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3 Gruppe Greifenfurt

Die 12 Gebote des Arn

 

In ganz Greifenfurt, ist folgende „Anweisung“ ausgehangen, um der Bevölkerung zu helfen, sicher durch die Namenlosen Tage zu kommen:

  1. Erhebe dich bei Praiosaufgang mit dem rechten Beine, da du sonst das Unglück an den Hacken hast
  2. Zur waschung nehme nur die rechte Hand, denn mit der linken, verunreinigst du dich
  3. Wenn du dich hast gestoßen, klopfe zügig drei mal auf Holz, am besten von der Eiche, der Buche oder der Esche
  4. Begegnest du einer Elster, so sollst du sie mit „Zum Gruße, wie geht es eurem Gatten?“ grüßen, denn die Elster ist die Botin Travias.
  5. Stelle keine Taschen auf den Boden, denn sonst kriecht das böse hinein
  6. Erblickest du ein Weib oder eine Magd mit einer Lücke in der Zahnreihe, so lege die rechte Hand auf deine Brust und knirsche mit den Zähnen – auf dass du den Zahnlingen und Drudenköpfen zeigst, dass du keine Angst vor ihnen hast.
  7. Lasse keine angebissenen Arangen, Peraineäpfel oder andere Früchte angebissen herumstehen, denn dies ist Verschwendung, und Verschwendung lockt Dämonen an.
  8. Lasse kein Laib Brot falsch herum auf dem Tische liegen, denn es lockt den Namenlosen an
  9. Lasse keine Messer oder Klingen in dies Tagen schärfen, denn nichts darf geschnitten werden mit einer Unheil Klinge
  10. Lege oder stelle keine vier, denn die vier steckt drei Mal in der zwölfe und ist die 3 schon halbe zahl des Namenlosen
  11. Schüre das Feuer im Kamine nicht mehr als zwölf mal am Tage, denn sonst kehren Feuerlinge und Dämonen in dein Heim
  12. Bei jedem Verlassen deines Hauses, blickst du in eine spiegelnde Oberfläche und zeigest deinem eigen Spiegelbild die Zunge, denn nur so bist du gewiss, dass phexensens Schabernack noch bei dir ist, und dich kein Dämon kann beherrschen.

Die Geister die ich rief

Greifenfurt, 26.Phex 1012

Als Lumin bei Ardach und Rontja auf dem Platz der Sonne ihrem Disput, wie denn der Leichnam des Gehäuteten am besten zu entfernen sei, beiwohnte, hörte er ihnen schon kaum noch zu. Ihm schwirrte etwas ganz anderes im Kopf herum und legte seine Stirn in Falten. Ardach, der ab und an zu ihm hinüberschaute, deutete seine Miene wohl als nachdenklich, denn es unterbrach seinen Redeschwall nicht.

„So kommen wir nicht weiter, ich muss erst einmal etwas anderes erledigen.“ stahl Lumin sich von den beiden anderen, die es wohl nur am Rande bemerkten.  Er musste etwas tun. Er musste mit Charush reden, sie könnte ihm sicher helfen!

Auf dem Weg zurück zur Fuchshöhle fror er merklich. Der Wind fegte ihm durchs Haar und zerzauste seine wohl gekämmte Frisur, die Kälte kroch ihm in die Glieder wie Raureif, der sich auf einem Blatt ausbreitet. Er zog seinen Mantel etwas fester zu. Die Hitze, die er ohne Probleme imstande war, selbst zu erzeugen, half nur wenig. Die Sonne, die ihn nie störte, blendete ihn plötzlich und ließ ihn blinzeln, sodass er den heranrollenden Wagen erst zu spät bemerkte. „Pass doch auf, Holzkopf!“ Der Fahrer riss das Gespann herum, rammte ihn aber doch, sodass Lumin ein paar Meter weit geschleudert wurde und in eine Pfütze platschte. Die Welt um ihn herum verschwamm.  Als er wieder erwachte, wedelte der Fahrer des Wagens noch im Weiterfahren drohend mit der Faust, bis er hinter der nächsten Häuserecke verschwand. Der Halbelf rieb sich, noch in der Pfütze sitzend, die Hüfte. Hoffentlich nur eine Prellung, dachte er bei sich und erhob sich, in nun in ein teils bräunlich-feuchtes Gewand gehüllt und trottete, diesmal mehr auf seine Umgebung achtend, in Richtung Fuchshöhle.

Bu-ße! Bu-ße! Bu-ße! glaubte er im Tropfen des Wassers zu vernehmen. So ging das schon ein paar Stunden, seit Zerwas besiegt war. Er war schon seit seiner Zeit auf der Akademie imstande, aus dem Säuseln des Windes, dem Knistern des Feuers Gefühle, Stimmungen herauszudeuten. Doch so deutlich sprachen die Elemente noch nie zu ihm, noch nie konnte er ganze Worte, geschweige denn Sätze vernehmen. Dazu kam, dass die Elemente ihm irgendwie böse gestimmt zu sein schienen. Aber wieso?

He glda, Fleiglschlingl. Haglst dichgl wohlgl überglnommglen, Maglglierglein? Gluckerte es irgendwo zu seiner Linken. Er schaute sich um. Keine Menschenseele in der Nähe. In der Richtung, aus der er das gluckernde Geräusch vernahm, in einer Gasse, befand sich eine große Pfütze, in die die Reste des Regens durch eine undichte Dachrinne in kleinem Strahl hineinflossen. Er kam näher. Gllllotz nichtgl so! In den Wellen und dem aufgewühlten Schlamm und Dreck meinte er, ein Gesicht zu erkennen, das sich ständig veränderte und grimmig dreinschaute. Jagl, ichgl weiglß, wasgl dugl denglst. Viegleicht bingl-ich nurgl eingle Proglektion deingler Gledanglen, viegleicht binglich echglt? Eglal, ichgl glann dirgl glelfengl. Wie denn, wollte er gerade fragen, als ihm die Unfölrmige Gestalt die Frage bereits von den Lippen las. Wenngl dichgl jemangld vongl deinemgl Umglfeld entreiglen würglde, ingl eineglandeglere Eglene, glie würglest dugl gldas finglden? Glumal esgl niegl ausgl persögnlicher Noglt herglaus wargl! Dann knisterte und rauschte es neben ihm. Genau, meine Flamme, der Schlammwichtel hat recht. Charush, seine geliebte Charush materialisierte sich neben ihm. In der Realität. Bei hellerlichtem Tag. Er wusste nicht, ob er erschreckt oder erfreut sein sollte. Du hast ihrer Meinung nach zu oft Elementare ihrer natürlichen Ebene entrissen. Sie erwarten eine Gegenleistung, ein Opfer und ein Versprechen. Mehr darf ich dir dazu nicht sagen.  „Geht es euch gut? Sagt doch was!“ Etwas rüttelte ihm an der Schulter.

