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Monatsarchive: Juli 2019

Teil X – Schicksal (2)

Marschall
Gneisor Geldwin
von Ochsenstolz

Am höchsten Punkt der Festung

„Du verschandelst dir dein schickes Kleidchen“, spottete Vidkun mit Branganes Stimme. Seine Lippen formten ein hämischen Grinsen, als er mit der Spitze des Anderthalbhänders auf die linke Seite von Sara’kiin zeigte. Noch immer trat eine dicke schwarze Flüssigkeit aus, Vidkun hatte sie schwer verletzt, doch sein tödlicher Stich wurde von irgendetwas in ihrem Innern vom Herz abgelenkt. Die Limbusverschlingerin zeigte keine Regung auf Vidkuns Versuch, sie zu provozieren. Sie hob die linke Hand, welche begann in Gänze blau zu leuchten. Vidkun, der noch immer die Gestalt von Brangane hatte, wusste, dass nun der Zeitpunkt gekommen war, zum Angriff über zu gehen. Er stieß sich auf den Hacken ab und mit dem Schwert voran eilte er auf sie zu. Sara’kiin machte mit der linken Hand eine Bewegung, die man nur als ‚Ausschütteln‘ bezeichnen konnte. Mit voneinander abgespreizten Fingern schüttelte sie ihre blau lumineszierende Hand aus, von der sich fünf fingergroße spitze und eisige Zapfen lösten und in Richtung Vidkun schossen. Dieser hob jedoch das Schwert, so dass drei der Zapfen gegen die Klinge und die Parierstange prasselten, doch zwei gingen durch, einer flog nur knapp an seiner Schulter vorbei, doch der fünfte traf ihn in die linke Schulter. Vidkun nahm Schwung und hieb zu. Die Klinge knallte auf den Stab und schabte an ihm entlang. Sara’kiin drehte sich um die eigene Achse, nutze den aufgenommenen Schwung und ließ den Stab rotieren. Vom abgelenkten Schlag aus dem Gleichgewicht gebracht, richtete sich Vidkun neu aus. Sara’kiins Stab surrte horizontal durch die Luft und schepperte auf seinen linken Rippenbogen, so stark, dass der Brustharnisch zerbeulte. Im gleichen Moment schlug Vidkun erneut zu, das Schwert ging auf ihr nieder und als sie sich erneut wegdrehte, spritzten schwarze Tropfen ihren Bluts umher. Sara’kiin erwartete einen weiteren Schwerthieb, doch im letzten Moment verlagerte Vidkun das Gewicht des Schwertes und schlug aus kurzer Distanz mit der Parierstange nach ihr. Die Stange traf sie am Kopf, ee klonkte metallisch, wie bei einer kleinen Glocke und sie taumelte nach hinten. Vidkun setzte nach, verwandelte in Windeleile sein Anderthalbhänder wieder in einen kurzen schmalen Dolch und suchte die verwundbare Stelle. Er überbrückte die Distanz mit einem beherzten Sprung und stach zu. Er traf, doch nicht das was er wollte. Im letzten Moment hatte Sara’kiin sich wieder gefangen und mit ihrem Stab lenkte sie die Klinge ab. Die Spitze zerschnitt ihr die rechte Brust und wieder einen Teil ihrer Kleidung. Dicke Tropfen schwarzen Blutes schossen Vidkun ins Gesicht. Er blinzelte und für einen kurzen Moment wurde er blind, er wusste, dass er sie verfehlte hatte und musste wieder Distanz gewinnen. Sara’kiin schlug mit ihrer Faust gegen den blauen Zapfen, der in seiner Schulter steckte und trieb diesen damit noch tiefer in ihn hinein. Ein lauter Schmerzensschrei erklang aus Branganes Mund, der keineswegs weiblich, sondern viel dunkler und rauer klang. Denn es war Vidkun, der dort von einer Schmerzenswelle erfasst wurde. Sara’kiin verschwendete keinen Moment, sie nutze Vidkuns schwachen Moment aus und richtete ihre Hand wieder Trichterförmig auf ihn aus, welche dann begann blau zu glimmen. Vidkuns Körper löste sich erneut vom Boden. Wissend darum, was geschehen würde, verwandelte er seinen kurzen Dolch in eine lange Klinge und schlug damit seitwärts ungezielt vor sich umher. Die Spitze des Anderthalbhänders verfehlte Sara’kiin dabei nur knapp. Gepackt von Sara’kiins Schwerelosigkeitszauber, würde er nichts ausrichten können. „Du verdammtes Biest!“, keuchte seine düstere und hohl klingende Stimme, da er seine Kraft nun nicht mehr dafür aufwandte die perfekte Illusion von Brangane aufrecht zu halten. Tief in seiner linken Schulter steckte der blau leuchtende Zapfen, von ihm ausgehend zogen sich schwarze Adern wie dunkle Wurzeln über seinen Körper, dabei machten sie zwischen Kleidung, Haut und Rüstung keinen Unterschied, denn auf magischer Ebene betrachtet, war es eh alles Vidkuns Körper.

