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Monatsarchive: September 2019

Gassi in Wehrheim – Teil II

Sieghelm Gilborn
von Spichbrecher
Ordensgroßmeister

Sie kamen an einer Kreuzung an, ihnen entgegen rumpelte schweres Gerät. Drei große Rotzen wurden mit Hilfe von Bullen über die breite Reichsstraße gezogen, während die Wehrheimer Bürger souverän auswichen. Hinter den Rotzen folgten zwei Banner Lanzerinnen, welche Sieghelm sofort erkannte. Es waren die Farben der Ferdoker Garde, angeführt von der Marschallin Angunde von Falkenhag. Die Koscherin war bekannt dafür hauptsächlich Frauen in ihrer Garde aufzunehmen. Sie war eine rondrianische Kriegerin durch und durch. Auch wenn Sieghelm ihr nie persönlich begegnet war, so hatte er schon viel über ihr Kampfgeschick gehört. Während Sieghelm wie ein Schaulustiger den heranrumpelden Rotzen und den Lanzerinnen zusah sah, schlüpfte Pagol in eine Seitengasse, er wollte wohl nicht unter die Stiefel – oder die Räder kommen. Als er Laut gab und wartend zu Sieghelm blickte, folgte dieser überrascht dem Leutnant. „Hast du gesehen Pagol, das war Angunde von Falkenhag, sie …“ begann er euphorisch zu beschreiben, doch als er den missbilligenden Blick seines Hundes sah, unterbrach er sich. Sie waren in eine schmalere und nicht ganz so stark belebte Straße eingebogen. Ein rascher Blick offenbarte, dass sie wohl hinter die Brauerei geraten waren, tiefe und breite Häuserbögen zogen sich hier längst entlang. Der Brauerei verkaufte hier direkt aus dem Haus ihr gutes Helles, doch in den Morgenstunden war hier kaum etwas los.