Er öffnete die Augen. Er lag offenbar immer noch in der Pfütze, halb an  eine Häuserwand gelehnt. Oh, wie ihm der Schädel brummte! „Bei den Zwölfen, ihr seid heile, Meister!“ Über ihm gebeugt war der Fahrer des Wagens. Sein Lächeln entblößte eine Reihe schwarzer Stumpen. Jetzt bemerkte er erst den fauligen Atem, der ihm seit einer Weile entgegen schlug. Vielleicht hatte der ihn ja aufwachen lassen. Bei dem Gedanken schmunzelte er. „Moment, soll ich euch aufhelfen, Meister? Oder schafft Ihr es allein? Oh das tut mir echt leid, wa? Aber scheint ja allet in Ordnung zu sein, wa?“ Beim letzten Satz konnte man, wäre man im Lesen von Mienen ein wenig geschult, was Lumin nicht war, eine Mischung aus Furcht und Hoffnung ablesen. „Nein danke, es geht schon. Habt dank für eure Sorge. Dem Wagen ist nichts passiert?“ Der Mann schien etwas verwirrt. „Oh nee, der is robust, keene Sorje, Meister. Hauptsache ihr seid unvasehrt. Wenn sonst weiter nischt is, mach ick mich wieda uffn Wech?“ „Jaja, alle in Ordnung.“ Eilig stieg der Mann wieder auf den Karren und ließ ihn vom Arbeitspferd von dannen ziehen. Nun weiß ich was zu tun ist!

Wieder in der Fuchshöhle bestellte er sich eine normale Schüssel, ein Rasiermesser und eine Schüssel Wasser aufs Zimmer. Er zog sich aus und stellte den Korb mit seiner Wäsche vor die Tür. Er kramte in seinem Rucksack und fand das Stück Leder mit dem eingebrannten Hexagramm und den Zeichen der Elemente, breitete es auf dem Boden aus. Er stellte die Schüsseln vor sich ab und wusch sich zunächst gründlich mit dem Wasser, darauf achtend dass möglichst viel davon wieder in der Schüssel landete, dann schor er sich die Haare mit dem Rasiermesser und legte sie in die zweite Schüssel. Er kniete sich auf das Leder. Die Haare entzündete er daraufhin. Als sie heruntergebrannt waren, nahm er die  Wasserschüssel und goss sie in kleinen Schlücken in die Schale mit den nunmehr verbrannten Haaren und sprach dabei: „Hiermit gelobe ich, nie wieder mehr als einmal im Mond ein Elementar seiner Ebene zu entreißen und dies nur zu tun, sollte unmittelbar Gefahr für mein Leib und Leben oder die elementare Ordnung und Schöpfung als ganzes bestehen und entschuldige mich für die Unordnung, die ich auf den Ebenen verursacht haben sollte! Bitte vergebt mir und akzeptiert mich wieder als einen, der den Elementen nicht gebietet, sondern ihnen zum Dienst verpflichtet ist!“ Als das letzte Wort gesprochen war und der letzte Tropfen in die Schüssel fiel, wurde das rußige Wasser klar und der Gestank von verbrannten Haaren verschwand aus der Luft. Merklich erleichtert atmete Lumin aus und ein Lächeln zauberte sich auf sein Gesicht.

Dokos-Eintrag vom 26. Phex 1012 BF

-was bisher geschah-

 

Am Morgen erreichte uns die Nachricht, dass Charaz-Gatai die Stadt verlassen hat. Zu unserer aller Überraschung zusammen mit Gamba. Das erleichterte uns einiges, haben wir doch einen Großteil der Planung damit verbracht uns zu überlegen, wie wir gegen ihn vorgehen können. aber die Konfrontation ist wohl eher nur aufgeschoben, statt aufgehoben.

Als letzte Handlung vor dem Aufstand beschlossen wir noch, den Rondra-Tempel beiseite zu schieben und uns darum erst zu kümmern, wenn die Stadt befreit wäre. Danach kehrte Ruhe ein im Peraine-Hain. Jeder bereitete sich auf seine Weise auf das vor, was kommen würde. Ich hielt Zwiesprache mit meinem Herrn, doch nicht er war es, der mir antwortet. Es war Scraan! So verwirrend die Drei-Götter-Konstellation war, so sehr lässt mich es hoffen, dass Scraan nicht Tod, sondern nur verschüttet ist. Ich weiß nicht, ob es für göttliche Zustände sterbliche Worte gibt… Seine Worte allerdings erschienen mir erschreckend bedeutungslos. Aber vielleicht sah er weiter, als ich bisher sehen konnte.

Über den Aufstand selber fällt es mir schwer etwas zu schreiben. Soweit ich hörte hat alles geklappt wie geplant und die Orks sind vernichtet. Ich hatte ganz andere Probleme: Ich übernahm das Läuten der Glocke im Rahja-Tempel, als auf dem Platz der Sonne Tumult ausbrach. Jedoch nicht nur wegen den Glocken, dem Amboss und der hellen Sonne am Himmel (zu Mitternacht), sondern wegen dem Vampyr, der sich im Himmel erhob. Anfangs fuhr er nur auf die Orks nieder, doch als seine Kinder in erschreckenden Massen auf den Platz strömten, um ihren Durst zu stillen, fürchtete ich um jede Menschenseele. Und so bot ich ihm die Stirn. Nur Dank der Gnade meines Herrn und der Hilfe meiner Freunde, denn das sind meine einstigen Gefährten für mich geworden, überlebte ich. Anders, als der Gehäutete. Er verging im Regen zu Asche, so wie seine Kinder. Nur Eines ließ er zurück: Das Henkersschwert. Und im Moment seines Todes spürte ich das Wesen beider. Ich schreibe es hier nicht nieder, denn nur das Vergessen hilft dagegen. Nachdem wir uns erholten – eine Feuerexplosion des Magiers hatte Sartassa und mich nahezu dahingerafft – und uns kurz des Sieges erfreuten, nahm ich das Schwert an mich und setzte mich in die dunklen Gassen Greifenfurts ab. Das Schwert befindet sich nun an einem – vorübergehend – sicheren Ort. Und niemand wird ihn von mir erfahren.