Vidkun vernahm wieder ein metallisches Scheppern, er spürte wie der Schwerelosigkeitszauber von ihm abfiel und er erneut zu Boden stürzte, doch dieses Mal nicht so hoch wie bei letzten Mal. Trotzdem schlug er mit einer großen Wucht auf den hölzernen Planken auf, so dass es laut krachte. Als er die Augen öffnete, landete neben ihm ein verbeulter Pfeil. Ein kurzes Lächeln flog über seine Lippen. Diese Bogenschützin war wahrlich ein Segen für ihn, weshalb er beschloss, sie später zu verschonen. Als er die Augen hob, war Sara’kiin mit dem Rücken zu ihm gewandt. Der Pfeil musste sie mehr ins Strauchelt gebracht haben, als er zuerst annahm. Doch das Geschenk nahm er gerne an. Der Anderthalbhänder verwandelte sich wieder in den kurzen Dolch, als sich Vidkun aufrichtete, um sie von hinten zu überraschen. Da tauchte eine lange Klinge über Sara’kiins Kopf auf und schlug mit großer Gewalt in ihrer Schulter ein. Ein männlicher Kampfschrei dröhnte über den Burgfried und hinter Sara’kiin kamen Gneisor und Ingmar zum Vorschein. Vidkun verlor keine Zeit darüber nachzudenken, wie bei Amazeroths Willen es der angeschlagene Krieger doch hier hoch geschafft hatte. Mit einem Satz schoss Vidkun nach vorne und presste sich dicht hinten an Sara’kiins Körper. Mit der Klinge in der linken Hand stach er erneut unter ihrem Rippenbogen zu, er suchte einen Weg zu ihrem Herzen. Vidkun lenkte und drückte das Heft der Klinge gleichzeitig, während sich die schmale Klinge durch ihr Inneres bohrte. Die Spitze traf die Stelle von der sie das letzte Mal abgelenkt wurde, doch dieses Mal war er vorbereitet und er drehte das Heft so, dass er daran vorbeikam. Da donnerte Gneisor Anderthalbhänder auf Sara’kiins Brust, ihr Körper wurde von der Wucht heruntergedrückt und zu Boden geschleudert. „NEIN!“ entfuhr es Vidkun wütend, als seine Klinge – kurz vor dem Ziel – aus ihr heraus rutschte. Sara’kiin fiel, doch sie fiel nicht zu Boden, sie verschwand darin, denn im Boden öffnete sich ein Spalt und verschluckte sie. Ehe die anderen reagieren konnten, war sie verschwunden. „Du Idiot!“, bellte Vidkun mit dunkler dämonischer Stimme dem Marschall zu, dem der Schweiß auf den Stirn stand. „Ich hatte sie fast, misch dich nicht ein du nutzloser Fleischhaufen!“, polterte er weiter, griff sich an den blauen Zapfen in seiner Schulter und riss ihn mit einem metallisch hohlen Schmerzenschrei aus sich heraus. Kaum hatte er ihn weggeschleudert, verging er sofort. „Gern geschehen“, antwortete Gneisor mit schwacher pfeifender Stimme und hustete sofort etwas Blut. Er hatte Mühe aufrecht zu stehen, die Klinge hielt er halbhoch mit einer Hand, denn sein anderer Arm war gebrochen und hing in einer improvisierten Schlaufe. Ingmar kam hinter seinem Herrn zum Vorschein, auch er war Kampfbereit, doch auch ihm stand der Schweiß auf der Stirn und er sah sich suchend um.

