetwas in der Stimme der Schimäre sagte mir, dass eine gegebene Antwort zumindest eine Chance auf Rettung darstellte, während keine Antwort den Tod als Gewissheit hätte. Ich hätte mir meine Feigheit nicht verziehen. Und noch hatte ich keine gewirkte Magie in meine Richtung gesehen. Lieber hätten wir die Sphinx bei einer falschen Antwort bekämpft und wären bei dem Versuch gestorben, als mit der Schande der Untätigkeit zu leben. Das wäre einer Erwählten nicht würdig.

Erwählten … was mag das wirklich bedeuten? Könnte dieses Zwischenwesen … Azina spuckt gedanklich auf den Boden aus … am Ende doch Recht haben? Ist uns die Weihe nicht gegeben? Einige von uns haben ja schon besondere Kräfte und Fähigkeiten, die über normale Menschen hinausgehen. Sie sind auch anders als die Gaben der Geweihten. Und sie werden offenbar von Gottes Gnaden stärker. Nur wo entspringt der Macht Quelle? Von den Göttern? Aus uns selbst? Oder aus den Gegenständen? Und welche Rolle spielen die Amulette? Sie waren von Beginn an da. Uns zeichnend. Ohne Erklärung. Ohne Bedeutung? Wir können sie nicht wirklich fortgeben. Sie sind an uns gebunden. Und sie strahlen in göttlichem Weiß.

Gestern Abend hat mich Nahazet auf interessante Gedanken gebracht. Wir haben meine Fähigkeiten der zweiten Sicht trainiert. Experimentell versuchten wir herauszufinden, ob ich vielleicht Schatten oder Spuren vergangener Präsenzen entdecken kann. Leider war dies nicht der Fall. Dennoch könnte es aber ein Weg zum Ziel sein: Training der gegebenen Fähigkeiten.

Wie viel stärker wir wohl noch werden (müssen), um dem Gegner trotzen zu können?

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Azinas Gedanken

Den Göttern gefällig

8. Peraine 1027 n. BF

Gemächlich schreitet Mhanach voran. Ein Glied in der Kette der Gefährten, die sich durch das karg bewaldete Gebiet östlich der schwarzen Sichel bewegt. Auf ihm sitzt die Botin Firuns tief in Gedanken versunken.

Das war sie also. Meine erste Begegnung mit einem Firungeweihten. Er konnte mir nicht helfen. Er hatte offenbar noch kaum Erfahrung. Stattdessen schickt er mich in eine sogenannte Schwitzhütte zur Meditation. Hitze statt Kälte, um Firun nahe zu sein …

Dennoch schweiften meine Gedanken rasch weit weg. Zu einer schneebedeckten kargen Ebene. Es war jedoch nicht kalt. Nicht einmal als ich meine Stiefel auszog. Es zeichnete sich keine Erhebung ab. Eine sehr geordnete Leere. Nur in der Ferne war ein kleiner Wald zu sehen. Doch außer der kleinen Jagdhütte fand sich kein Leben in diesem Wald, keine Spur zeichnete sich ab, nicht ein einziger Hinweis. Im Innern der Hütte hielt sich ein Wesen in Gestalt eines alten Mannes auf, welches sich selbst als Zwischenwesen bezeichnete. Als ein Weisen zwischen Alveranier und Jenseitigem. Als ein Wesen des Ausgleichs.

Er wusste von meinem Wunsch die Weihe Firuns zu erfahren. Er wusste überhaupt alles von uns. Er offenbarte mir, dass ich ja bereits von Firun erwählt sei und ihm daher nicht näher zu kommen ‚brauche‘. Firungeweihte im Allgemeinen schauen zu mir auf, wie die Geschichte im Holz des Tempels bezeuge. Eine Weihe sei für meine Aufgabe daher nicht vorgesehen.

Nein! Bei des Ebers Hauer, das ist nicht wahr!

Ich wollte mit einem Abgesandten Firuns sprechen und nicht mit diesem Wesen, welches mich arglistig zu täuschen versucht. Niemals hätte mich Firun oder einer seiner Abgesandten einfach so empfangen, ohne mich schon auf dem Weg dorthin mit Kälte und Verzicht zu prüfen. Und wie kann es einen Wald ohne Leben geben? Das wäre das Ende allen Seins. Das wäre das Reich Nagrachs! Elender! Steht der Firungeweihte in Gallys bereits unter dämonischem Einfluss? Erstreckt sich die Macht der Schwarzen Lande bereits bis hier? Ich habe das nicht überprüft! Welch eine Schande! Ich war zu sehr mit mir selbst und meinen Gedanken beschäftigt.