Jetzt sitz ich hier auf den Stufen des Rahja-Tempels und beobachte die Stadt, wie sie nicht weiß, ob sie schlafen oder leben soll. Zumindest wir sollten schlafen. Auf uns warten ab morgen genug Aufgaben.

Die Brut des Bösen auszulöschen

Wenn wir nicht wie der Hase im Bau sitzen wollen, weil der Wolf vor allen Ausgängen unseres Baus lauert, müssen wir uns eben ein anderes Fell überziehen. Ich denke, dass die Begleitung dieses Einfachen mir eine große Hilfe sein wird, meine adlige Abstammung zu verbergen und die bei Meister Tankret erworbenen Fähigkeiten zu ergänzen. Aller erste Priorität hat aber die Übermittlung dieser Nachricht. Wer weiß auf welche Hesinde-lästerlichen Gedanken dieser Thorwaler noch kommt.

EGLAR UHNDI CRTCB HURTE NTITH EGISN LNIEE SERGI ERNOS EOTWA BEGSF NNENH AVEOG TUOEB STNVE NPENT RSSEC ENRAA HNRES RUELL NRRBE THERH EBCMO NDETA LGLSI EUGGR NTCBE RFVTS SIRLO NERIT USDSN REERN INVNS RCEDA ULIII RABSN HRRSG SREGR TEEBE TOCEE NEDIA TRRHA TDWNO RAEIT CGCLE GTVHR NSAAE EENKI RDIUS ARTEL TENRK DLUED EUHMI MEIRN CAIED DRVIO ESINE ARGRO NEEHI UBNEF GESEI RDEUU RBGNE EHEHE RROOE UAZLM ISRDS CDEUN TDTWN IDRGB AETRR EUTEI EPRCS THEOI IUEIC NNDMN STOEH RZITD BNEWR EENTC NCEWR NMBDD DNAHT IIUDN RTNUL PNWMA VHELM DRTZU RCOSE ONRAD TRNAN TDIUH EDTCS SERIE HEWIV ISENL OELCI IERGI ZNNSV HQIRI DDAEE EEKBE RCSND SEETM EISEA SEBNT DNAGE RIHCE RRASL IRNHU GTIRN TLIZH MTSCB RTNIE ECEGT SCNEH GENUE EEFZO OEUAB DEIRI RRROE IEHTD EPRIE ONRES CVREI SEETR RDTTH ISGLT SEEAE SEENS DDBEU TOEEH ETIZR SRHNE JAHEI EESVH BSIUU WNRIN EEVNC DOEDN RMTWA FSIIN NPDSE EHOSF SINUE EWETS NNCEI AOOIU IZELE SSEES BIEHS DNUGU DEBTH ZAUWE DSUEO IEITR BOSAS SSREQ IERNI NIETI BUOCS EVFIC LNTNE RTCHE NIAEE GUEHN SDNRB CLUIG RIONR AEGGE WIKNE GAGOI EOVMO XEFCS NGNEI TEHPL IITSR UAMKM ETNZE CEEBH TSAEE HEGZD HEEHE NDFSR RENAA IATIK EHILG EDNNV SBEEE NIEOD NEUER NIBOH ZRUHS DEHSN ZRLIS TNETR INSSI MEEUN HRREB DSMRS ENRUE EISDN MEEEV NBMNF NTECS NDGON GEDNA CEINU DSSND PTFFG VTENL EHEDC ENEIG UIOCA ODHAA SSCGT ENIFU TDDRR EOPGE ILOSN NTHAK ARNIO DAEHT DISHZ SIEEE ESFEM HRNPN ASSSE ERDAE EGRB

Der Klartext auf der nächsten Seite.

Kommunikationsprobleme

„Wat quatschen de piekfeinen Männekieken denn so?“ erkundigt sich Arn Wachmann, als er sich mit ans Lagerfeuer setzt. „Keine Ahnung“ antwortet einer von Lysandras Männern. „Du hast doch mehr mit Ihnen zu schaffen.“ Die zwei gehören schon länger ihrem Trupp an und sind zusammen mit der ersten Kohorte in die Stadt gekommen. Es sind zwei junge und kräftige Männer, beide tragen gerade einfach gewebte Tuniken und fleckige Wollmäntel – wohl noch ein Überbleibsel der Tarnung um unbemerkt in die Stadt eingeschleust zu werden. „Meenste die quatschen imma so fülle?“ Arns quietschende Stimme, die nun wahrlich kein Ohrenschmeichler ist, lässt die Augen der beiden Männer leicht zusammenkneifen. „Das sind Adelige, Gelehrte und Geweihte … die quatschen immer viel … machen tun wir es dann.“ antwortet der mit dem gepflegten Vollbart von beiden. „Soll ick euch ma wat sagen?“ Arn lehnt sich dabei mit verschwörerischen Blick zu den beiden herüber. Den Männern ist anzusehen, dass sie es am liebsten hätten, dass ihr Gegenüber gar nichts sagt. „Was denn?“ schnauft der andere erschöpft. „Ick gloob, der Jeweihte is nich janz reene, bei dem krieg’ick ne Jänsepelle.“ Die beiden Mannen brauchen erst einen Moment, um zu verstehen was Arn in seinem harten Dialekt zu ihnen sprach. Der Blick der beiden wurde dunkler und skeptischer. „Welcher Geweihter?“ fragt der eine. „Meinst du die Geweihte der gebenden Göttin?“ der andere. „Nee! Den da hinten meen ick!“ Beide sahen nun kurz – auffällig unauffällig – zu der Gruppe der palavernden Männer herüber. „Der Elf in der Kutte?“ fragt der erste. „Die Ritterin ist eine Rondrageweihte?“ der andere. Arn seufste. Seide beiden Gegenüber sind wohl recht begriffsstutzig, dachte er sich. „Schnallt ihr dit nich?“ platzt es dann aus ihm heraus. „Ick meen den rothaarigen männekieken da hinten!“ „Ach den!“ rufen beide im Augenblick der Erkenntnis. Ein Moment der nachdenklichen stille folgt. „Und der ist dreckig?“ fragt dann der Bärtige wieder. Wieder ein Moment der Stille in dem nur das Knistern des Lagerfeuers zu hören war. „Wa?“ grunzt Arn, der inzwischen genervt war von seinen Gesprächspartnern. Doch dann ging ihm ein Licht auf. „Ach, nee – der is‘ nich janz reene – nich janz sauber – der is‘ überkandidelt!“ Die beiden Männer nickten bedächtig. „Aha!“ erklang es dann im Chor. „Was ist denn mit dem?“ Arn seufzte wieder – inzwischen hatte er keine Luft mehr mit den beiden zu reden. „Ach verjesst et … „