„Wo ist sie hin?“, fragte Ingmar. „Im Limbus, oder dem, was dem Limbus gleich kommt hier im Vortex. Keine Sorge, sie taucht gleicht wieder auf. Sie kann da nicht allzu lange bleiben.“ In Vidkuns metallischer Stimme lag Spott, als auch er sich zu den anderen begab. Instinktiv bildeten die drei einen Kampfkreis, bei dem sie die Rücken einander zu wandten. „Wie habt ihr den Fleischsack hier herauf geschafft? Da ist eine beschissene Leiter.“ „Ich habe mit den Kisten eine Treppe gebaut.“ Ingmars Antwort erstaunte Vidkun so sehr, dass er sich dieses Mal ein spottendes Kommentar verkniff. „Schluss jetzt!“, brüllte Gneisor pfeifend, der ob der lauten Stimme gleich wieder Blut hustete. „Wenn du das hier überlebst, könntest du in Vinsalt als Bühnenkünstler auftreten: Der Fleischsack mit der verschluckten Pfeife. Das wird ein riesen Erfolg!“ Stille folgte, trotz den bissigen Kommentars. Die Ruhe zerriss, als sie eine Explosion hörten. Sofort eilten alle zum Rand, um an den Zinnen herunter zu blicken. Sara’kiin schwebte in luftige Höhe und warf mehrere Zauber auf den Wehrturm direkt neben ihnen. Mit jedem Treffer explodierte erneut ein Teil von ihm. Steine flogen am Stück und zersplittert über dem ganzen Wehrhof. Der Turm, auf dem Tarnelius und Elfa waren, wurde von Sara’kiin in Kürze niedergerissen – von den beiden fehlte jede Spur.

Teil X – Schicksal (1)

