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Bothor dylli Memnos

Brief an Ordensgroßmeisterin Jane Peddersen

Meine lieben Freunde!

Lang ist es her dass wir in Hochstieg Kunde von euch erhielten. Eine Depesche darüber daß der werte Herr Magus nicht mehr bei euch weilt wäre hilfreich gewesen. Vielleicht hätte der Orden souveräner auf die Frage nach Tee für Nehazet reagieren können die zwei merkwürdige Gestalten in einer Art Loch im Raum in der Küche an uns stellten. In meiner Verwirrung verwieß ich sie an euch Fräulein Peddersen woraufhin sie einfach im Nichts verschwanden. Mir ist nicht bekannt ob sie euch fanden oder was das überhaupt zu bedeuten hatte. Ich hoffe an dieser Stalle daß alle Wohlauf sind?

Nun das ist aber eigentlich nicht der Grund warum ich diesen Brief aneuch schreibe. Der Grund ist die erfolgreiche Niederkunft meiner geliebten Darpatia! Seit heute Morgen haben wir eine Tochter! Sie wird morgen Abend in einer großen festlichen Zeremonie von Trondbald und Helfwiege auf den Namen Lindegard Thalionmel von Spichbrecher-Hardmund getauft! Ein toller Name oder? Darpatia und ich haben auch nicht seit zwei Monden über die mögliche Namensgebung disputiert… Tatsächlich bedrückt es uns daß keiner von euch in der Lage ist anwesend zu sein auch wenn wir die Gründe natürlich vollends verstehen.

Wo auch immer ihr gerade seid und welchen Gefahren ihr auch immer ausgesetzt seit – ganz Hochstieg grüßt euch und wünscht euch Wohlbefinden.

Liebste Grüße
Traviahold

Brief an Boron-Geweihten

 

An den Diener des Raben Bedwyr Küferhilf
Elenvina, 05. ING 1027 BF

Boron zum Gruße Euer Gnaden,

meine Name ist Bothor dylli Memnos und ich erbitte Eure Hilfe. Ich wende mich an Euch, da ich mich für die Dauer des Reichskongresses in Elenvina aufhalte, bevor ich mich weiter gen Firun in Richtung Winhall aufmache. Ich reise im Auftrag seiner Exzellenz dem Raben von Punin und seiner Hochwürden Stygomar von Gareth zum Wohle der Götter, der Kirche und des Reiches. Da ich selber nicht den Segen der Weihung erfahren habe, benötige ich Eure Expertise und Unterstützung in einigen speziellen Fragen. Entschuldigt, dass ich in diesem Schreiben nicht konkreter werde, Ihr werdet es verstehen, sobald wir uns treffen sollten. Ich hoffe, Euch erreicht dieses Schreiben bei Zeiten und Ihr könnt Eure Zeit für mich aufwenden. Es deucht mir, dass es zu Eurem Schaden nicht soll sein.

Mit hochachtungsvollen Grüßen

Bothor dylli Memnos

Brüderlicher Brief

An den ehrenwerten Kontoristen Phexion Memnos in Grangor
Elenvina, 01. ING 2519 Horas

Mein geliebter Bruder Phexion,

mögen die Götter dir gütig sein. Ich weile derzeit in Elenvina, da die mittelreichischen Hoheiten um meine Präsentia beim Reichskongress baten. Wie du aus diesem Bonmot auslesen kannst, verlief meine Reise nicht ganz, wie gedacht. Allerdings würden die genauen Vorkommnisse die Möglichkeiten eines Scripitissimus überschreiten. Dir sei gesagt, mir geht es körperlich und geistig den Circumstancien entsprechend gut. Außerdem reise ich in durchaus spannender Cliquess. Wie dem jedoch sei, ich würde dich bitten, mir einen kleinen Credit von vielleicht 100 Dukaten zu gewähren. Auf der Reise hatte ich ungeplante Emissionen und werde diese vermutlich auch weiterhin haben.
Ansonsten hoffe ich, dass es dir, deiner geliebten Lanike und den beiden Piccolos gut geht und ihr euch beide bester Gesundheit erfreut. Bitte grüße in deinem nächsten Epistel Vater, Lynkea und Phoroneus herzlich von mir.

Anbei gewähre ich dir mit diesem Schreiben sogleich die Prokuration, den gewährten Credit in voller Höhe sich von meinem Secetarius in Rethis zurückzahlen zu lassen.

Beste Grüße
Bothor

Verschnaufpause

Sitzen und Durchatmen. Das war alles, was Bothor gerade wollte. Sie sind problemlos zum Hippodrom in das Versteck der K.G.I.A gelangt. Während die anderen ganz aufgeregt darüber disputieren, was Nehazet mit diesem seltsamen Splitter machen soll, hat sich Bothor kurz zurückgezogen, um seinen alten Knochen etwas Ruhe zu gönnen – nicht mehr zu altern macht einen nämlich auch nicht wieder jünger. Was ist heute geschehen? Wie konnte all dies geschehen? Und warum leben sie alle noch? Zur Entspannung schließt er kurz die Augen.

Es war kein idyllischer Morgen gewesen. Das Heer hatte noch vor Sonnenaufgang Aufstellung genommen, ein Sonnenaufgang, den niemand von ihnen je sehen sollte. Dieser Dämon war einfach unvorstellbar riesig gewesen, moralisch gesehen ihr größter Feind. Die Schlacht begann holprig, hatten sie es doch mit äußerst ungewöhnlichen Gegnern zu tun. Ich konnte mich glücklich schätzen, Geron um mich wabern gehabt zu haben. Aber die Truppen hielten stand und kamen gut voran. Bis er kam, der König der Untoten. Bis er kam und in einer beiläufigen Bewegung Rondrasil Löwenherz eben jenes aus der Brust riss. Es ist immerwieder ein Glück, dass solche Situationen in großen Schlachten nur von einem kleinen Teil der Truppen bemerkt werden. Sonst hätte dies gut und gerne zum Niedergang des Heeres führen können. Aber dann kam der Löwe. Und ja, ganz ohne Neid muss ich gestehen, Sieghelm WAR der Löwe dort. Rondra hat wohl gewählt, denn nun war er es, der wie beiläufig mit donnernden Hieben den König vernichtete. Er ist schon ein großer Krieger, bleibt zu hoffen, dass er auch noch ein großer Anführer einst wird.

Der Marsch zum Zentrum des Dämons ging unaufhörlich weiter und es muss angemerkt werden, dass die Truppen des Ordens überraschend gut und standhaft waren. Nicht jeder Haufen bewaffneter Bauern hätte meine Befehle gegen diesen Knochenoger so bedingungslos befolgt. Vier griffen uns an und als ich nach der Vernichtung des meinigen aufsah, um zu ergründen, wo meine Hilfe von Nöten war, musste ich mit Erstaunen feststellen, dass zu diesem Zeitpunkt auch der letzte gefallen war. Mit durchaus Stolz in der Brust sah ich die junge Azina aufrecht stehen, den toten Körper unter sich und den sich just auflösenden Schädel auf ihrem Speer stecken. Ja, sie brauch noch etwas Führung und bestärkende Worte, aber nur, damit sie lernt welch großartige Frau sie ist und werden kann.