Reflexionen

24. Phex 1012 B.F., unterirdische Höhle in Greifenfurt

Nach der Beerdigung Stordans bedeutete Lumin den anderen unter einem Vorwand, er bräuchte kurz  einen Moment für sich. Er lief hinunter ans Wasser, immer wieder über die Schulter schauend, ob ihm auch niemand folgt, und fand tatsächlich eine kleine Stelle, die so von Steinen umringt war, dass man sie von keinem Ort aus einsehen konnte. Außerdem war es hier unglaublich still, nur entfernt konnte man den Wasserfall rauschen hören. Dieser Ort schien perfekt. Er suchte sich ein mit Moos bedecktes Fleckchen, steckte seinen Stab knirschend in den Kies daneben und nahm auf dem Mooskissen im Schneidersitz  platz. Er schloss die Augen, ließ seinen Geist fallen und schloss in seinen Gedanken die Umwelt aus, sodass es vor seinem inneren Auge nur noch ihn und den Stab gab. Er konzentrierte sich auf den Rubin an der Stabspitze und sah sich von seinem Körper lösen und auf ihn zufliegen, wobei er immer kleiner wurde, bis er schließlich in ihm verschwand. Diese Technik war ihm schon in Fleisch und Blut übergegangen, schließlich hatte er sie schon unzählige Male auf seinen Reisen angewandt. Im Inneren der Kugel konnte man durch die glasartige Kuppel die Außenwelt in ein rötliches Licht getaucht sehen, im inneren war es eingerichtet wie ein gutes Gasthauszimmer, nur dass die Möbel aus schwarzem Basalt geformt waren. Hier ein üppiges Bett, dort ein Sofa mit roten Samtkissen, von der Kuppel hing ein Kronleuchter und auf der gegenüberliegenden Seite war ein Sessel, der einem an der Wand befindlichen Kamin zugewandt war. Es roch nach einer Mischung aus verbranntem Holz und Duftölen. Natürlich wusste Lumin, dass hier nichts real war, sein Geist interpretierte die Verbindung nur anhand von Dingen, die ihm vertraut waren.
Auf dem Sessel saß eine Gestalt. Als Lumin auf sie zuschritt, stand sie auf und drehte sich um. Es war eine junge Frau, vielleicht gerade zwanzig Götterläufe alt, mit langen rotem Haar und einem unauffälligen Kleid, das jedoch ihre Vorzüge hervorhob. In Ihren Augen schien es zu funkeln und auf ihnrem Mund zeichnete sich ein keckes Lächeln ab. In seinen Gedanken hallte eine Stimme, die klang, wie ein knisterndes Feuer.

Ich hätte nicht gedacht, dass wir uns so schnell wieder sehen, mein Funke. Die Freude, dich wiederzusehen, ist aber dadurch nicht minder groß. Gibt es einen Grund für dein Erscheinen?

In Ihren Gedanken antwortete Lumin ihr: Ich freue mich auch, dich zu sehen, auch wenn die Augenblicke so flüchtig sind, wie Morgentau an einem Sommermorgen. Sein Lächeln wurde zu einer ernsten Miene. Ich brauche mal wieder deinen Rat. Der Listige Händler, der uns führte, ist scheinbar von uns gegangen. Sein Tod schmerzt mich nicht, mehr der Verlust seiner Führung. Schließlich kannte er sich von uns allen am besten mit den Gepflogenheiten in der Stadt und dem Ränke- und Intrigenspiel aus. Das war am Ende wohl auch unsere Schwäche – dass wir uns zu sehr auf ihn verlassen haben. Nun sind wir Führerlos und unsere Probleme scheinen mehr zu sein als vorher. Es fehlt uns ein vernünftiger Plan. Die Befreiung dieser Stadt scheint nun ferner als zuvor. Die Elfenkönigin konnte uns auch nicht mit dem Aufenthaltsort des brennenden Folianten helfen. Deine Befreiung scheint nun also ebenso in weiter Ferne, wie die der Stadt. Ich bin also wahrhaftig ratlos.

Charush nahm ihn lächelnd an die Hand und zog ihn auf das Sofa hinüber. Sie platzierten sich halb sitzend, halb liegend auf dem Möbel. Charush erklärte Also ich sehe das so: wenn ein Waldbrand ein Areal vernichtet, scheint es das Ende zu sein, aber das Ende alter Dinge ist auch gleichzeitig die Chance für einen Neuanfang. Kleine Büsche und Sträucher können erneut auf dem nun gut gedüngten Boden wachsen, ohne dass ihnen die großen Bäume das Licht, das sie benötigen, wegnehmen. Denk daran. Und Meine Befreiung hat Zeit, schließlich geht es bei Greifenfurt um das große Ganze. Die Mittellande müssen bereit sein für die Gefahr aus dem Osten. Persönliche Interessen, seien sie auch noch so wichtig, können hinten angestellt werden. Außerdem währt dieser Zustand schon so lange, da sind doch ein paar Jahre nicht so schlimm.