„Lass mich doch einfach glücklich sein.“ schoss es aus Sieghelm heraus, der endlich Ansprach worauf Pagol schon seit der Garnison hinauswollte. „Alle sagen immer ich sei so angespannt und wirke unglücklich und missmutig … ja ich kriege das Geflüster durchaus mit.“ schickte er noch schnell hinterher. „Da werd ich doch wohl auch Mal … glücklich sein dürfen.“ verteidigte er sich erneut, von Pagol kam kein Widerspruch. Etwas widerwillig stieß Sieghelm einen Kiesel auf dem Pflaster mit seinem Stiefel an. „Es …“ seine Stimme wurde leiser und tragender. “ … ist gestern etwas eingetreten, worauf ich seit über zehn Götterläufen schmerzlich warten musste.“ Das erste Mal sah Pagol seinen Herrn fragend an, kurz nachdem er an einem leeren Bierfass geschnüffelt hatte. „Ich werde dafür wohl etwas ausholen müssen.“ Erneut zog er tief Luft durch seine Nüstern. Sein Blick ging gen Himmel, wo die weißen Wolken den blauen Himmel verdeckten. „Es war ebenfalls an einem frischen Peraine-Tag, ich sollte zum Schildknappen meines Ritters ernannt werden. Anlässlich dieser Feier war Trautmann nach Dettenhofen zu unserem Stammsitz zurückgekehrt um den Tag mit meiner Familie zu feiern. Alle waren da – zumindest kam es mir damals so vor. Meine Eltern, Mutter Gwynna und Vater Parzalon, Bruder Traviahold, Bruder Torald, Tante Sieglinde mit ihrem Mann Baltram, Oheim Melcher – ja sogar Tante Leonore war extra aus Rommilys angereist und hatte sich von den Mephaliten für eine paar Tage frei genommen. Ach … und … ja, Großvater Torion der Gütige. Wir alle wussten noch nicht, dass Boron ihn bald zu sich holen würde.“ Sieghelm schluckte kurz und wurde wehmütig als er seinen Großvater erwähnte. Erneut stieß er den Kiesel mit der Spitze seines Stiefels über die Pflastersteine. „Sie waren alle da, es sollte eine schöne Feier werden. Trautmann hatte sie alle kommen lassen und kümmerte sich ohne mein Wissen um die Feierlichkeiten. Wir waren in unserem Anwesen in Dettenhofen, alles war geschmückt mit Frühlingsblüten, Tante Sieglinde hatte extra mehrere Rondrawimpel gestickt und aufhängen lassen. Sie hatte meinen Namen eingestickt. Ich kann mich noch genau daran erinnern.“ Sieghelm spurte mit den Händen dem Schriftzug nach. „Sieghelm der Schildknappe“ – das lustige war, sie stickte anstatt des ‚d‘ in Schildknappe ein ‚t‘ – und das gleich sechs Mal.“ Sieghelm musste kurz lachen „Sie hatte schon immer Schwierigkeiten beim schreiben, wohl auch der Grund warum sie mir immer Bilder schickte anstatt Briefe zu schreiben.“ Pagol gab laut, als er hinter ein paar abgestellten Fässern mit frischen Pfeilen hervorkam weil er dort eine Maus gesehen hatte. Erneut zog Sieghelm laut Luft ein und setzte dann seine Erzählung fort: „Es hätte ein perfekter Tag werden können. Doch Torion, mein älterer Bruder, hatte an dem Tag keine Lust daran teilzunehmen. Er hatte irgendeinen ‚wichtigen‘ und ‚unaufschiebbaren‘ Termin im Magistrat, es ging wohl um irgendeine Prüfung. Ich hörte wie Vater und Mutter miteinander diskutierten. Mutter bezog meinen Standpunkt, dass dies doch mein Tag sei und dass sich mein Bruder auch mal unterordnen könne. Doch mein Vater ergriff für meinen Bruder Partei. Er sagte so etwas wie ‚er solle wie ein Erstgeborener erzogen werden‘ und ‚das er sich seinem kleinen Bruder nicht unterzuordnen habe‘. Es sei ‚Praios Wille‘. Kurzum … mein Vater war zusammen mit Torion nicht bei der Feierlichkeit dabei. Die Stimmung war wegen ihrer Abwesenheit nicht so gut. Keiner Sprach darüber, dass mein eigener Vater bei meiner wichtigen Ernennung zum Schildknappen nicht dabei war und es lieber vorzog seinem Erstgeborenen zu Unterstützen. Der einzige der sich traute etwas zu sagen war Großvater. Ich kann mich noch daran erinnern, dass er es als ‚beschämend für die ganze Familie‘ bezeichnete. Des Anstands wegen stimmte ihm jedoch niemand zu – nicht einmal Mutter.“ Beim dritten Tritt gegen den Kiesel klonkte lautstark er gegen eine Häuserwand und verschwand dann in einem Abflusskanal. Pagol wetzte in dem Versuch ihn zu retten hinterher, doch er war nicht schnell genug. Traurig blickt er zu seinem Herrchen