Eigentlich wäre dies schon genug für einen Tag und eine Schlacht gewesen, aber der endlose Heerwurm war nunmal kein alltäglicher Feind. Und wer zweifelt noch an von den Göttern vorgeschriebenen Schicksalen, wenn Razzazor, dieses abscheuliche Etwas von Wesenheit natürlich genau vor uns landet. Ja, es reichte, um diesmal wirklich die Truppen in Panik zu versetzen und einzelne Teile fliehen zu lassen. Kein Vorwurf kann gegen sie hervorgebracht werden. Aber wie selbstverständlich blieben wir standhaft. Ich war unschlüssig, was das rechte Vorgehen wäre, aber als der Geist auf Razzazors Schädel erschien, war alles glasklar. Dieser Geist! Er ist ein beeindruckendes Zeichen, welch unglaubliche Frau Jane ist. Auch wenn sie ihren Körper selbst nicht in Gefahr bringt, so zeugen die Taten, die sie mit dem Geist vollbringt, von ungemeiner Intelligenz, Raffinesse, Kühnheit und Mut. Ja, sie ist die einzig richtige Ordensgroßmeisterin. Warum wurde sie es nur nicht gleich zu Beginn des Ordens? Ich mache Sieghelm keine Vorwürfe, dass er auf dem Weg zu dem Drachen zusammenbrach, auch ich strauchelte. Ich lasse ihm den Glauben, dass Rondra eingriff, auch wenn ich selber daran zweifel. Ich weiß noch immer nicht genau, was geschah. Ich zertrümmerte dieses Amulett, dann traf mich der Schlag und augenblicklich wurde es dunkel um mich. Ich weiß nur noch, dass mein letzter Gedanke war „Razzazor ist würdig mich zu töten“. Aber offensichtlich war dem nicht so, denn ich erwachte nach einem Schwall unverständlicher Emotionen und sah den Drachen am Horizont verschwinden. Scheinbar spielte Tzatan eine nicht unwichtige Rolle, aber Genaueres muss ich noch herausbekommen. Scheinbar wurden auch große Teile unserer Truppen durch sein Feuer vernichtet, während ich bewusstlos war. Doch in der Hektik der Schlacht gab es keine Möglichkeit, sich darum zu kümmern. Wir hatten schließlich eine Mission…

Mit jedem weiteren Schritt in Richtung unseres Ziels wurde das beklemmende Gefühl in meinem Herzen stärker. Wir mussten einfach diesen Dämon vernichten, auch wenn wir wussten, wieviele Todesurteile wir damit sprechen. Aber es galt ein höheres Gut zu bewahren als unser aller Leben. An unserem Ziel angekommen, schlug nun dann die Stunde unseres Magus Nehazet. Da begleiten und beschützen wir eine ganze Horde an Geweihten und dann rollt er seinen Umhang aus, welcher den Dämon einfach verschlingt. Er tut es andauernd. Ganz unscheinbar tun und dann mit einem Fingerschnipsen Dinge vernichten, die einem nicht vernichtbar erscheinen. Er ist mir noch immer ein ungelöstes Rätsel, aber ich empfinde einen tiefsten Respekt vor ihm. Und so geschah, was geschehen musste, der Untergang der Welt brach über uns herein. Erst diese Stürme, dann diese unsäglichen Dornenranken und schlussendlich Feuer und Flammen. Und obwohl Amranblut in meinen Adern fließt, so ließen die Feuerbälle mich verzagen. Und so starb ich heute ein vermeintlich zweites Mal. Auch hier muss ich noch in Erfahrung bringen, was noch weiter geschah.

Denn auch der Rest befand sich später auf der Fliegenden Festung wieder, allerdings deutlich unbeschadeter, als Fräulein Peddersen und ich. Dass wir das überlebt haben… Sieghelm dieser Narr. Ein Inbegriff dafür, wie gefährlich übermäßiger Mut ist. Aber ich muss auch mich selbst schelten. Ich habe mich zu Dingen hinreißen lassen, die äußerst unschicklich waren. Hatte ich Angst? Ich habe in meinem Leben schon so viel erlebt, so viele Gefühle gespürt, aber das war heute alles zu viel, einfach zu viel. Aber schlussendlich gilt nur, dass Galotta tot ist, endgültig tot. Leider ist die Festung über Gareth herabgefallen und nicht vor seinen Mauern, aber im Vergleich zum Weltuntergang nur ein kleiner Schaden. Dexter Nemrod hat überlebt, die werte Delia und ihr Mann auch, das ist gut. Nur meine geliebte Waffe leider nicht, ich muss einen Guten Waffenmacher finden, den besten.

Und trotzdem ist das Mittelreich in größter Gefahr. Rohaja soll verschwunden sein und Enmer, nun, sie wird für den Rest ihres Lebens gezeichnet sein, egal wie schnell wir sie retten sollten. Und Razzazor ist noch nicht vernichtet. Es wartet noch viel Arbeit auf uns. Jetzt, das ist nur eine Verschnaufpause…

Marschbefehl

Traviahold saß in seinem Arbeitszimmer in der Burg Donnerwacht, ihm gegenüber ein unruhig auf dem Stuhl hin und her rutschender junger Mann. „Also gut, du bist also Tsatan, ja?“ „Grashuber, Herr. Tsatan Grashuber.“ „Gut, gut, gut. Und du bist der Knappe von Herrn dylli Memnos, habe ich das richtig verstanden?“ „Wem? Achso. Nein. Also ich wollte schon immer ein Diener Borons werden, also haben mich meine Eltern nur dafür nach Gareth gebracht… Wart ihr schon mal in Gareth? Die Stadt…“ „Halt. Also nochmal. Du bist ein Novize Borons also?“ „Nein, also meine Eltern haben mich zum Tempel nach Gareth gebracht und dort wurde ich auch als Anwärter angenommen, aber Novize bin ich bisher noch nicht.“ „Wann war das?“ „Lasst mich überlegen. Fünf Götterläufe ist es sicher schon her.“ „Bitte was?“ „Fünf Götterläufe Herr. Der Tempelvorsteher sagt immer, ich würde zu viel reden, um Novize werden zu können, aber ich helfe fleißig im Tempel!“ Traviahold wollte gerade zu einem sarkastischen Kommentar ansetzen, als es gegen die Tür pochte. „Ja bitte?“ Eine der Wachen öffnete die Tür und wandte sich dem Traviageweihten zu. „Mein Herr. Die Frau Ordensgroßmarschällin hat den Rat zusammengerufen und erbittet eure Anwesenheit.“ „Vielen Dank. Sagt ihr, ich eile.“ Die Wache verließ den Raum und Traviahold wandte sich wieder seinem Gast zu, der ihn mit großen neugierigen Augen anschaute. „Gut, also bist du noch kein Novize des Herrn Boron?“ „Genau Herr, weil…“ „Aber erkläre mir noch einmal KURZ, warum du nun hier bist.“ „Also, das war so.“ Traviahold holte einmal scharf Luft. „Der Herr Bothor war bei uns im Tempel und erbat Hilfe, um Boron besser kennenzulernen. Und unser Tempelvorsteher hat ihm Geron und mich mitgegeben. Und weil die jetzt auf einer geheimen Mission sind, sollte ich hier her nach Hochstieg und für ihn lernen, wer hier wer ist, damit er das dann weiß!“ Die Geschichte kam Traviahold so seltsam vor, dass er sie einfach glauben musste. Niemand, der plant zu lügen, würde sich soetwas ausdenken. „Nun, dann wird es sicher nicht schaden, wenn du mich zum Rat begleitest.“ „Wirklich?“ „Solange du versuchst dich dort an die Tugenden deines Herrn zu halten und schweigst, ist dies kein Problem. Folge mir.“ Damit stand er auf und verließ den Raum. Wenige Augenblicke später sprang Tsatan ihm hinterher.