Wie oft habe ich versucht Kontakt mit Firun aufzunehmen? Ihn gebeten mir zu weisen was ich tun soll? Bin ich seiner Gegenwart unwürdig oder fordert er von mir Selbstbestimmtheit? Scheinbar von den Göttern verlassen, streiten wir für sie. Oder ist es ihnen vielleicht nicht möglich mit uns direkten Kontakt aufzunehmen? Das passt ja alles gut zusammen. Und jetzt soll ich einfach zulassen, dass ein „Wesen des Ausgleichs“ Zweifel in mir säht? Nicht mit mir!

Man kann seinem Gott nicht nah genug sein! Alle Menschen streben danach. Ich wiederstehe der Versuchung. Ich werde nicht von meinem Ziel ablassen. Nein! Jenseitiger Alveraner! Nein! Fahr in die Niederhöllen oder noch weiter weg! Das war nur ein weiterer Versuch einen Anker zu fällen. Doch ich bleibe standhaft!

Wenn der Zeitpunkt gekommen ist, wird Firun mich weihen! Ich finde einen anderen Geweihten, der mir hilft. Oder auch nicht. Dann eben ohne Priester! Nehazet hat mir versprochen, dass wir nach Norden in die Eiswüste ziehen. Tun wir das! Dort werde ich Firun persönlich seinen Speer zu Füßen legen. Kälte und Hunger können mich nicht aufhalten. Und Hitze ist ja wohl ein schlechter Scherz.

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Kurz darauf kämpft die Gruppe gegen einen dämonisch beeinflussten Greifen. Azina sprang auf seinen Rücken und versuchte ihn am Weiterkämpfen zu hindern, als Sieghelm ihm mit einem gewaltigen Streich den Bauch aufschlitzt. Sie wurde zwei Mal schwer von reiner göttlicher Energie getroffen und kann sich nun kaum noch auf den Beinen halten.

Das … war … heftig. Ich fühle mich ganz schwach. Dieser Greif ist ja beim Sterben explodiert. Ich trage keine sichtbaren Wunden davon. Es ist, als ob mich sämtliche Energie verlassen hat. Aber ich nehme keinen Heiltrank. Das fühlt sich falsch an. Ich bin getroffen von göttlicher Energie, das muss mein Körper von allein schaffen.

Nehazet meinte, ich solle die abgeschlagene Kralle sowie einige Federn behalten. Sie seien unempfindlich gegen Magie und können diese beeinträchtigen.

Wir töteten ein göttliches Wesen. Ja, er hat uns angegriffen und ja, wir mussten uns verteidigen. Aber ich bin mir sicher, dass Nehazet eine Möglichkeit gefunden hätte, ihn von seiner dämonischen Beeinflussung zu befreien. Immerhin hat diese Beeinflussung auch Einzug in seinen Kopf gefunden. Und Nehazet findet immer eine Lösung. Wir hätten ihn vereint niederringen können. Dann hätte Nehazet genügend Zeit für die Heilung gehabt. Aber kaum erholte sich Sieghelm von seiner Blendung, hat er nichts Besseres zu tun, als ihn zu töten. Da nützt auch sein Gebet an Praios wenig. Das war voreilig.

Ich trauere um diese göttliche Existenz. Ich erinnere mich wie strahlend schön der Herold in Gareth aussah. Auf diesem armen verwirrten Greifen konnte ich nur einen kurzen Blick werfen, ehe er völlig ausrastete. Zumindest wissen wir nun wahrhaftig, womit wir es zu tun haben. Die Greifen der schwarzen Sichel werden pervertiert. Sein Opfer darf nicht umsonst gewesen sein. Nehazet muss einen Weg finden sie zu heilen. Denn wir können doch unmöglich alle befallenden Greifen schlachten. Vielleicht helfen uns hier wirklich seine wenigen Überreste weiter.

Bitte verzeihe uns diese Sünde. Wir tun es für die anderen Greifen, auf dass ihnen das zugedachte Schicksal erspart bleibe.

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Azinas Gedanken

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