„An dem Tag, diesem für mich so wichtigen Tag … war ich anfangs so stolz auf mich, dass Trautmann mich zum Schildknappen nahm. Doch Vater ruinierte ihn mir, indem er mir zeigte, dass er nicht stolz auf mich war. Sein Erstgeborener war ihm wichtiger. Da wurde mir klar, dass die Knappschaft nur eine Geste war um mich abzuschieben, er wollte mich fort haben, weg von seinem perfekten Erstgeborenen. Ich war wütend, mitten in der ‚Feier‘ die eh keine war, warf ich eine Schüssel mit Suppe wütend auf den Boden, so stark, dass selbst Jahre später die Spritzer davon im zweiten Stock an den Wänden zu sehen waren.“ Sieghelm schloss zu Pagol auf, erneut kamen sie an eine Kreuzung. Vor ihnen marschierten gerade wieder einige Banner durch die Stadt in Richtung Rahja. Vor ihnen klapperten im zackig militärischen Schritt schwer gerüstete Infanteristen über die Straße. Es waren Rondrageweihte und Laienbrüder, angeführt von Rondriana Siebenstreich, der Meisterin des Bundes der Senne der Mittellande. Pagol setzte sich und machte instinktiv ‚Männchen‘. Ein paar Momente beobachteten die beiden stumm wie die Rondrakieger mit ihren Rondrakämmen an ihnen vorbeizogen. Auch Sieghelm nahm Haltung an, bis zu dem Moment an dem sie sie passiert hatten. Dann setzte er mit hängenden Schultern fort: „An dem Abend hatte ich mich etwas geschworen, wie mir nun bewusst geworden ist, ich habe mir geschworen an mir zu arbeiten und zwar härter als zuvor und noch härter als mein Bruder. Ich wollte meinen Vater einen Grund geben stolz auf mich zu sein, mit etwas, dass ich mit meiner eigenen Arbeit geleistet hatte, und nicht, was mir in die Wiege gelegt wurde. Das muss wohl auch der Grund sein, warum ich später die Versuche meines Vaters mich in den Gänseritter-Orden zu geben ablehnte. Es wäre wieder etwas gewesen, was nicht ich selbst vollbracht hätte. Versteht du mich?“ Schloss Sieghelm seine Erzählung mit einer überraschenden Frage. Der Leutnand blieb adhoc stehen, fast wäre er über seine kurzen Beine gestolpert. Er blickte hin- und her, so als würde er grübeln. Dann gab er zustimmend laut. „Ja du hast recht, ich bin diesem Versprechen was ich mir unbewusst gegeben hatte, mein ganzes Leben hinterher gerannt. Und dieser Druck … dieser …“ Sieghelm formte mit einer Hand eine Klaue und legte sie sich symbolisch um den Hals. “ … enorme Druck schnürte mich ein und nahm mir die Luft. Ich musste immer besser sein, immer noch etwas mehr erreichen. Für … ja ihn … für meinen Vater. Damit er endlich stolz auf mich sein kann.“ Mit Druck prustete der Ordensgroßmeister all seine Luft aus. Sofort entspannten sich seine Muskeln und sein Rücken wurde gerader.„Gestern im Heerlagerzelt unter dem Banner Dettenhofens und meiner Familie, wurde ich noch einmal in meine Kindheit versetzt. Ich kam mir so winzig vor … da … passierte das Unerwartete.“ Sieghelm hielt an, ein frischer Peraine-Wind erfasste ihn und Pagol und pfiff durch die Straße. Sieghelm sah Pagol mit feuchten an und sagte: „Vater sagte, er sei stolz auf mich.“

Gassi in Wehrheim – Teil I

Sieghelm Gilborn
von Spichbrecher
Ordensgroßmeister

Es war der frühe Morgen des 13. Peraine 1027 nach Bosparans Fall, als Sieghelm zusammen mit seinem Leutnant seine Stube auf Burg Karmaleth verließ. Es wehte ein seicht frischer Wind durch die Gassen der Stadt. Es war einer dieser Peraine-Tage, die eine Aussicht darauf gaben, dass der Frühling angekommen war und es bald wärmer werden würde. Sieghelm, dem die morgendliche frische nicht ausmachte, ja die er sogar begrüßte, war nur in seiner schwarzen gefütterten Unterkleidung für die Tür gegangen, welche er stets unter seiner Rüstung trug. Zahllose an seiner Unterkleidung befestigte Nestelbänder flatterten im morgendlichen Wind, sobald er durch eine Wehe schritt. Er hatte Burg Karmaleth verlassen und war in die Straßen Wehrheims gegangen um der Stadt dabei zuzusehen wie sie erwachte. Auch wenn eine große Armee aus dem Dämonenkaiserreich Transylien vor der Tür stand, so gingen die Wehrheimer darpatisch stoisch ihrem täglichen Geschäft nach.

Sieghelm musste kurz anhalten als er und Leutnant Pagol an einem Zuckerbäcker vorbeikamen, der dabei war seine tägliche Auslage vorzubereiten. Warme und knackfrische Zimtschnecken, Zuckerkränze und Wehrheimer Batzen verbreiteten einen angenehm süßen Duft in der schmalen Gasse. Pagol war hellauf begeistert und bekam mit dem Kommentar ‚Ach der ist aber niedlich‘ vom Zuckerbäcker ein kleines Stück von einem dieser köstlichen Wehrheimer Batzen, was Sieghelm gar nicht gefiel. Aber Pagol hatte auch all seine ihm gegebenen Fähigkeiten ausgeschöpft als er quiekend jämmerlich jaulte als hätte er seit Monden nichts mehr richtiges zu Essen bekommen, nur um sich direkt danach wie eine Rommilyser Landjägerwurst im Staub hin- und her zu wälzen und sich vom Zuckerbäcker am Wamst kraulen zu lassen. „Einen prächtigen Morgen, edler Herr!“ wünschte ihm der Bäcker fröhlich mit seinem mehligen Händen und seinen deutlich von der eigenen Auslage rund gewordenen Bauch, als er den Leutnant fütterte. „Auch dir einen guten Morgen, Bäcker.“ entgegnete Sieghelm nur und schnalzte dann mit der Zunge, was das Zeichen für Pagol war wieder bei Fuß zu kommen.