Der von Darpatia einberufene Rat hatte sich in der großen Ratskammer der Burg versammelt. Außer ihr, Traviahold und Tsatan, waren noch Landkumturin Wulfgrid Thalia von Hardmund, Schutzritter Hagen Kohlhütten, Schutzritterin Dankhild Leuensîl von Hardmund sowie
Magister Geron von Varnyth anwesend. Traviahold hatte kurz Tsatan vorgestellt, der tatsächlich, wohl vor Ehrfurcht, still am Rand der Kammer saß und alles beobachtete. Darpatia ergriff das Wort. „Gut, dass ihr alle so schnell zusammengekommen seid. Ich habe einen Brief von seiner Exzellenz erhalten. Ersteinmal sei alle Sorge verstreut, es geht allen körperlich soweit gut. Allerdings haben wir von ihm einen Marschbefehl erhalten.“ „Du wirst nirgendwo hin marschieren!“, riefen Traviahold und Wulfgrid fast unisono, was ihnen einen bösen Blick von Darpatia einbrachte. „Ich bin die Ordensgroßmarschällin“, reagierte sie mit erhobener Stimme, „und auch, wenn ich unpässlich bin selbst den Befehlen meines Herrn nachzukommen, so obliegt es meiner Verantwortung, dass seinen Befehlen Genüge getan wird.“ „Wir sorgen uns doch nur um dich“, flüsterte Traviahold. „Wohin sollen wir marschieren Herrin? Und wie viele Männer und Frauen erwartet seine Exzellenz?“, lenkte Hagen geschickt das Thema wieder auf die wichtigen Dinge. „Wir sollen uns in Bohlenburg sammeln und auf weitere Befehle warten.“ Traviahold verschluckte sich an dem Wein und alle Blicke waren auf ihn gerichtet. „Vielleicht ist es an der Zeit uns mitzuteilen, was bisher nur ihr wusstet werter Herr Ordensprätor“, meinte Lady Wulfgrid bissig. Traviahold zögerte. „Es gibt Gerüchte, sehr konkrete Gerüchte, dass in nächster Zeit eine Invasion der Warunkei bevorsteht.“ „Ha, sehr gut!“, polterte Hagen. „Nein, ihr versteht mich falsch“, unterbrach Traviahold und erntete skeptische Blicke. „Die schwarzen Lande planen eine Invasion bei uns. Und Razzazor persönlich soll sie anführen.“ Eisige Stille breitete sich in der Kammer aus. „Das erklärt die Aufstockung der Mannen am Wachturm“, sprach Darpatia leise weiter. „Wie viele Mannen Marschällin?“, versuchte sich Hagen in Normalität. „Nun, also, unter diesen Umständen die Lanze Reiter, je ein Banner Bogenschützen und Schwere Infanterie sowie zwei Banner Leichte Infanterie. Dazu zwei Duzend Personen für den Tross. Abmarsch ist morgen, die Milizen stoßen wenn nötig unterwegs hinzu. Jeder weiß, was zu tun ist?“ Einstimmiges Nicken im weiten Rund. „Dann los!“

„Ritter Hagen!“ Traviahold holte keuchend den Schutzritter im Innenhof der Burg ein. „Ihr reitet schon heute Dankhild. Unterwegs informiert ihr die Milizen, dass sie sich bereit machen sollen. Ihr wartet dann in Hardfurten auf uns.“ „Jawohl Sir!“ Hagen drehte sich zu Traviahold um. „Was kann ich noch für euch tun, Ehrwürden?“ „Ich wollte nur fragen, an wen ihr gedacht habt bei den Bannerführern.“ „Weibel Jost wird die Bogenschützen führen, die Korporäle Vitus und Radulf je ein Banner Leichte und ich selbst den Banner Schwere Infanterie. Und Schutzritterin Dankhild führt die Lanze Reiterei an. Wieso?“ „Weil ich genau das befürchtet habe. Müsst ihr beide Ackerknechts in den Krieg schicken? Die Familie hatte es in letzter Zeit schwer genug, das wisst ihr. Warum nicht Frau von Schwertleie?“ „Weil ich sie noch nicht gut kenne und ihr nicht das nötige Vertrauen entgegenbringe. Und jetzt entschuldigt mich, ich werde nicht weiter meine Entscheidungen diskutieren, auch wenn ihr es seid.“ Damit wandte sich Hagen ab und ließ einen verdrießlich reinblickenden Traviahold zurück. Tsatan trat an ihn heran. „Euer Ehrwürden?“ „Ja?“ „Ich möchte mich dem Heer anschließen. Ich kann zwar nicht kämpfen, aber ich sollte an der Seite des Herrn Bothor sein.“ „Tu, wonach dir ist. Am besten gehst du zur Taverne, dort wird der Tross zusammengestellt werden. Am besten schließt du dich dem an. Ich muss jetzt weiter. Viel Glück.“ Mit diesem letzten Gruß verließ Traviahold die Burg.