So sanft die Verbindung anfing, so abrupt endete sie. Plötzlich fand sich Lumin wieder am unterirdischen See, doch mit dem Unterschied, dass er nun wusste, was zu tun war. Er nahm sich seinen Stab und schritt selbstbewusst zurück zu den anderen.

Es ist ein Angebot, dass er nicht ablehnen kann

Der Aufprall war hart, in seiner linken Hand breitet sich ein pochender Schmerz aus. Auch das linke Bein tut ihm weh, doch die Zehen lassen sich noch bewegen – anscheinend nicht ganz so schlimm. Wohingegen die Finger der linken Hand kaum mehr spürbar sind. „Verphext …“ stöhnt der alte Händler und versucht sich von dem feuchten Felsenboden aufzustemmen. „Ahhrgh!“ – Es bleibt bei einem Versuch, denn zu den Schmerzen im Bein und in der Hand kommt noch ein weiterer hinzu der ihm seines Atems beraubt. Ein brennenden Feuer durchflutet seinen Oberkörper, offenbar wurden bei dem Sturz einige seiner Rippen gebrochen. „Rontja? Kannst du mich hören?“ prustet er leise zwischen den Zähnen hindurch, doch eine Antwort bleibt aus. Er ist allein, alleine mit der Dunkelheit. Mögen die Götter dir beistehen, teure Nichte – hier unten bist du sicherer als über der Grasnarbe – denkt er sich und unternimmt erneut einen Versuch aufzustehen. Unter Aufbringung all seiner Kräfte gelingt es ihm dieses Mal auch.

Vorsichtig tastet er nach seiner linken Hand. Die Finger sind bereits taub, das Gelenk dick – etwas ragt an einer Stelle heraus wo nichts herausragen sollte. Gebrochen. Zum Glück ist es nur die linke Hand – denkt er und verbringt der Arm in eine Schonhaltung. Er tastet sich hinab zum Bein, es schmerzt – doch der Knochen scheint intakt zu sein. Es wird gehen … es MUSS gehen. Der Dolch scheint verloren, aber sein Familienschwert ist noch bei ihm und sein Schwertarm unverletzt. „Dann wollen wir Mal …“ stöhnt Stordan und schleppt sich humpelnd durch die Dunkelheit. Angetrieben von dem Gedanken seine Frau Gylvana zu Retten verdrängt er den körperlichen Schmerz, nichts wird ihn aufhalten können. Und wenn es nötig wird, würde er sogar mit Boron persönlich um sein Leben feilschen. Nur um sich ein paar letzte Momente zu erhandeln um die notwendigen Dinge ins Rollen zu bringen um seine Frau aus den Fängen Sharaz’Gatais zu befreien. Da verspürt er plötzlich wieder diesen seltsamen Ruf in seinem Geist: „Komm zu uns“. Für einen kurzen Moment bleibt er stehen und kneift die Augen zusammen. Er konzentriert sich auf diese Stimme – sie würde ihn schon dorthin bringen wo er hin wollte. Erneut verdrängte er den aufkeimenden Schmerz in seinen Gliedern. Nicht seine Fähigkeiten als Kämpfer werden jetzt gefragt sein, sondern sein Geschick als Händler. Und da erblickte er sie auch schon, die leuchtenden Augenpaare – sie waren unmittelbar vor ihm. Er zählte drei davon – zu viele für einen Kampf in seinem Zustand, an einem Ort an dem sie bevorteilt waren. Doch ihre Anwesenheit verunsicherte ihn nicht, ganz im Gegenteil, er war froh sie so schnell gefunden zu haben. Oder waren sie es die ihn gefunden haben? „Im Namen der Zwölfe, ihr Diener Warsews des niemals alternden …“ spricht Stordan mit fester Stimme und lässt dabei sein Familienschwert aus der Scheide schnellen. “ … ihr werdet mich anhören oder meine Praiosgeweihte Klinge wird eure Körper zerfetzen ehe ihr auch nur in meine Nähe kommt!“ Durch das Surren des scharfen Stahls, welches durch den Gang schellt, weichen die Augenpaare verunsichert zurück. Sie spüren die Macht die in der Klinge wohnt – denkt sich Stordan wissend, als er die Reaktion der Augenpaare zur Kenntnis nimmt. Jetzt nur nicht zaghaft werden! – fährt ihm durch den Kopf, während die Spitze seiner Klinge auf die Wiedergänger zeigt. „Bringt mich zu eurem Meister – lebend bin ihm hundertfach mehr wert als Tod.“

Momente später, in einer sehr dunklen, nassfeuchten unterirdischen Kammer steht Stordan von Sprichbrecher vor ihm, dem Henker Greifenfurts. Stordan ist zwar einen ganzen Kopf größer als er, doch seine Erscheinung ist dennoch mächtig. Umringt von etwa einem Dutzend weiteren niederen Anhängern, richtet sich der Großmeister des Kontors auf – der folgende Handel würde wohl der schwerwiegendste und zugleich schrecklichste sein, den er je abzuschließen hatte.