Marschall
Gneisor Geldwin
von Ochsenstolz

Am höchsten Punkt der Festung

Hinter dem Studiosus öffnete sich ein schlanker Spalt. Der Spalt, dessen Öffnung wie ein länglicher aufrechter Mund mit schmalen Lippen aussah, knisterte vor entropischer Energie als sich die Lippen voneinander trennten. Der Spalt weitere sich und Sara’kiin die Limbusverschlingerin wurde aus den schmalen Vortexschlund ausgespuckt. Ihr schwarzweißes Gewand wallte dabei, als wäre es im ständigen Fluss, an Grazilität und Anmut hatte die ehemalige Eismagierin Saria Fuxfell bei ihrer finsteren Verwandlung kein bisschen eingebüßt. Direkt hinter ihr schloss sich der Schlund wieder, und binnen einen Lidschlags endete auch das entropische Knistern – der Spalt war verschwunden. Sara’kiin dreht anmutig ihren langen Stab wie eine Windmühle durch die Luft und mit einer flüssigen Bewegung traf ihr finaler Schwung Halrik von hinten gegen die rechte Schulter. Mit einer Wucht, als hätte ihn ein darpatischer Ochse im vollen Lauf von der Stelle gepflügt, flog er zur Seite und donnerte gegen die inneren Burgzinnen, wo er mit knackenden Knochen und zerplatzten Muskeln in einer abstrakten Haltung liegen blieb.
Sara’kiin und Matral standen sich nun direkt gegenüber. Sara’kiin ließ ihren Stab noch zwei mal rotieren und endete dann ruckartig in einer eleganten Haltung hinter ihrem Handgelenk. Matrals Kopf war in Richtung des Studiosus gedreht. Von seiner schlanken und kurzen Klinge tropfte noch immer dessen Blut auf das Holz. Aus irgendeinem Grund wandte er seinen Blick nicht von ihm ab. Im Innern des dunklen metallischen Helms, den Matral trug, waren keine Augen oder geschweige denn irgendeine Mimik zu sehen, die Aufschlüsse hätten geben können, über das, was im Kopf des gefallenen Ankers vorging. Sein Blick ruhte auf dem Jungen, der jedoch keineswegs mehr wie der junge Studiosus Halrik aussah. Seine gesamte Gestalt hatte sich seit seinem ersten Vortexzauber verwandelt. Seine Haut war aschfahl, überzogen von fingerdicken schwarzen Adern, sein Haar so dünn, dass es silbrig glänzte und seine Augen so groß und dunkel wie Obsidiansteine. Doch warum ruhte Matrals Blick auf seinem gebrochenen Körper? Empfand er eine abartige Version von Genugtuung? War es der prüfende Blick des Mörders auf sein Opfer, um sicher zu gehen, dass er auch wirklich tot war? Matrals Körper bewegte sich nicht von der Stelle, und doch drehte er sich im Innern der tiefschwarzen Kleidung. Sein Körper schien sich in Richtung Halrik zu wenden und loszueilen. Doch dann verharrte er in dem Bewegungsmoment. Es schien als hätte er instiktiv auf ihn zu eilen wollen, doch noch ehe er den ersten Schritt machen konnte, hielt er sich selbst an Ort und Stelle fest.

Plötzlich schepperte ein metallischer Ton über die oberste Stelle der Festung, gefolgt von einem unkontrolliert driftenden Pfeil, der über die Zinnen trudelte. Matrals Momentum unterbrach und sein Kopf wandte sich zum Ursprung des Geräusches. Vor ihm neigte sich Sara’kiin leicht zur Seite, eine kleine, kaum erkennbare glänzende Scharte war auf ihrem metallischen Zackenhelm zu sehen, der noch weiter abgeknickt war als der Rest ihres Körpers. Da surrte ein zweiter Pfeil heran und verfehlte sie nur knapp. Er schoss an ihr vorbei und flog ungehindert auf der anderen Seite wieder herab. Die Limbusverschlingerin fing sich und streckte sich wieder. In einer anmutigen Bewegung ließ sie ihren Stab um ihre eigene Körperachse rotieren und schwebte nur eine Handbreit über den Boden in die Richtung des Urspungs der Pfeile zum Rand der Zinnen gegenüber von Halrik.