Er lief durch Hochstieg, welches inzwischen regelrecht aufblühte. Die Menschen schienen sich mit der neuen Situation abgefunden zu haben und sich sogar wohl zu fühlen. Er hielt auf ein kleines Haus zu, das schonmal bessere Tage gesehen hatte. Doch seit die Hausfrau – für die meisten spurlos – mit einer der Töchter verschwunden ist, sind Haus und Garten verwahrlost. Traviahold musste schlucken, da er zu den wenigen Menschen gehörte, die die Wahrheit hinter der Tragödie der Familie Ackerknecht kannten, und trotzdem geschworen haben zu schweigen. Er öffnete das Gartentor, ging zur Tür und klopfte. Nur wenige Augenblicke später öffnete ein gestresst aussehender Vitus diese. „Oh, euer Ehrwürden, was verschafft uns die Ehre? Kommt doch herein.“ „Danke Vitus. Wie geht es euch?“ Traviahold betrat das Heim, bemerkte die fast traviaungefällige Unordnung und die beiden unmotiviert am Feuer spielenden Kinder. Vitus seufzte. „Wir verhungern nicht, das ist das wichtigste. Aber es ist alles so viel schwerer, seitdem… na ihr wisst schon.“ Vitus lässt sich schwerfällig auf einen der Stühle fallen. Ohne aufgefordert worden zu sein, nimmt sich auch Traviahold einen Stuhl und lässt sich nieder. „Ich habe wohl schlechte Nachrichten für euch Vitus.“ „Oh nein, was ist passiert?“ „Der Ordensgroßmeister hat einen Marschbefehl gegeben und ihr sollt morgen ein Banner der Leichten Infanterie ins Feld führen?“ „Ich?“, fragte Vitus entsetzt. „Aber was wird aus meinen Kindern?“ „Deshalb bin ich hier. Ich konnte leider Marschall Kohlhütten nicht umstimmen und auch euer Bruder muss morgen marschieren. Also wollte ich vorschlagen, die Kinder morgen mit in das Kloster zu nehmen und dort über sie zu wachen, für alle Zeit, die nötig sein wird, wenn du verstehst.“ Vitus bekam feuchte Augen. „Ihr seid so gütig. Aber morgen erst? Bitte!“ „Natürlich, wir werden morgen bis zum Kloster gemeinsam reiten.“ „Vielen Dank Traviahold!“ Vitus nahm den Geweihten in den Arm. „Ich danke euch“, wiederholte der Korporal und ging zu seinen beiden Kindern, während sich Traviahold aus dem Haus schlich.

Der Auszug des Heeres am nächsten Morgen aus Hochstieg war regelrecht pompös. Herzzerreißende Verabschiedungen, Fanfarenstöße, wehende Fahnen. Es war der erste große Heereszug des Ordens und Wulfgrid und Darpatia wussten um dessen Bedeutung. Und so scheuten sie keine Mühen für das Spektakel.

Der Zug kam nur langsam voran und schlug sein erstes Nachtlager vor den Mauern des Klosters auf. Am nächsten Morgen versammelte sich eine große Gruppe der Arbeiter am Lager, als sich Traviahold ein letztes Mal von allen verabschieden wollte. Angeführt wurde sie von Charon, dem Ältesten. „Ehrwürden, Marschall. Wir, die sich Warunkanier nennen, sind diesem Land, den Menschen und dem Orden auf ewig zu Dank verpflichtet. Aus diesem Grund wollen wir 50 unserer Leute euch mitgeben. Wenn dies Schwarze Lande werden, ist hier alles verloren und das wollen wir verhindern. Wir bitten euch nicht, wir setzen euch nur in Kenntnis.“ Hagen und Traviahold schweigen völlig verdutzt. Charon winkt eine Frau um die 30 zu sich. „Das ist Ilene, sie führt den Haufen an.“ „Marschall, es ist uns eine Ehre an eurer Seite kämpfen zu dürfen“, stellt sie mit fester Stimme fest. „Nun, dann ist das wohl so. Willkommen und einreihen“, reagiert Hagen noch deutlich verstört.

Und so zog ein nochmals vergrößertes Heer weiter gen Bohlenburg.

Reise nach Rommilys – Teil VI „Hardmund I“

„Und so kam es, dass der Beschluss gefasst wurde, diesen Orden zu gründen.“ „Wenn ich nicht wüsste, dass viele Kirchenoberhäupter eure Geschichte glauben, ich würde dich eigenhändig zu den Noioniten schicken.“ „Ich weiß Mutter. Ich habe alles mit eigenen Augen gesehen. Ich selber habe für die Götter Wunder vollbracht, die mir bisher nicht einmal Bishdariel zeigte. Deswegen ist und bleibt der Orden geheimnisumwittert. Ich mag garnicht zählen, wie viele Verbrechen und Vertragsbrüche ich damit begangen habe, dass ich dir alles erzählte. Du musst schweigen, auch und vor allem gegenüber Vater und Torion!“ „Keine Angst mein Sohn, wobei jeder in Ochsenwasser den Zug der Zwerge bemerkt hat. Die Geschichte von den Fischen und Echsen würde eh niemand glauben.“ Traviahold lacht. „Das ist tatsächlich der Vorteil dieser Geschichte. Man muss nicht lügen und trotzdem nimmt es kaum jemand ernst.“ Eine Zeit lang reiten sie schweigend Seit an Seit. „Was führt dich eigentlich nach Hardmund, Mutter?“ „Seit meine Schwester für euren Orden arbeitet, helfe ich Gorbrand bei der Verwaltung seiner Ländereien.“ „Ah“, Traviahold hält kurz inne und betrachtet die Silhouette von Hardmund in der Ferne. Er hüstelt kurz, Gwynna schaut ihn skeptisch an. „Da du mich darauf noch nicht angesprochen hast, gibt es wohl noch etwas, was ich dir erzählen muss.“ Beide haben inzwischen ihre Pferde angehalten und stehen eng nebeneinander. Gwynnas Blick ist äußerst eindringlich und lässt Traviahold mehrfach schlucken. Er erinnert sich an die zahlreichen Momente seiner Kindheit, in denen ihn dieser Blick dazu brachte ihr Geheimnisse zu verraten. „Du wirst wieder Großmutter.“ Gwynna bleibt kurz regungslos, dann beugt sie sich zu Traviahold hinüber und nimmt ihn in eine feste Umarmung. „Ich freu mich ja so für dich! Los komm, heute wird es ein Fest geben! Das müssen wir feiern!“ Und schon prescht sie vor, Traviahold muss sich beeilen ihr nach zu kommen.