Als Pagol wieder zu Sieghelm aufgeschlossen hatte, fragte er: „Sieh dir nur diese Straßenzüge an, Pagol – sind sie nicht prächtig?“ Die beiden liefen aus einer Seitengasse auf eine der rechtwinklig angeordneten großen Hauptstraßen zu. Große, teils drei oder vierstöckige Prachtbauten drängten sich dicht an dich aneinander. Kaufmannshäuser, Läden, Handwerker und wehrhafte Kasernen gingen ohne Platz zu verschwenden ineinander über. Hier kreuzten sich die Reichsstraßen 1 und 2, die am meisten genutzten und am besten ausgebautesten Straßen des gesamten bekannten Reichs. Wehrheim war, neben Gareth, der Nabel der Welt – zumindest aus Sicht eines jeden Wehrheimer Bürgers. Pagol reckte sein Köpfchen nach oben und betrachtete wohlwollend die bunt bemalten Gebäudefassaden. Auch wenn es noch sehr früh war, so waren die beiden Reichsstraßen immer belebt. Handwerker, Kaufmänner und Bürger liefen zielstrebig hin- und her. Einige Fuhrwerke standen am Rande der Straßen und kräftige Männer und Frauen hieften Säcke, Fässer und Kisten entweder herauf – oder herunter. Sieghelm und Pagol kamen an einer Gruppe Kaufmännern vorbei, die aufgeregt miteinander diskutierten. Einer von Ihnen hielt eine feine silberne Reisewaage und balancierte darauf etwas. „Drei Silber je Unze, und keinen Deut mehr!“ rief er. „Das ist nicht annehmbar. Bei den Oberburgheimers bekomme ich vier Silber, ihr wollt mich übervorteilen!“ Doch Sieghelm interessierte sich nicht dafür. Freute sich jedoch, wie selbstverständlich die Wehrheimer weiter ihren Geschäften nachgingen. Für einen Wehrheimer Bürger zählte es zur Normalität, dass Heere und Dämonen vor der Tür standen. Man saß soetwas einfach aus – und warum sollte man sich die Zeit die man saß nicht mit etwas Sinn stiftenden verbringen?