„Was ist es für ein Angebot, dass ihr mir unterbreitet wollt – Herr Magistrat?“ spricht der Mann mit dem Namen Zerwas mit dunkler und ruhiger Stimme, während seine letzten Worte von etwas Spott begleitet wurden. Des Henkers Richtschwert trug er bei sich, immer bereit den letzten Streich zu vollführen. Stordan atmete so tief ein und aus wie es ihm seine gebrochenen Rippen erlaubten. Schweiß rann an seinen Schläfen lang, zum einen vor Anstrengung ob seiner schweren Verletzungen, und zum anderen ob des schweren bevorstehenden Handels. „Ihr – Namenloses Wesen – habt etwas das ich brauche. Und ich habe etwas, dass ihr braucht.“ stellte Stordan fest und sah, dass die Augen des Henkers begannen zu funkeln. „Und was soll das sein?“ entgegnete dieser gelassen, doch Stordans geschultes Patriziergehör bemerkte einen Hauch Interesse in dessen Stimme. Auch wenn ihn in letzter Zeit vieles verlassen hatte, aber sein Instinkt schien ihm wohl erhalten geblieben. „Seit 500 Götterläufen seid ihr nun schon die Geißel dieser Stadt.“ beginnt Stordan selbstsicher seine wohl überlegte offerte. “ … und wohin hat euch das geführt? Ihr seid ein sehr mächtiges Wesen, mit einem enormen Potenzial – doch seht euch um? Ihr scharrt euch nach so langer Zeit noch immer mit euren willenlosen Dienern in feuchte Keller – und immer wieder ist es den Menschen gelungen, trotz eurer Macht, euch festzusetzen. Das ihr hier steht und mit mir redet, ist nur das Verdienst eines Haufens nichtsahnender Orks die zufällig über euch ein Blutbad anrichteten. Die Schwarzpelze werden schon bald nicht mehr die Kontrolle in der Stadt haben. Mit ihnen wird auch eure Macht schwinden. Sobald sie vertrieben sind, werden eure Lakaien vernichtet und ihr … schon bald wieder tief unter einem Tempel eingemauert werden.“ Stordan konnte ein nervöses zucken in den Augen des Henkers sehen, er hatte wohl nicht mit dieser offensiven Taktik des Händlers gerechnet, und auch nicht damit, dass dieser so viel über ihn wusste. „Was ist euer Angebot, sterblicher!“ dröhnt es dem Mund des Henkers. „Bringt mir mein Weib unversehrt aus dem Kerker der Feste – und ich werde eure kleine, regional begrenzte Blutsaugersippe über die Landesgrenzen hinaus expandieren lassen! Wehrheim, Gareth, Perricum, das Land der ersten Sonne, das Horasreich – ich habe die logistischen Mittel euch und eurer lichtscheues Gesindel sicher in jede Stadt der bekannten Welt zu bringen. Ihr braucht mich … oder ihr werdet wieder für die nächsten zwei-dreihundert Jahre als dekorativer Steinsockel in irgendeinem Tempel enden. Beim Namenlosen … es ist ein Angebot, dass ihr nicht ablehnen könnt.“

So viel zutun!

Die schwere holzvertäfelte Doppeltür der Magistratenstube fällt erneut ins Schloss. Ein fahler Windzug lässt die drei breiten Kerzen auf dem Schreibpult des Mannes, der vor kurzem die Geschäfte in der Stadt übernommen hat, gespenstig flackern. Der mit roter aranischer Seide, die er selbst einst aus dem exotischen Süden von einer Handelsreise mitgebracht hatte, bespannte Mohagonistuhl des Magistraten knarzt, als sich der alternde Patrizier wieder hinein gleiten lässt. Ein langer erschöpfender Seufzer entfährt Stordans Kehle. „So viel zutun …“ haucht er und schaut über die zahlreichen, sich stapelnden Dokumente, Bücher, Schriftrollen und Pergamente auf seinem Schreibpult, als wären sie eine Aveskarte, auf der geschrieben steht welcher Route man folgen muss um zum gewünschten Ziel zu kommen.

„In zwei Tagen wird der Usurpator die Festung und Stadt verlassen, es bleibt nicht mehr viel Zeit um den Widerstand aufzubauen um Greifenfurt zurück zu erobern. Er wird einige Tage fort sein – gut – aber der beste Moment ist kurz nach seiner Abreise, so dass der Bevölkerung ausreichend Zeit bleibt um sich auf seine Rückkehr vorzubereiten.“

Ein dumpfes Pochen hallt durch die Amtsstuben. „Herein!“ brüllt Stordan über die Unterlagen und Pergamente hinweg. Das aufstehen spart er sich inzwischen. Vier Männer treten ein, Beilunker Botenreiter, sie sollen je ein Schreiben an die Kontormeister nach Perricum, Zorgan und Vinsalt bringen. Die Geschäfte müssen wiederaufgenommen werden, ob Krieg oder Frieden – der Handel darf nicht stagnieren. Stirbt der Handel, stirbt auch das Land. „… und ihr, bringt dieses Schreiben Meister Tsadan Oberndorfer vom Spichbrecher Handelskontor in Zorgan im Stadtteil Zorrigan. Reitet so schnell ihr und euer Pferd es können!“ Seine Worte sind hart und bestimmend, die Männer verlassen die Stuben und noch ehe das Flackern der Kerzen aufgehört hat, ertönt erneut das pochende Klopfen. „Irgan …“ beginnt er rasch. “ … legt alles dorthin, ich habe weitere Erlasse für euch die ihr zu Pergament bringen müsst.“ Der Stadtschreiber läd ächzend drei dicke Bücher aus der Bibliothek auf der Eichenholzanrichte ab. Alles was er finden konnte über dn Henker und seine Vergangenheit.

„Die Nornpforte, die Schanze und das Greifenberger Tor müssen verschlossen werden! Wenn nur das Südtor offen bleibt, kann ich die Ein- und Ausfuhr an Waren und Menschen besser kontrollieren. Ich brauche dringend Leute denen ich vertrauen kann und die ein geschultes Auge besitzen. Sie müssen gleichsam fähig sein den orkischen Torwachen vorzuspielen nur einfache Gardisten zu sein, als auch so vertrauenswürdig, dass sie nur mir Bericht erstatten. Wo bekomme ich die nur her? Auch Lysandras Söldner können so besser in die Stadt geschleust werden. Zudem ist – nach der Rückeroberung der Stadt – dann nur noch ein Tor zu verbarrikadieren. Wie argumentiere ich vor dem Usurpator? Ein bevorstehender mittelländischer Angriff? Klingt gut – das werden sie Orks schlucken und hält die Bevölkerung im Glauben an eine Rückeroberung. Zwei Boronsfliegen mit einer Klappe – Feqs ich danke dir für diese Eingebung!“