 

Es dauert nicht lange und sie reiten durch das Tor des Anwesens derer zu Hardmund. In der Tür des Hauses steht schon Sir Gorbrand, die beiden erwartend. „Ah, liebe Schwägerin, wie ich sehe hast du gefunden, wonach du gesucht hast. Sei willkommen Schwiegersohn, lass dich doch umarmen.“ Traviahold und Gwynna steigen von ihren Pferden ab, geben die Zügel einem Knecht und begrüßen den beleibten Ritter. „Kommt doch hinein, das Mittagsmahl wird gleich serviert. Es gibt Reh! Wie vorzüglich!“, strahlt er über beide Pausbacken grinsend. Offensichtlich tut seinem Gemüt die Abwesenheit von Lady Wulfgrid äußerst gut. „Sehr gerne Gorbrand. Aber viel wichtiger ist, dass wir heute Abend ein Fest zu Ehren Traviaholds geben müssen“, mahnt Gwynna eindringlich beim Betreten des Hausen. „Hohoho, also ich mag dich sehr Traviahold, aber ein Fest?“, kichert der Ritter. „Nun, Schwiegervater, ich weiß nicht, ob Lady Wulfgrid es dir noch nicht gesagt hat, aber deine Tochter hat den Segen der gütigen Mutter empfangen“, erklärt Traviahold. „Welche?“, fragt Gorbrand völlig verwirrt. „Natürlich Darpatia!“, erwidert Gwynna schockiert. „Oh, was? Natürlich! Glückwunsch mein Junge. Dann werde ich ja Großvater. Ich werde Großvater! Ludwig!“, der Hauskämmerer erscheint hinter einer Ecke. „Ja mein Herr?“ „Bereitet ein Fest für heute Abend vor. Zügig! Ich werde Großvater!“ „Sehr wohl mein Herr. Und Glückwunsch mein Herr.“ Gorbrand winkt nur ab und läuft dann beschwingt und grinsend in Richtung des Essenssaals, Gwynna und Traviahold folgen ihm belustigt. „Mensch, Mensch, Mensch mein Junge. Als ich dich die ersten Male sah, hätte ich nicht gedacht, dass du das kannst.“ Traviaholds Augen werden skeptisch größer, als Gorbrand so am Essenstisch spricht. „Aber ich wette, Darpatia lässt dich immernoch nur unten liegen. Ganz ihre Mutter!“, lacht der Ritter schallend. Während Gwynna die Augen verdreht, wird Traviahold knallrot, weiß nicht, wo er hinblicken soll und verschluckt sich leicht, so dass er husten muss. „Hab dich nicht so, dafür muss man sich als Mann nicht schämen, sieh mich an, ich kenn das nur zu gut. Hehehe!“ „Ich glaube das reicht Gorbrand“, geht Gwynna scharf dazwischen.  „Ist ja gut, ist ja gut. Ich freu mich doch nur so sehr!“ Sie genießen das Mittagsmahl, danach stürzt sich Gorbrand in die Vorbereitungen für das Fest, während Traviahold mit seiner Mutter die Entspannung am herrschaftlichen Gartenteich genießt.

Reise nach Rommilys – Teil V „Dettenhofen“

Am nächsten Morgen wurde Traviahold bei den ersten Praiosstrahlen durch eine Magd geweckt. Er gönnte sich eine ausgiebige Waschung und setzte sich danach mit gepackten Sachen in den Schankraum, um ein kräftigendes Morgenmahl zu sich zu nehmen. Als der Wirt einen zweiten Krug frischer Milch brachte, sprach Traviahold ihn an: „Werter Herr Ochsenstolz, was darf ich euch für die äußerst traviagefällige Rast und Verpflegung geben?“ Der Wirt des Gasthauses „Zum stolzen Ochsen“ grinste schief: „Euer wohlgeboren Ehrwürden, im Namen der gütigen Herrin Travia, eure Anwesenheit ist mir Lohn genug für die Bewirtung.“ „Nein, nein, nein, ich bestehe darauf euch zu bezahlen!“, erwiderte Traviahold harsch. „Wenn der Baron davon erfährt…“ „…wird er lernen, dass nicht alle seine Söhne sind wie er!“, wurde Traviahold nun ungehalten. „Tut mir leid, ich werde euch keinen Preis nennen“, meinte der Wirt abschließend, bevor er Traviahold zurück ließ. Dieser ließ sich seufzend gegen die Wand zurückfallen. Es war nicht zu glauben! Nur seines Blutes wegen hat er es soviel einfacher im Leben. Mit jedem Atemzug empfand er es als noch unfairer. Er würde sich dafür einsetzen, dass diese Regeln in seinem Kloster und im Orden nicht gelten würden!

Als er fertig gegessen hatte, nahm er seine Sachen in der Hand und verließ mit einem „Möge Travia euch behüten!“ das Gasthaus. Die Magd, die seinen Tisch abräumte, fand dort fünf Silber liegen… Die Tür fiel gerade hinter ihm zu, als er fast mit einer Gestalt zusammenstieß. „Entschuldigt, ich war nicht aufmerksam“, sprach der die, von der Gestalt her, Frau an, ohne ihr Gesicht sehen zu können, welches von der tief gezogenen Kapuze verdeckt wurde. „Ihr müsst euch nicht entschuldigen Junge, ich habe genau euch treffen wollen“, erwiderte die Frau. Traviahold kam die Stimme merkwürdig bekannt vor. „Wie komme ich zu dieser Ehre?“ „Ich hörte, du wärst in der Stadt und wollte dich nach so langer Zeit wiedersehen mein Junge.“ Traviahold war überrascht ob des Tonfalls, doch als die Frau leicht den Kopf hob und er endlich ihr Gesicht sehen konnte, schlich sich ein überraschtes aber freudiges Lächeln auf seine Lippen. Er schaute sich vorsichtig um, und als er sich sicher war, dass niemand ihnen Achtung schenkte, nahm er die Frau in eine herzliche Umarmung. „Mutter! Bei Travia! Aber warum läufst du so verhüllt herum?“, stieß er deutlich flüsternder hervor, als es ihm lieb war. „Ich wollte die Garde nicht aufscheuchen und dachte mir, dass dir das vielleicht auch ganz lieb ist. Dein Vater ist nicht sehr gut auf dich zu sprechen dieser Tage.“ „Das dachte ich mir schon, deswegen wollte ich auch alsbald wieder fort aus Dettenhofen.“ „Wo willst du denn hin? Ich erhielt nur Nachricht, dass du hier eingetroffen wärst.“ „Ich muss nach Rommilys, in einer dringlichen Angelegenheit des Ordens.“ „Dieser Orden. Er hat Zwist in unsere Familie gebracht. Ich habe dich und Siggi immer sehr geliebt, aber ich verstehe nicht, wie es dazu kommen konnte. Auch meine Schwester wollte mir nichts erzählen. Apropos…“, ein kurzes Zucken ihrer rechten Hand, ein Klatschen in Traviaholds Gesicht, ein überrascht entsetzter Ausdruck in den Augen, „…wie konntest du es wagen ohne meine Einwilligung und ohne mein Beisein den Traviabund einzugehen! Wie konntest du das deiner armen Mutter antun!?“ „Mutter! Nicht so laut! Ich möchte dir so gerne alles erklären! Aber dafür ist jetzt keine Zeit!“ „Oh doch! Für seine Mutter hat man immer Zeit! Auch als Ehemann, Ordensprior oder Klosterabt! Aber die Götter sind dir hold. Ich muss eh nach Hardmund, wir können gemeinsam reiten und du wirst Hardmund nicht verlassen, bis ich mich ausreichend informiert fühle! Und jetzt los, hol dein Pferd, wir sollten los, bevor mich doch noch jemand erkennt!“ „Jawohl Mutter!“

Und so ritten in gemütlichen Tempo beide aus Dettenhofen fort, in Richtung Praios, nach Hardmund. Auf dem Weg entlang des Ufers des Ochsenwassers erzählte Traviahold die Geschichte von Anfang an, unterbrochen nur von wenigen verwunderten Nachfragen seiner Mutter.