„Wir haben wieder seine Aufmerksamkeit“, intonierte die glockenhelle Stimme der Bogenschützin Elfa, als sie ihren nächsten Pfeil auf die Sehne legte. Da sie nicht wusste, dass Sara’kiin ursprünglich eine ‚Sie‘ war, und mal davon abgesehen, dass man nicht weiß, ob es im Vortex so etwas wie Geschlechter gab, sah sie Sara’kiin weiterhin als ‚Er‘ an. Neben ihr stand der deutlich gezeichnete Infanterist Tarnelius mit einer breite Platzwunde über dem linken Auge. Auch er hielt einen Bogen in der Hand, doch seine kräftigen Finger hatten es schwerer, mit den filigranen Pfeilen zu hantieren, als die schmalen und flinken seiner Kameradin. „Scheiß Pfeile“, meckerte Tarn mit tiefer Stimme, da er Schwierigkeiten hatte, den Pfeil einzunocken. Elfas zweiter Pfeil surrte los. Die zwei hatten die Explosion überlebt, wenn auch beide sichtlich angeschlagen waren. Sie standen auf einem Wehrturm, der etwa fünf Schritt niedriger war, als der höchste Punkt der Festung, auf der sich die Jenseitigen befanden. Elfas zweiter Pfeil hätte, so er denn seine Flugbahn hätte fortsetzen können, erneut Sara’kiins Kopf getroffen, doch nur wenige Fingerbreit davor schlug er gegen ein blau aufglitzerndes Schild und trudelte dann zerbrochen hinab. Während die Bogenschützin ihren dritten Pfeil aus dem Köcher fischte, gelang es dem Infanteristen endlich seinen zweiten einzunocken. „Er ist wieder geschützt“, seufzte Elfa, setzte aber ihr Handeln unbeeindruckt fort. Sara’kiin streckte ihnen ihren Stab entgegen, an dessen Ende erneut eine blaue Kugel entstand. „Achtung!“, brüllte Tarn, als er begann auf sie zu zielen und sah, was sie vor hatte. Aufgrund des Winkels konnten Elfa und Tarnelius nur den Oberkörper der Magierin sehen, da der Rest hinter den Zinnen verborgen war. Hinter dem schwarzweißen Gewand tauchte eine weitere, sehr dunkle Gestalt auf, die ebenfalls wie ein Jenseitiger aussah: Matral.
Die blaue Kugel am Ende des Stabes löste sich von ihm und flog zügig auf Elfa und Tarnelius zu. „Jetzt!“, rief die Schützin. Tarn und sie machten einen kleinen Sprung und tauchten ins Innere des Turms hinab. Sie hatten die Luke offen gelassen und sich direkt hinter ihr gestellt, um rasch in Deckung gehen zu können. Über ihnen wurde für einen kurzen Moment alles in ein helles Blau gehüllt. Sie hörten, wie die Kugel über sie hinweg sauste, während beide eine Ebene tiefer im Wehrturm landeten und nach oben blickten. Die erwartete verheerende Detonation blieb aus. Fragend blickten sich beide einander an, doch dann ertönte sie, jedoch klang sie so, als wäre sie viel weiter weg und ihr Turm blieb, zu ihrer Überraschung, unbeschadet. Die Magierin musste sie schlichtweg verfehlt haben. „Daneben?!“, war Tarns kurzer Kommentar, in seiner Stimme lag sowohl Verwunderung, als auch Erleichterung. Elfa vergeudete keinen Moment, sprang an die Leiter und kletterte erneut nach oben. „Los, wieder hoch!“

Es machte ein metallisches Schaben, so als würde man mit einer scharfen Klinge über einen Wetzstein fahren, als Matral seine kurze und schlanke Klinge aus Sara’kiin heraus zog. Beim schwungvollen Ruck spritzte eine schwarze Flüssigkeit heraus und befleckte damit den weißen Teil ihres Gewands. Er nutzte das Überraschungsmoment und stach erneut zu, beim ersten Mal hatte er ihr den schmalen Dolch von hinten dort hinein getrieben, wo Menschen ihren unteren rechten Rippenbogen hatten. Doch sein Stich wurde in ihrem Innern von irgendetwas abgelenkt, eigentlich wollte er die Stelle treffen, wo Menschen ihr Herz hatten, doch stieß die Spitze des Dolchs gegen irgendetwas gegen und wurde somit abgelenkt. Dieses Mal veränderte er den Eintrittswinkel etwas, doch Sara’kiin bewegte sich so schnell und gleichwohl anmutig, dass seine Klinge sie gänzlich verfehlte und nur ihr Gewand zerschnitt. Sein metallischer Faustpanzer pochte nutzlos gegen ihre Flanke. Er sah die Bewegung des bereits in Rotation gebrachten Stabes zu spät kommen, er wollte sich noch ducken, doch traf er ihn von vorne gegen den Helm. Es schepperte laut, Matrals Kopf wurde nach hinten weggerissen und sein Körper folgte ihm. Er wurde mehrere Schritt durch die Luft geschleudert und ruderte mit seinen Armen, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Tatsächlich fing er sich und blieb mit kratzenden Stiefeln auf den Planken stehen. Sara’kiin, aus deren Flanke eine schwarze und ölige Flüssigkeit quoll, drehte sich zu ihm um. Erneut ließ sie den Stab in einer aberwitzigen Geschwindigkeit um ihren eigenen Körper rotieren, um dann schlagartig in einer Kampfbereiten Haltung zum Stillstand zu kommen.