„Wie ist euer Name?“ fragt Stordan die junge und grazile Frau die hinter ihm aufgetaucht war. „Ela ist mein Name.“ antwortet sie mit ruhiger Stimme. „Nehmt dort euren Platz ein … nein nicht dort … dort!“ Stordan wirft ihr einen letzten Blick zu und wendet sich dann wieder den Stadtgeschäften zu. Sie Stundenkerze brennt unermüdlich weiter …

„Ich habe ihm mein Essen überlassen, obwohl ich ahnte, dass es vergiftet war … armer Rukus. Zehn Dukaten und ein paar Blumen sind das einzige was ich im Moment tun kann um seine Witwe zu entschädigen. Wie lange war er eigentlich in meinen Diensten? Vier? Fünf oder waren es sechs Götterläufe? Verphext … was wusste ich eigentlich über ihn? Ich muss mir zukünftig mehr Zeit für meine Angestellten nehmen. Travia verzeih mir – ich hätte ihn nicht von dem Essen dass für mich bestimmt war kosten lassen dürfen. Was hatte ich mir nur dabei gedacht? Achja, ich war in Gedanken bei den Stadterlässen, den Schreiben an die Kontormeister und an die Liste der Wideständler. Wer bei Belzhorash versucht eigentlich mich zu vergiften? Diese Magd ist nur eine Handlangerin – Clarissa? Gombet? Darrag? – keine Zeit darüber nachzudenken … es ist noch so viel zutun.“

Die Doppelflügelige Tür schwingt auf, Lumin und Asleif treten ein, sie berichten von einer unterirdischen Höhle mit Wasserfall und … moment … nein … das war die Marschällin. Wer sitzt da gerade vor mir und warum sind sie hier? „Wofür bezahle ich euch eigentlich!“ fährt es mit voller Wut aus Stordan heraus. Adern treten dabei pulsierend aus seinem Hals und auf seiner Stirn hervor. Die schwere goldene Kette des Magistraten erzittert als die Emotion aus ihm herausbricht. „Ihr berichtet mir nur Dinge, von denen ich schon seit Stunden Kenntnis habe!“ fährt er etwas ruhiger fort. Seine Finger krallen sich in das Mohagoni des Stuhles, so dass seine Knöchel beginnen weiß zu werden. Am liebsten würde er noch viel mehr herausbrüllen, denn etwas in ihm kämpft mit sich selbst, doch irgendwas hält ihn zurück. Die Fassung kehrt  wie von magischer Hand zurück. „Hier … geht zu dieser Adresse, folgt diesem Pfad und sucht dort nach einem Geweihten. Ein Priester der Gebenden Göttin und Ardach sollten dort zu finden sein – bringt mir einen davon – lebend!“ Der Magistrat schiebt eine Abschrift eines Wegeplans den beiden Migranten zu. Sie verlassen verdrossen die Amtsstuben, es ist noch viel zutun …

„Über Jahrhunderte hinweg … diese Namensgleichheit … bei Phex, das kann kein Zufall sein! ‚Das hohle Bein, das ist geheim‘ … die Brohms? Die Brohms! Irgendwo hier muss es sein.“

Ein Fach schwingt lautlos auf, zwergische Arbeit, ganz sicher! Eine alte Schriftrolle ist darin zu sehen. Mit seinem Dolch hebt Stordan es vorsichtig aus seinem Versteck. Mit einer weiten Bewegung schiebt er dutzende Bücher und Pergamente von Arbeitspult zur Seite. Bedächtig rollt er es auf, und liest die Worte aus dem 30. Regierungsjahr des Kaisers Alrik. Der schwache flackernde Schein der fast schon heruntergebrannten Kerzen offenbart ein weiteres Rätsel. „Was … oh Götter … so viel zutun.“

 

Du sollst nicht morden

Tagebucheintrag zum 23. Phex 1012

Fast ein ganzer Mond ist vergangen, seit ich die Schlacht auf den Silkwiesen wider den orkischen Horden überlebt habe. Vieles ist geschehen, gutes wie auch böses. Mein Kontor, unter der Besetzung der Schwarzpelze nur noch ein besseres Lazarett für gescheiterte Aufständige, ist kein pulsierender Ort des Handels und des Wohlstands mehr. Viele meiner getreuen Arbeiter und Wachen sind entweder geflohen, getötet oder jüngst beim Versuch sich gegen die Bestzer aufzulehnen verletzt worden. Ganze drei Kontorwachen sind mir geblieben um dem Kontor, meiner Familie und mir Schutz zu gewährleisten. Viel wichtiger jedoch: Meine Familie lebt! Yolande, Gylvana und Yolly sind wohl auf! Ich ließ meine kleine Tochter von Sartassa, einer der wenigen der ich Vertraue, nach Wehrheim, zu einer befreundeten bürgerlichen Familie bringen – dort wird sie sicher sein. Und sollten meine Frau und ich den Widerstand hier in unserer Heimatstadt nicht überleben, so wird unsere Familie mit ihr fortbestehen und mein ganzer Besitz an sie weiter gehen, der dann von meiner Bruder, bis zu ihrer Volljährigkeit, verwaltet wird.

Doch just in diesem Moment, sind es andere Gedanken die mich umtreiben und nur schwer Ruhe finden lassen. Oh Herr Phex, verzeih mir und meiner Familie für das was ich getan habe. Es klebt Blut an meinen Händen – Menschenblut. Der ungläubig erschrockene Blick des Magistraten Glombo Brohm, als ich ihm den kalten Stahl meines Dolches zwischen die Rippen schob, lässt mich nicht mehr los. Ich habe gegen eines deiner höchsten Gebote verstoßen, Herr der Schatten. Selbst und gerade wenn ich es scheinbar benötige, um an mein Ziel zu erlangen, so ist es uns als deinen Gläubigen – zurecht – untersagt den Weg des Blutes zu wählen. Es ist mir ein innigstes Bedürfnis und nur meine Natur an dieser Stelle mit dir nun über dein Urteil über mein Vergehen feilschen wo wollen. Bitte versteh: Niemals würde ich an dem Urteil des Herrn zweifeln, was wäre ich für ein armer Wurm wenn ich dies täte. Nein. Ich möchte nur alle Fakten in die Waagschale legen und sehen welche Seite mehr wiegt um am Ende einen gerechten Handel zu erhalten – ganz in deinem Sinne.