Reise nach Rommilys – Teil IV „Die Hard“

Die Nacht in Hardfurten verlief ruhig, Traviahold ist dort immerhin ein bekanntes Gesicht, aber nicht von der Bedeutung wie in Kohlhütten oder Hochstieg. Am nächsten Morgen reiste er in großer Aufregung ab. Seit seiner Reise zu den Sennen der Rondrakirche war dies das erste Mal, dass er die Komturei Hochstieg verließ und sich in die unsicheren Gefilde der Baronie Dettenhofen begab. Einerseits konnte er sich beim Namenlosen nicht vorstellen, dass sein Vater oder sein ältester Bruder etwas gegen ihn unternehmen würden, er war immerhin ein inzwischen hochangesehendes Mitglied der örtlichen Traviakirche, nichtsdestotrotz wollte er die Baronie schnellstmöglich durchqueren, da ihm nicht nach einer Begegnung mit Vater und Bruder zu Mute war. Und doch legte sich ein Schmerz um sein Herz, da es ihm danach verlangte, seine geliebte Mutter Gwynna wiederzusehen. Die intriganten Erzählungen von seiner Schwiegermutter Lady Wulfgrid, der Schwester seiner Mutter – also seiner Tante, ließen nichts Gutes bezüglich des Gemütsbefindens seiner Mutter erahnen. Aber Lady Wulfgrid konnte seinen Vater noch nie leiden, wie ihm seine Erinnerung meinen ließ.

Den Vormittag folgte Traviahold der Hard flussabwärts bis nach Hardfelden, einem kleinen Dorfe, in dem sich die Wege aus Hochstieg und dem Wolfskopfkloster vereinen. Er saß gemütlich an einem Tisch vor der kleinen Taverne und genoss die Sonne, als ein „Traviahold?“ ihn aus seinen Gedanken riss. Er öffnete die Augen und schaute sich um. Lange musste er nicht suchen, denn eine Geweihte der Herrin Travia kam mit großen Augen und Schritten auf ihn zu. Traviahold musste kurz überlegen, bis er seine Gegenüber erkannte. „Sieglinde!“, rief er aus, „Wie schön dich wiederzusehen!“ Er stand auf und beide Geweihte umarmten sich, bevor sie sich wieder setzten. „Was machst du denn hier? Man hört ja so allerlei Gerüchte über dich in der Mark!“ Die Überraschung stand Traviahold ins Gesicht geschrieben. „Gerüchte? Über mich? Was denn für Gerüchte?“ „Vermutlich stimmen die meisten wie üblich nicht, aber es heißt, du hättest einen Dämon erschlagen, bist in den Traviabund eingetreten, hast einen außerkirchlichen Orden gegründet und stehst einem Tempel vor.“ „Kloster.“ „Wiebitte?“ „Ich bin Prior eines Klosters“, lacht Traviahold. „Und es ist erschreckend, dass die Gerüchte allesamt wahr sind, also zumindest war ich bei all dem dabei.“ Sieglinde schaut ihn mit aufgerissenen Augen und offenem Mund an. „Jetzt schau nicht so, ich selber liege so manche Nacht wach und warte darauf, dass ich aus dem Traum erwache und wieder als einfacher Geweihter in unserer Klosterkammer erwache. Aber bisher geht dieser Traum Tag für Tag weiter.“ „Dann hast du die Gnade der zweiten Weihe erfahren?“ „An dem Tag meines Traviabundes vom Praetoren-Paar Trondbald und Helfwiege.“ „Ich kenne die beiden, habe sie aber seit einiger Zeit nicht mehr in Rommilys gesehen.“ „Nun, wenn du sie wiedersehen willst, musst du in mein Kloster bei Hochstieg kommen, sie sind ihm beigetreten.“ „Bei den Göttern! Du musst sie ja mächtig beeindruckt haben!“ „Ich weiß ehrlich nicht, ob wirklich ich der Grund war. Ach, es war eine ereignisreiche Zeit, es fällt schwer, das alles zu erklären. Aber ich bin glücklich derzeit.“ „Bei der großen Mutter, dass ist doch das wichtigste! Aber schade, dass du plötzlich schon im Traviabund stehst“, meint Sieglinde mit leicht verzerrtem Grinsen. Traviahold schaut skeptisch. „Darpatia, meine Frau, ist eine gute Frau. Mir persönlich etwas zu sehr Rondra zugeneigt, aber was soll ich von einer Feuerlilie erwarten!? Allerdings steckt hinter dem Bund auch sehr viel Politik, so ehrlich kann ich sein. Aber sie schenkt mir bald ein Kind, wie viel besser kann die Große Mutter zeigen, dass sie einverstanden ist?“ „Du wirst Vater? Glückwunsch! Aber dann wird es wohl endgültig nichts mit uns als Hohes Ehepaar?“ Traviahold lacht laut auf, doch bricht er plötzlich ab. „Du meinst das ernst?“ Sieglinde zuckt mit den Schultern. „Es gab da mal eine junge Novizin, die in stillen Momenten über eine solche Zukunft sinnierte, statt ihren Studien nachzugehen“, antwortet Sieglinde leise mit sich rötenden Wangen. „Ich ahnte ja nichts! Warum… Also, du hättest doch mal was sagen können!“ „Haha! Ich? Was mehr, als Freundschaft, konnte ich, die kleine Sieglinde aus Fischerdorf, erwarten mit Traviahold, dem Sohn des Barons von Dettenhofen, dem designierten Klostervorsteher, dem der nie dem Abort säubern musste!?“ „Was? War das wirklich so? Ich habe das nie so wahrgenommen!“ „Hast du dich nie gefragt, warum du immer als erster für die wichtigen und spannenden Aufgaben ausgewählt wurdest?“ „Nein, muss ich zugeben. Ich dachte, ich dachte, die Geweihten sehen in mit ein Potential, dass sie bei euch, warum auch immer, nicht gesehen haben.“ „Tut mir leid Herr Prior, ich wollte euch nicht verärgern. Wenn ihr mich entschuldigt, ich muss weiter, will ich heute noch das Kloster erreichen. Es war nett euch mal wieder gesehen zu haben“, sprach Sieglinde und stand auf. „Was? Wie? Warte doch!“ Doch Sieglinde war raschen Schrittes bei ihrem Pferd und ritt, ohne sich ein letztes Mal umzusehen, von dannen. Traviahold schaute ihr bestürzt hinterher. Nach einigen Momenten riss er sich aus der Starre, packe seine zwölf Sachen zusammen und machte sich ebenfalls wieder auf den Weg, jedoch in die andere Richtung.