Pagol sah Sieghelm forschend an, so hatte er seinen Herrn noch nie gesehen. Er schritt leichtfüßig über die Pflaster der Reichsstraße. Blickte hie- und dort nach links und rechts, schmunzelte ab und an und – wenn man ganz genau hinhörte (und das konnte Pagol nunmal besser als alle anderen) – konnte man sogar ein melodisches Summen vernehmen. Pagol gab besorgt laut und sofort sah Sieghelm ihn an. „Was denn? Ist es nicht ein schöner morgen, Pagol?“ Sieghelm eher rhetorisch gemeinte Frage, ließ Pagol kalt. Er fixierte ihn mit einem durchdringend fragenden Blick. „Ich werde doch auch mal glücklich sein dürfen.“ argumentierte er aus der defensive heraus, doch Pagol ließ nicht locker. Sie umrundeten ein Fuhrwerk. dass mit großen ovalen Fässern, die leer aus dem großen Gasthaus ‚Bei Mutter Travine‘ gerollt werden, beladen wird. Sieghelm holte tief Luft, ein Zeichen dafür, dass er wohl zu einer längeren Erklärung ansetzte. „Wir stehen kurz vor einer bedeutenden und großen Schlacht. Nicht so groß wie die vor fünf Götterläufen, aber trotzdem, groß. Fast fünftausend Söhne und Töchter Darpatiens lagern auf dem Mythraelsfeld vor den Toren der Stadt und fast genauso viele Heerschaaren des Dämonenkaiserreichs laufen rastlos auf uns zu. Sie werden wohl in kürze den Dergel überqueren und in bälde kommt es zur Schlacht. Wir werden einen nicht unerheblichen Anteil daran haben. Ich werde unser Halbregiment – unser eigenes – ins Feld führen und bis ins Zentrum des gegnerischen Heerwurms vorstoßen lassen um ein Ei … kein normales Ei … dorthin zu bringen um eine Art Entzauberung stattfinden zu lassen. Die letzten beiden Jahre waren … sehr ereignisreich und hätte man mir dies vor zwei Götterläufen gesagt, hätte ich gelacht.“ Inzwischen standen sie vor einer der Stadtkasernen, zwei müde Nachtwachen kurz vor Wachwechsel hingen dort vor dem Kasernentor. Da sie den Ordensgroßmeister nicht erkannten, machten sie auch keinerlei Anstalten Haltung anzunehmen. Vom Innern des Kasernenhofs her schallten gebrüllte Kommandos auf die Reichsstraße. Pagol, der den längeren Monolog seines Herrchens nutzte um sich an der steinernen Kasernenmauer zu erleichtern, schüttelte seine kurzen Beine und starrte Sieghelm dann wieder an. Einer der Wachen, erwachte aus seiner lethargischen Haltung als er mitbekam, dass sich der Dachshund an der Kasernenmauer erleichterte. Sofort versetzte er sich selbst in eine belehrendere Haltung und stiefelte wie ein Lehrer der seine Schüler beim Spicken erwischt hatte zu Sieghelm und Pagol herüber. Er musterte Sieghelm kurz von unten nach oben, doch außer einen großen kräftigen Mann in schwarzer Unterkleidung mit lächerlich vielen Nästelbändern konnte er nicht erblicken. „Entschuldigen Sie, ist das ihr Dachshund?“ frug der Gardist mit anklagender Stimme. Sieghelm blinzelte als er in seinem Gedanken unterbrochen wurde und sah zu dem Gardisten mit den dicken Tränensäcken. „Ja, gibt es ein Problem?“ Sieghelm stemmte die Fäuste in die Hüfte und reckte seine Brust. Er war etwas größer und viel kräftiger als die Torwache. Als der andere Gardist bemerkte, dass sein Wachkamerad entgegen jeglicher Vernunft kurz vor Wachwechsel plötzlich einen Anfall von praiotischem Ordnungswahn zu entwickeln schien, erschrak er und war für den nächsten Moment in seinem inneren moralischen Kampf gefangen der da hieß: Wachstube und Auffälligkeitsbericht schreiben oder … Bett. „Ja, denn ihr Hund hat gegen die Kasernenmauer gepisst – und streng genommen ist das …“ begann die Torwache anklagend. „Streng genommen hast du auch nicht nur den Hauch einer Ahnung mit wem du es hier zutun hast, Torwache.“ Das letzte Wort dehnte Sieghelm so in die länge dass es schmerzte, zudem klang es so, als würde er es ausspucken wollen. Während der eine Gardist noch immer in seinem inneren moralischen Konflikt gefangen war, und der andere gerade die höchst selbstzerstörerische ‚Wer seid ihr denn?‘-Frage stellen wollte, holte Sieghelm erneut tief Luft um der der Torwache vorweg zu kommen. „Ich bin Sieghelm Gilborn von Spichbrecher, Ordensgroß …“ den Rest kennt Ihr bereits und ich erspare ihn Euch. Springen wir zum letzten Teil: “ … und das ist Leutnant Pagol, und selbst dieser Dachshund steht im Rang über dir, wenn der Leutnant also gegen eure Kasernenmauer zu … urinieren … gedenkt, dann tut er dies nicht in der Absicht sie herabzuwürdigen, sondern um sie zu veredeln.“ Die andere Torwache hatte sich inzwischen für das ‚Bett‘ entschieden und war wie von Sumus Leib verschluckt. Das einzige was man noch hören konnte war das laute Schlucken des Gardisten. Mit fiepsend dünner Stimme brachte er dann abbrechend hervor: „Einen angenehmen Tag noch, euer edler Herr Reichsritter.“ „Euch auch, Torwache.“ entgegnete Sieghelm mit überspitzt freundlichem Ton, drehte sich um, schnalzte mit der Zunge und ging.

„Also Pagol, wo waren wir?“ Die beiden gingen weiter auf der belebten Reichsstraße und wurden von einer frischen Windböe erfasst. Pagol tapste neben seinem Herrn und blickte ihn wieder durchdringend an, denn noch immer war Sieghelm ihm eine Erklärung schuldig geblieben.

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