Ich schätzte Glombo, er war mir sogar fast schon ein Freund. Seine Familie stellt seit langer Zeit die Magistraten der Stadt und zu Friedenszeiten war er ein guter Vorsteher derselben. Er erließ Gesetze die den Handel florieren ließen, er ließ stets mit sich über Steuererlässe reden und war ein Mann der wusste wie man die Händler auf dem Markt zur Ruhe bringen kann. Ich erinnere mich noch heute sehr gut daran, wie er einst auf dem Marktplatz auf dem Tempelberg kam, während eines Streits zwischen den Bäckern und den Knochenhauern, welcher Platz ihnen zustehe – und allein seine ruhige Ausstrahlung und Anwesenheit genügte um die streitenden Parteien zu besänftigen. Doch nun ist er tot – sein Leben genommen durch die Hand eines Freundes. Tiefe Trauer berührt mich deswegen. Doch dem einen tragischen Leid folgte zugleich ein zweites. Auch sein Sohn, der taugenichts, aber dennoch ein Mensch, ward zugleich wegen meiner Verleumdungstirade von den Besatzern geköpft worden – das war nicht mein Ansinnen. Doch es lag nicht in meiner Macht es zu verhindern. So gesehen … ist es nicht nur eine, sondern gleich zwei Seelen deren Leben ich auf dem Gewissen habe.

War es ungerecht Glombo zu töten? Ja. War es falsch ihn und seinen Sohn zu Unrecht zu verleumden und des „Verrats“ am Usurpator zu beschuldigen? Ja. War es notwendig um diese Stadt von seiner Geißel zu befreien zu können? Ja. Werden durch mein Handeln nun weniger Menschen sterben und das unheilige Treiben welches die Orks auf dem Tempelberg anrichteten von mir verhindert werden? Ja und Ja! Glombo war ein guter Magistrat zu Friedenszeiten, doch ein miserabler zur Besatzungszeit. Ihr hättet ihn zu euch holen sollen, verehrte Götter, als Greifenfurt in die dreckigen Hände der Schwarzpelze fiel. So blieb mir nichts anderes übrig, als durch meine Hand ihm eure Gnade zuteilwerden zu lassen. Für sein Vergehen an der Stadt, seiner Aufgabe, sie vor Brandschatzern zu schützen und ihre Bevölkerung vor Tod und Elend zu bewahren, nicht nachgekommen zu sein. Denn hätten die Orks die Stadt nicht bezwungen, würden dutzende von Geweihte aller Gottheiten noch am Leben sein, der Praiostempel wäre nicht geschändet, die Rondraburg nicht geschliffen und unzählige Bewohner nicht Verletzt oder gar getötet worden.

Fälle hier dein Urteil, Herr Phex. Ich tat es nicht für mich, ich tat es die Stadt und alle seine Bewohner darin – und ist es nicht dein Gebot, dass wir nicht für uns morden sollen? Ich tat es nicht für persönlichen Reichtum, Macht oder Vorteil, Ich tat es für die Freiheit Greifenfurts, für meine Familie und aller anderer Menschen des Mittelreichs. Ich Maße es mir nicht ein Urteil über meine Seele zu fällen. Mir bleibt hoffentlich noch viel Zeit, bis ich vor dir trete und um mein Seelenwohl feilsche. Ich werde dafür Sorge tragen, dass die Brohms eine ordentliche Beisetzung bekommen, damit ihre Seelen deinem Gericht zugeführt werden können.

Nun zurück ans Werk, ich muss eine Stadt von einem Usurpator befreien und einen Widerstand ausheben.

Wenn die See ruft…

Dunkel war das Haus und still. Die einzigen Geräusche in der Nacht kamen vom Nieselregen, der gegen die Scheiben traf und vom Wind, der das Holz knarzen ließ. Delphinion lag wach in seinem Bett, seine Gedanken waren aufgewühlt wie die stürmische See. Der Zustand Greifenfurts hatte ihn sehr mitgenommen, immerhin waren alle Geweihten schrecklich niedergemetzelt worden. Der Streit am Abend mit Stordan hat ihm dann den Rest gegeben. Was soll er machen? Was sollen SIE machen? Wie soll das jemand wissen? Sie befinden sich in einer Situation, die es seit Göttergedenken nicht gab. Somit gab es auch keinerlei relevante Referenzen, was sie tun könnten. Eine schreckliche Situation.

Plötzlich steht Delphinion auf, nimmt seine spärlichen Sachen und begibt sich nach unten in die Küche. Es gibt nur einen, den er um Rat fragen kann: Seinen Herrn. Trotz seiner Unergründlichkeit die einzige Konstante seines Lebens. Nur mit seinem Speer, aber wieder mit seiner Robe geht er in den Innenhof und setzt sich im Regen auf den Rand des Brunnens.

„Zu uns hinauf, Astateon, sende Dein Sinnen, auf uns hinab senke Deine Gabe! Öffne Deine Pforten für eine Ahnung Deiner Gestade und sende Deinem göttlichen Diener einen Möwenschrei, auf das er wisse, wohin ihn die Strömung zu leiten vermag!“

Kaum hatte er die aurelianischen Worte zu sprechen beendet, als eine Möwe schreiend sich vor ihm nieder ließ und ihn mit stechenden Augen anblickte. Wie ein Blitz durchfuhr ihn der Blick und er sprang sofort auf, rannte in die Küche und holte seine Sachen. Als er in dem Türrahmen stand und in den Hof blickte, sah er die Möwe ruhig in der Luft schweben. Langsam drehte er sich um und ging wieder zum Küchentisch. Ganz ohne Nachricht konnte er nicht verschwinden und so nahm er Pergament und Tinte und schrieb nieder:

„Wenn die See ruft und die Möwe den Weg zeigt kann der Seemann nicht bleiben sondern muss den Anker lichten. Ahoi“

Als er wieder in den Hof trat schwebte die Möwe langsam über den Bretterzaun in die dunkle Gasse hinein. Ohne zu zögern schwang sich Delphinion über den Zaun hinterher und ging in die schwarze Nacht hinein…

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