Es war schon kurz von Torschließung, als er nach Stunden des nachdenklichen Ritts in Dettenhofen ankam. Ursprünglich wollte er noch weiter nach Hardmund, doch hatte ihn das mittägliche Gespräch zu sehr aus dem Konzept gebracht. Er kehrte in einem kleinen Gasthof Nahe des Praiostores ein, in der Hoffnung möglichst nicht erkannt zu werden. So nahm er sein Abendmahl auch nicht im Gastraum ein, sondern ließ es sich auf sein Zimmer bringen. Er schlief diese Nacht sehr schlecht, er hinterfragte seine gesamte Ausbildung und schämte sich dafür, wegen seiner Herkunft bevorzugt geworden zu sein, denn je mehr er nachdachte, desto mehr wurde ihm klar, dass Sieglinde mit allem Recht gehabt hat.

Reise nach Rommilys – Teil III „Roter Riese“

Am nächsten Morgen brach Traviahold sogleich nach der Morgenandacht auf. Einst hat es zwei mögliche Wege gegeben, um gen Hardfurten zu reisen, doch der Firunspass war nicht mehr bereisbar, da die alte Hängebrücke abgerissen wurde und die neue steinernde Rondriansbrücke sich noch lange in Bau befand. Und so blieb nur der Rote Pass, der jedoch in diesen Tagen gut gepflegt wurde. Traviahold begleitete einen Tross Fuhrwagen, die jedoch nur einen Teil des Passes befahren wollten – bis zur Zwergensiedlung. Seit dem Rahja des letzten Götterlaufes räumen die Zwerge nun schon den Weg in die Zwergenfeste Martoschzrom frei und legen die überfluteten Bereiche trocken. Dank des ehemaligen Haushofmeisters Gandax konnte ein Abkommen geschlossen werde, wonach Hochstieg die Zwerge mit Nahrung und allem weiteren Wichtigen versorgt und dafür das Kloster den Bruchstein für seine Erbauung bekommt. War das Verhältnis am Anfang von gegenseitigem Misstrauen geprägt, so ist es inzwischen vielleicht nicht freundschaftlich, aber wohlwollend konstruktiv. So haben ein paar der Zwerge bei einem ihrer seltenen Besuche dem Braumeister Ulfred bei der Gestaltung des „Roten Pilger“ unterstützt und war der gelieferte Bruchstein am Anfang nur schwer zu verwenden, so ist er inzwischen sauber herausgeschlagen und perfekt verarbeitet.

Es dauerte fast zwei Stunden, bis der Tross in Martoschzrom ankam. Ihre Ankunft wurde wie üblich mit grummeliger Freundlichkeit zur Kenntnis genommen. Während einige Arbeiter vom Kloster zusammen mit Zwergen begannen die Wagen ab- und aufzuladen, suchte Travihold den Diplomaten des Ordens bei den Zwergen auf. „Meister Gandax! Schön euch wiederzusehen“, rief er ihn beim Zugehen an. „Hrm! Gr’schm! ‚lls gt?“ Kam nur zurück. „Nun, Darpatia grummelt schon fast wie ein Zwerg, aber ansonsten geht es uns gut. Ich soll euch freundlich von Sieghelm grüßen.“ „Hchhch, ‚r Fr‘ sch n’tt! Grscht hn ‚ch!“ „Das dachte ich mir, dass das euch gefällt. Das werde ich machen. Gibt es Probleme hier, oder läuft alles wie glänzende Steine?“ „‚lls gt!“ „Sehr schön, dann werde ich auch gleich weiter, dann schaff ich es noch bis Hardfurten. Nun dann, Angrosch zum Gruße!“ „Gr’schm, nd gtn R’tt!“ Sogleich schwingt sich Traviahold wieder aufs Pferd und reitet zügiger davon.

Ohne die Fuhrwagen kommt er deutlich zügiger voran und so ist er nach weiteren zwei Stunden schon auf den Brücken nach Kohlhütten. Es herrscht wieder etwas Leben in der einstigen Ruine. Das Haus, das einst der Prophet Nehazet mittels seiner Magie wohnbar gemacht hat, ist nun eine traviagefällige Pilgertaverne, die versorgt wird von drei Familien, die sich wieder nach Kohlhütten getraut haben. Davon kamen zwei aus Hardfurten und eine aus Hochstieg, das von Traviahold getraute Paar Dankhild Kohlhütten und Thorn Prutz. Die Taverne selber wird von niemand geringerem geleitet als Travhild Brauer, der einst so garnicht traviagefälligen Tochter der Wirtin Jadwina. Jedoch schmerzte sie der Travibund von Traviahold und die täglichen Begegnungen mit Darpatia so sehr, dass sie die Chance Hochstieg zu verlassen sofort ergriff. Traviahold wurde von allen, auch Travhild, herzlich gegrüßt, schlug jedoch das Angebot, hier etwas zu verweilen, aus, da er es sonst nicht sicher bis zum Abend nach Hardfurten geschafft hätte. Und so konnte er in etwas gemütlichererem Tempo den Ifirnssteig und dessen Panoramaausblick genießen, bis er am Abend in Hardfurten ankam, dem Ort, an dem der Pfad des Schicksals seinen Anfang nahm…

Reise nach Rommilys – Teil II „Im Kloster“

Den Galopp hielt Traviahold nur solange bei, bis er an einer Weide ankam, von der er wusste, dass er ab hier nicht mehr von der Stadt aus zu sehen war. Er würde natürlich heute im Kloster übernachten, aber je später er dort ankam, desto weniger Anliegen werden an ihn herangetragen. Er musste den Kopf schütteln, als er daran dachte, wer er von einem Götterlauf war – der drittgeborene Sohn eines Barons, der typischer Weise in ein Kloster abgeschoben wurde und sich nun darauf freute seine älteren Bruder wiederzusehen. Noch immer fiel es ihm schwer, Menschen von der Erlebnissen, die darauf folgten, zu erzählen. Wer konnte schon nachvollziehen, wie es ist an einem Tag in einer verlassenen Zwergenstadt gegen Dämonen zu kämpfen und am nächsten Tag Fischmenschen, untoten Echsen und „Schlinger“ zu begegnen. Manchmal fühlte er sich dadurch sehr einsam. Nicht einmal Darpatia kannte alle Geschichten, in der Zwischenzeit hat sich auch aufgehört danach zu fragen.