Nachdem sich Matral gefangen hatte, änderte auch er seine Haltung. Er schob die linke Schulter und das linke Bein vor, drehte seinen Oberkörper ein und bot somit weniger Angriffsfläche. Seine Hände umschlossen beide das Heft des Dolchs und er hielt ihn so vor sich, als wäre es ein großes Schwert – was in Anbetracht der Tatsache, dass er einen kurzen Dolch in seinen Panzerhänden hielt, jedoch lächerlich aussah. Plötzlich schlug die dunkle und enge Kleidung von Matral so etwas ähnliches wie Blasen, zuerst waren es nur ganz wenige, doch innerhalb eines Lidschlags wurden es dutzende, und zwar auf seinem ganzen Körper, die gesamte Oberfläche und auch der kurze Dolch des gefallenen Ankers des Boron veränderte sich. Der kurze Dolch wuchs brodelnd an, wurde länger und massiger. Kontur, Farbe und Material verschwommen miteinander und verwandelten sich. Farben erschienen, das Metall wich einer menschlichen Hautoberfläche und unter dieser brodelnden Masse kam das sehnige Erscheinungsbild von Brangane aus Greifenfurt zum Vorschein. Als der Verwandlungprozess abgeschlossen war, stand sie in einer, für einen Kämpfer mit Anderhalbhänder, typischen Haltung dar. Ein verschmitztes Grinsen flog ihr über die Lippen. Sie trug wieder die für sie typische glänzende Plattenrüstung, den blauroten Wappenrock ihres Hauses und langes, zu einem strengen Zopf gebundenes, dunkelbraunes Haar. Mit Schalk in der Stimme sprach sie: „Überraschung.“

Branganes, oder vielmehr Vidkuns Artefakt verstärkte dem eines Quitslinga eigene Fähigkeit des Gestaltwandelns um ein vielfaches. Ein Quitslinga konnte zwar eine ihm beliebigen äußere Form annehmen, doch blieb sein Körper im Innern weiterhin eine zähflüssige Masse, die nur durch eine Veränderte Außenhaut in Form gehalten wurde. Trennte man Körperteile ab oder würde man ihn einer magischen Visitation unterziehen, würde man sein wahres Ich erkennen. Iribaars Spiegel gab ihm jedoch die Macht, jedem genau das zu zeigen, was er oder sie glauben und sehen wollte, bis in die absolute Perfektion. Es würde jeder Untersuchung standhalten, sowohl profan, magisch als auch klerikal, denn es veränderte nicht nur ihn, sondern die Wahrnehmung des Beobachters – in diesem Fall – sogar die der Jenseitigen. Iribaars Spiegel ließ ihn als den perfekten gefallenen Anker des Boron erscheinen, und das nicht nur äußerlich. Erst als Vidkun Sara’kiin den Dolch in die Seite stach, zerbrach die perfekte Illusion von Matral, wurde inkonsistent, denn kein Jenseitiger würde einen anderen Jenseitigen angreifen.

So standen sie sich nun Gegenüber: Sara’kiin, die Limbusverschlingerin, der gefallene Anker Hesindes und auf der anderen Seite Vidkun, der Auserwählte Amazeroths. Ein ungleiches Paar, die eine bewandert in der Magie und dazu fähig den Limbus ganz nach ihrem Belieben für ihre Zwecke zu nutzen, und der andere ein Wesen der Verhüllung, ein Meister der Täuschung und Tarnung, der die Wahrnehmung eines jeden Wesens nach seinen Wünschen beeinflussen konnte.

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