Die späte Nachmittagssonne ließ den Roten Riesen leuchten wie einen Karfunkel, als Traviahold unweit des Klosters auf einem Hügel das Pferd anhielt und das sich ihm bietende Bild betrachtete. Vor ihm ragte das dreigeschossige Hauptgebäude des Klosters auf, umgeben von Baustelle und noch mehr Baustelle. Er meinte den beißenden Geruch frisch aufgesetzter Maische wahrzunehmen, ausgeströmt von der Brauerei, dem einzigen weiteren fertiggestellten Gebäude. Derzeit wurde, ausgehend vom großen Wachturm, die Umfassungsmauer gebaut, die zukünftigen Ausmaße des Klosters ließen sich jetzt schon an der Zeltstadt erahnen, in der die zahlreichen Arbeiter lebten. Als er vor einigen Tagen das letzte Mal hier war, hatte er veranlasst, dass unter Anleitung von Swelinja Prutz damit begonnen wird, die Felder zu bestellen. Entsprechend herrschte nicht nur auf der Baustelle reges Treiben, sondern auch auf den Flächen drum herum.

Während er gemächlichen Schrittes weiter ritt, musste er an die zahlreichen Hände denken, die dieses Kloster bauen. Der größte Teil der Arbeiter sind die ehemaligen „Sklaven“, die aus den Fängen der Dämonen befreit wurden. Dadurch wurde Hochstieg entlastet und die meisten sind froh, etwas tun zu können, dabei aber gut versorgt und verpflegt zu werden. Viele hegen noch immer den Wunsch in ihre Heimat, zu ihren Familien, zurückzukehren. Wer wäre Traviahold, wenn er diesen Wunsch nicht unterstützen würde, doch war allen Seiten klar, dass es gelinde gesagt schwer ist, in die Warunkei zu gelangen. Und das Wissen, das er seit heute hatte, machte dies nicht leichter. Sollte er mit Charon darüber sprechen oder nicht? Eigentlich sind die Informationen höchst geheim, aber sollten sie nicht wissen, dass ihrer alten und ihrer neuen Heimat Krieg bevorsteht und sie noch für lange Zeit nicht zu ihren Familien kommen werden? Sieghelm würde ihm sicherlich den Kopf dafür abreißen. Charon, er musste kichern. Er ist der Erste des Ältestenrates der Warunkanier, wie die Gruppieren sich selbst nennt und inzwischen auch von allen genannt wird. Damit ist er in allen Angelegenheiten der erste Ansprechpartner und die wichtigste Vermittlungsperson – jedoch heißt er eigentlich Charyptoron. Es wurde aber die allgemeine Vereinbarung getroffen, dass sie alle nur noch eine verkürzte Form ihres Namens tragen. Sie haben verstanden, dass niemand der Zwölfgöttergläubigen in und um Hochstieg die junge Razzazora bei ihrem Namen rufen kann. Traviahold fragt sich immer wieder, was es eigentlich für das Kloster heißt, dass es größtenteils von Personen erbaut wurde, die oft die Namen von Dämonen und dämonischem Gezücht tragen. Wird es Fluch oder Segen sein? Zumindest nehmen immer alle geschlossen an den Messen teil. Vielleicht ist es der erste Schritt zur Missionierung der Warunkei. Obwohl abzuwarten bleibt, ob es bald noch was zu missionieren gibt, oder ob es sie selber überhaupt noch gibt – so ein Knochendrache ist halt unberechenbar.

Als er am Kloster ankommt wird ihm von allen Seiten zugewunken und er grüßt alle zurück, als er zum Tempel reitet. Dort wird er auch sogleich von Helfwiege empfangen: „Euer Hochwürden! Was verschafft uns die Ehre eurer Anwesenheit?“ „Mutter Helfwiege. Ich bin nur auf der Durchreise. Ich muss in einer dringenden Ordensangelegenheit nach Rommilys. Aber macht euch keine Sorgen, es ist nichts schlimmes geschehen, im Gegenteil, mein Bruder wird demnächst zum Reichsritter geschlagen!“ „Ach wie schön für ihn“, antwortet Helfwiege mit einem Blick, der zeigt, dass sie sehrwohl seine Lüge erkannt hat, aber die Großzügigkeit besitzt, darüber hinweg zu sehen. „Aber kommt doch ersteinmal hinein, das Essen für die Speisung ist bald fertig.“ „Vielen Dank, aber ich wollte vorher noch Charon aufsuchen. Ich werde an der Speisung aber natürlich teilnehmen.“ Damit verabschiedet er sich wieder von der Erzpriesterin und macht sich auf den Weg durch die Zelte. Er kommt wie erwartet nur langsam voran, da er an gefühlt jedem zweiten Zelt stehenbeiben muss, um sich kurz zu unterhalten. Er hat in den letzten Monden mit Zufriedenheit wahrgenommen, dass das Verhältnis zwischen den Einheimischen und den Warunkaniern offener und besser geworden ist. Er wäre sogar nicht verwundert, wenn er bald einen ersten Traviasegen sprechen müsste. Nach einiger Zeit kam er am Zelt von Charon an und betrat es. Im Inneren fand er wie erwartet den älteren Herrn an einem kleinen Feuer vor. Er fragt sich manchmal, wie er die Qualen unter dem Berg überstehen konnte. „Euer Hochwürden Traviahold, euer Besuch kommt überrraschend“, wird Trahiahold begrüßt. „Ältester Charon, ich werde nur über Nacht bleiben und dann weiter reiten. Trotzdem wollte ich mit euch reden.“ „Nun, dann setzt euch.“ „Danke. Nun, wie soll ich anfangen? Ich suche, wie ihr wisst, nach Möglichkeiten, wie ihr in eure Heimat zurückkehren könnt.“ „Und dafür sind wir euch sehr dankbar.“ Traviahold nickt. „Doch ich fürchte, keine allzu guten Nachrichten zu haben.“ „Das stand zu befürchten.“ „Es gibt…Gerüchte…über…außergewöhnliche…Aktivitäten in eurer Heimat.“ Traviahold spricht sehr leise, langsam und lässt sich viel Zeit bei der Wahl seiner Worte. „Im Reich, also dem Mittelreich, herrscht daher eine gewisse Unsicherheit, Sorge, ja fast Angst.“ Nun nickt Charon verständnisvoll: „Daher ist niemand derzeit bereit eine Gruppe Menschen dorthin zu führen. Das verstehe ich. Ich werde dieses Wissen erst ein mal für mich behalten. Im Großen und Ganzen haben sich alle mit dem derzeitigen Zustand arrangiert. Solange die Versorgungslage nicht schlechter wird, und jeder etwas zu tun hat, wird es keine Unruhe geben. Und ich bin mir sicher, dass wir gemeinsam eine gute Lösung finden werden, wenn es nötig wird.“ Traviahold wollte gerade zu einer Antwort ansetzen, als das Schlagen eines Holzlöffels auf einen Suppentopf laut durch das Lager schallte. „Die Speisung beginnt“, meint er stattdessen, „wollen wir gemeinsam gehen?“ „Das wäre mir eine Freude Hochwürden.“

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